Sonnensystem

Größter Trojaner der Erde entdeckt

Gut einen Kilometer großer Asteroid begleitet die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne

TRojaner
Astronomen haben einen zweiten Trojaner der Erde entdeckt – er ist der größte seiner Art. © NOIRLab/NSF, AURA /J. da Silva, Spaceengine

Kosmischer Begleiter: Astronomen haben den zweiten Trojaner der Erde entdeckt – einen großen Asteroiden, der unseren Planeten auf seiner Bahn begleitet. Neue Beobachtungen bestätigen, dass der Asteroid 2020 XL5 mehr als einen Kilometer Durchmesser hat und damit dreimal größer ist als der einzige zuvor bekannte Erdtrojaner. Er kreist um den Lagrangepunkt 4, einen der Erde vorauseilenden Punkt auf der Erdbahn. Er wird allerdings nur noch rund 4.000 Jahre dort bleiben, wie Simulationen nahelegen.

Die Erde kreist nicht allein auf ihrer Bahn um die Sonne: Neben dem Mond hat sie auch einige kleinere Begleiter. Darunter sind vorübergehend von der Erdschwerkraft eingefangene Minimonde, aber auch Asteroiden, die hufeisenförmig um unseren Planeten pendeln. Von anderen Planeten des Sonnensystems sind zudem Trojaner bekannt – Asteroiden, die sie an den 60 Grad vor oder hinter dem Planeten liegenden Lagrangepunkten 4 und 5 begleiten. Der Gasriese Jupiter besitzt tausende solcher Trojaner.

Lagrangepunkte
Die beiden bisher bekannten Erdtrojaner kreisen um den Lagrangepunkt 4 (rot). © NOIRLab/NSF, AURA/J. da Silva

Fahndung nach Erdtrojanern

Anders bei der Erde: Weil die Lagrangepunkte 4 und 5 nur in der Dämmerung ins Blickfeld der erdbasierten Teleskope kommen und nicht sehr hoch über den Horizont aufsteigen, ist ihre Beobachtung schwierig. Deshalb entdeckten Astronomen erst 2011 mit 2010 TK7 auch bei unserem Planeten den ersten Trojaner. Dieser rund 300 Meter große Asteroid begleitet uns am Lagrangepunkt 4 – einem Punkt auf der Erdbahn, der rund 60 Grad vor unserem Planeten liegt.

Doch im Dezember 2020 spürte das PanSTARRS-Teleskop einen weiteren verdächtigen Lichtpunkt am Lagrangepunkt 4 auf. „Das orbitale Verhalten von Asteroid 2020 XL5 deutete darauf hin, dass es sich um einen weiteren Kandidaten für einen Trojaner handeln könnte“, erklären Toni Santana-Ros von der Universität Barcelona und seine Kollegen. Es gelang jedoch nicht, die Bahn dieses Brockens präzise genug zu bestimmen, um dies zu bestätigen.

Der größte seiner Art

Deshalb haben die Astronomen den „verdächtigen“ Asteroiden mit dem SOAR-Teleskop auf dem Cerro Pachon in Chile ins Visier genommen. „Das war ziemlich schwierig, weil das Objekt in der Morgendämmerung sehr tief am westlichen Horizont stand“, berichtet Koautor Caesar Briceño vom NOIRLab in Chile. Doch es gelang, die Flugbahn des Asteroiden so weit einzugrenzen, dass sie ihn auch in Archivaufnahmen des Dark Energy Survey (DAS) aus den Jahren 2012 bis 2019 aufspüren konnten.

Die Aufnahmen enthüllten: 2020 XL5 ist tatsächlich ein Trojaner der Erde – und damit erst der zweite bekannte Begleiter dieser Art. „Die Daten von SOAR ermöglichten es uns zudem, eine erste photometrische Analyse des Objekts durchzuführen“, berichtet Briceño. Demnach könnte dieser Asteroid einen Durchmesser von 1,2 Kilometer haben und damit rund dreimal größer sein als 2010 TK7. Der neuentdeckte Trojaner wäre damit auch der größte bekannte Trojaner der Erde.

Woher kommt 2020 XL5?

Ähnlich wie sein Vorgänger ist jedoch auch der Trojaner 2020 XL54 kein dauerhafter Begleiter unseres Planeten. Ergänzende Modellsimulationen legen nahe, dass er schon in rund 4.000 Jahren seinen Orbit um den Lagrangepunkt 4 verlassen wird. Schon jetzt ist die Bahn des Asteroiden stark geneigt und exzentrisch, was die Astronomen darauf zurückführen, dass er dort noch nicht lange kreist. Der Brocken wurde möglicherweise erst vor rund 500 Jahren von der Schwerkraftsenke am Lagrangepunkt eingefangen.

Woher der Trojaner ursprünglich kam, ist noch unklar. Erste photometrische Analysen seiner Zusammensetzung legen aber nahe, dass es sich um einen Asteroiden des C-Typs handelt. Diese häufigen, kohlenstoffreichen Asteroiden haben ihren Ursprung im äußeren Teil des Asteroidengürtels zwischen Mars und Jupiter. „Eine mögliche Erklärung seiner Flugbahn könnte daher sein, dass er durch eine Bahnresonanz mit dem Jupiter aus dem Hauptgürtel geschleudert und dann vom Lagrangepunkt eingefangen wurde“, erklären die Forschenden.

Der neue Erdtrojaner und seine Entdeckung.© NOIRLabAstro

Dort draußen sind noch mehr…

Nach Ansicht der Astronomen sind die beiden Trojaner 2010 TK7 und 2020 XL5 nicht die einzigen ihrer Art. Stattdessen könnten an den Lagrangepunkten unseres Planeten noch zahlreiche weitere Asteroiden auf ihre Entdeckung warten. „Künftige Suchen der Regionen um L4 und L5 könnten es uns erlauben, die Population der Erdtrojaner weiter einzugrenzen und vielleicht auch noch urtümlichere Vertreter zu finden“, schreiben Santana-Ros und seine Kollegen.

Ein weiterer Aspekt: Die Lagrangepunkte sind für irdische Sonden mit einem relativ geringen Energieaufwand zu erreichen. Das könnte Erkundungsmission zu solche Objekten erleichtern und vielleicht sogar den Asterodienbergbau begünstigen. „Wenn wir mehr Erdtrojaner entdecken, wären sie billiger zu erreichen als der Mond“, sagt Briceño. „Sie könnten daher ideale Base für die weitere Erkundung des Sonnensystems bilden oder sogar eine Quelle von Rohstoffen.“ (Nature Communications, 2022; doi: 10.1038/s41467-022-27988-4)

Quelle: NOIRLab

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Armageddon - Der Einschlag von Nadja Podbregar, Ralf Blasius, Harald Frater und Stefan Schneider

Der Komet im Cocktailglas - Wie Astronomie unseren Alltag bestimmt Von Florian Freistetter

Top-Clicks der Woche