Die Erde ist vielleicht doch nicht der einzige Planet mit einer kontinentalen Kruste. Denn nun hat der NASA-Rover Curiosity auch auf dem Mars Gesteinsbrocken mit unerwartet hohen Siliziumgehalten entdeckt. Sie ähneln dem irdischen Quarzgesteinen und könnten darauf hindeuten, dass auch der Mars zumindest unter dem südlichen Hochland einst eine typisch kontinentale Kruste besaß, wie Forscher im Fachmagazin „Nature Geoscience“ berichten.
Die Erde galt bisher als Sonderling unter den Planeten des Sonnensystems, denn sie besitzt als einzige zwei verschiedene Sorten von Kruste – dachte man zumindest. Zum einen ist dies die dünne, aber dichte ozeanische Erdkruste, die vorwiegend aus basaltähnlichem Gabbro besteht und entlang der mittelozeanischen Rücken gebildet wird. Gesteinskrusten ähnlicher Zusammensetzung hat man auch auf anderen Planeten gefunden, die Marsoberfläche besteht ebenfalls vorwiegend aus solchen basaltischen Gesteinen.
Auffallend helle Brocken
Die kontinentale Kruste jedoch wurde bisher nur auf der Erde nachgewiesen. Sie bildet den Sockel der Landmassen und entstand durch komplexe Umwandungsprozesse in der Frühzeit des Planeten. Sie ist dicker, weniger dicht und enthält mehr Silizium als ihr ozeanischer Gegenpart. Doch wie sich jetzt zeigt, könnte auch unser kalter Nachbar Mars zumindest stellenweise eine solche Kontinentkruste besitzen.
Violaine Sautter vom Muséum d’Histoire Naturelle in Paris und ihre Kollegen haben für ihre Studie Daten des NASA-Marsrovers Curiosity ausgewertet. Bei seiner Fahrt durch den Gale Krater hat er mit Hilfe seines Laser-Spektrometers unter anderem 22 auffallend helle Gesteinsbrocken analysiert. Diese Steine wurden wahrscheinlich in der Frühzeit des Mars in den Krater gespült. „Ihr Ursprungsort ist eine mehrere Kilometer dicke Schicht unter der heutigen Marsoberfläche, die im nördlichen Kraterrand zutage tritt“, erklären die Forscher.
Siliziumreicher als gedacht
Die Analysen ergaben, dass diese Gesteinsbrocken unterschiedlichen geochemischen Typen angehören, die beide mehr als 60 Prozent Siliziumdioxid enthalten, aber unterschiedlich alkalisch sind. „Unser spannendster Fund sind die quarzähnlichen Brocken der Gruppe 1“, berichten Sautter und ihre Kollegen. Dieser eher grobkörnigen Proben ähneln in ihrer Zusammensetzung dem kontinentalen Krustengestein der Erde.
Theoretisch könnten diese Gesteine eine lokale Besonderheit darstellen, die beispielsweise entstanden sind, als dort schmelzflüssiges Gestein aus tieferen Schichten an die Oberfläche stieg. „Solches Quarz-Feldspat-ähnliches Material wurde aber von Orbitern auch schon in anderen Regionen des Mars entdeckt“, so die Forscher. Unter anderem an Kraterbergen im Norden der Region Syrtis Major und am Rand des Antoniadi-Kraters.
Hochland als kontinentaler Krustenrest?
„Diese geografisch weit verteilten Nachweise könnten daher Aufschlüsse von weit verbreiteten siliziumreichen Gesteinen sein“, mutmaßen die Forscher. Ihrer Ansicht nach ist es durchaus wahrscheinlich, dass es sich bei diesen Einzelfunden um Reste einer alten kontinentalen Kruste des Mars handelt. Sie könnte vor allem unter dem marsianischen Hochland des Südens noch häufig vorkommen.
Auch die Ergebnisse von Schwerefeldmessungen sprechen möglicherweise für diese Hypothese. Denn sie deuten darauf hin, dass die Kruste des marsianischen Hochlands weniger dicht sein könnte als in anderen Gebieten – und auch weniger dicht als es Analysen von Marsmeteoriten bisher nahelegten. „Dieses Paradox könnte durch eine ‚begrabene‘ leichtere Komponente auf der Südhalbkugel erklärt werden“, so Sautter und ihre Kollegen.
Noch reichen die Daten nicht aus, um diese Hypothese zu belegen. Aber sollte sich dies bestätigten, dann wäre die Erde nicht länger der einzige Planet im Sonnensystem mit einer kontinentalen Kruste. Mars und Erde wären sich dann auch im Hinblick auf ihre frühe geologische Geschichte sehr viel ähnlicher als bisher angenommen, wie die Forscher betonen. (Nature Geoscience, 2015; doi: 10.1038/ngeo2474)
(Nature, 14.07.2015 – NPO)