Gute Ausbeute: Trotz seiner kurzen Aktivitätszeit auf dem Kometen hat der ESA-Lander Philae einzigartige Daten gesammelt. Schon jetzt lassen sich aus ihnen erste Rückschlüsse über die Beschaffenheit von Churyumov-Gerasimenko ziehen, wie Forscher des Lander-Teams berichten. Demnach scheint die Oberfläche von Kometen ganz anders zu sein als bisher gedacht.
Lander Philae hat einiges geleistet, bevor er aus Strommangel in den Ruhezustand ging: Das Mini-Labor mit seinen zehn Instrumenten hat geschnüffelt, gebohrt, gehämmert und den Kometen durchleuchtet. Die dabei gesammelten Daten schickte die kleine Sonde zurück zur Erde, bevor sie „einschlief“. Noch hat die aufwendige Datenauswertung gerade erst begonnen, doch einige Erkenntnisse haben die Forscher der Mission bereits gewonnen.
Eisige Härte statt fluffiger Schneeball
Fest wie Eis ist Churyumov-Gerasimenko, schätzt das Team der Thermalsonde MUPUS (Multi-Purpose Sensors for Surface and Sub-Surface Science), deren Sonde sich in den Kometen hämmern sollte: „Obwohl die Leistung des Hammers stufenweise erhöht wurde, konnten wir sie nicht tief in den Boden fahren“, erläutert Tilman Spohn vom DLR-Institut für Planetenforschung, der das Forscherteam der Thermalsonde leitet.
Kurz nach der dreifachen Landung konnten die Wissenschaftler nur hoffen, dass Lander Philae in einer Position aufsetzen würde, die das Hämmern erlauben würde. Zum ersten Mal konnte mit MUPUS jedoch direkt auf einer Kometenoberfläche deren Festigkeit untersucht werden – und Churyumov-Gerasimenko erwies sich überraschenderweise als harter „Gegner“. „Wir haben reiche Ernte eingefahren und müssen diese Daten jetzt noch alle analysieren“, betont Kometenforscher Spohn. Lediglich die Thermalsensoren und Beschleunigungsmesser in den Ankern kamen nicht zum Einsatz, da diese bei der Landung nicht ausgelöst wurden, um Philae auf der Kometenoberfläche zu fixieren.
Horchen am Kometen
Auch das Team des SESAME-Experiments (Surface Electrical, Seismic and Acoustic Monitoring Experiments) kann bereits jetzt bestätigen, dass Churyumov-Gerasimenko bei weitem nicht so weich und fluffig ist, wie man es angenommen hatte. „Die Festigkeit der Eisschicht unter einer Staubschicht am ersten Landeplatz ist überraschend hoch“, sagt Klaus Seidensticker vom DLR-Institut für Planetenforschung.
Das Instrument CASSE, das in den Füßen des Landers sitzt, wurde bereits beim ersten Abstieg eingeschaltet und registrierte deutlich die Landung beim ersten Kontakt mit dem Kometen. Aus den weiteren Daten sollen die mechanischen Eigenschaften von Churyumov-Gerasimenko abgeleitet werden. Zwei weitere Instrumente von SESAME lassen auf eine derzeit noch geringe Aktivität des Kometen an dieser Landestelle sowie auf eine größere Menge Wassereis unter dem Lander schließen.
Schnüffeln nach organischen Molekülen
Als letzte der zehn Instrumente an Bord von Lander Philae wurden der Bohrer SD2 aktiviert, der Bodenproben für die Instrumente COSAC und PTOLEMY zur Verfügung stellen sollte. Sicher ist, dass der Bohrer ausgefahren wurde und alle Arbeitsschritte abarbeitete, um eine Probe in den dafür vorgesehenen Ofen zu transportieren. Auch COSAC funktionierte wie geplant. Nun müssen die Wissenschaftler die gewonnen Daten analysieren, um herauszufinden, ob eine Bodenprobe tatsächlich in ihrem Gas-Chromatographen untersucht wurde.
Geschehen soll dies in Zusammenarbeit mit mehreren Instrument-Teams: Hat CASSE das Bohren gehört? Auf welche Bodenfestigkeit ist MUPUS beim Hämmern gestoßen? Mit welcher Kraft kam Bohrer SD2 zum Einsatz? „Wir haben zurzeit noch keine Informationen über Menge und Gewicht der Bodenprobe“, sagt Fred Goesmann vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung. Allerdings konnte COSAC bereits nach der Landung die Atmosphäre „erschnüffeln“ und die ersten organischen Moleküle aufspüren. Die Analyse der Spektren und die Identifikation der Moleküle laufen zurzeit.
Erfolgreich durchleuchtet
Einer der großen „Gewinner“ der Philae-Landung ist Stefano Mottoloa der für die Kamera ROLIS verantwortlich ist. Das Instrument an der Unterseite der Kamera nahm bereits während des ersten Abstiegs Fotos auf, die den geplanten Landeplatz Agilkia zeigen. Aber auch nach der dritten Landung konnte ROLIS erneut aktiviert werden und Aufnahmen der Kometenoberfläche aus nächster Nähe anfertigen. Somit liegen dem Team nun Daten für gleich zwei verschiedene Standorte auf dem Kometen vor.
Auch für das Instrument CONSERT konnten reichlich Daten gewonnen werden: Dabei befanden sich Lander und Orbiter auf unterschiedlichen Seiten des Kometen und durchleuchteten gemeinsam den Kometenkern, um ein dreidimensionales Profil des Kerns zu erstellen. Mit CONSERT-Messungen verabschiedete sich Philae auch in den Winterschlaf, nachdem die Energie seiner Primärbatterie wie berechnet erschöpft war. Diese Batterie war bereits in aufgeladenem Zustand mit durchs All geflogen, um die erste wissenschaftliche Arbeitsphase sicherzustellen.
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Nachricht von Philae im Frühjahr 2015 erwartet
„Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass Philae wieder Kontakt mit uns aufnimmt und wir erneut die Instrumente betreiben können“, sagt Lander-Projektleiter Stephan Ulamec vom DLR. Hat sich die wiederaufladbare Sekundärbatterie des Landers durch die Sonneneinstrahlung wieder aufgewärmt, meldet sich Philae selbstständig und das Team des Lander-Kontrollzentrums am DLR nimmt seine Arbeit an den Steuerkonsolen erneut auf.
„Auf dem ersten Landeplatz hätten wir dazu natürlich bessere Beleuchtungsbedingungen vorgefunden“, sagt Ulamec. „Jetzt stehen wir etwas schattiger und werden für das Aufladen länger benötigen.“ Ein Vorteil des schattigeren Landeplatzes an einem Kraterrand: Lander Philae wird bei der Annäherung an die Sonne nicht so schnell überhitzen, sondern von der stärkeren Sonneneinstrahlung profitieren.
Wahrscheinlich im Frühjahr 2015, so schätzt Ulamec, kann das Lander-Kontrollzentrum des DLR wieder mit Philae kommunizieren und eine kurze Rückmeldung erhalten, wie es dem Lander auf Churyumov-Gerasimenko geht. Im Sommer 2015 könnten dann auf dem Kometen Temperaturen herrschen, die es Philae erlauben, seine Batterie aufzuladen. „Der Orbiter wird bei seinen Überflügen auf Empfang sein und hören, sobald Philae wieder aus dem Winterschlaf aufwacht.“
(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 18.11.2014 – NPO)