Sonnensystem

Venus: Neue Indizien für aktive Vulkane

Vermeintlich Millionen Jahre alte Lavaströme könnten nur wenige Monate bis Jahre alt sein

Idunn Mons
Wärmebild des Vulkans Idunn Mons auf der Venus – unser Nachbarplanet könnte noch immer vulkanisch aktiv sein. © NASA

Der Verdacht erhärtet sich: Die Venus könnte noch heute aktive Vulkane besitzen – als einziger Sonnensystem-Planet neben der Erde. Denn viele Lavaströme auf der Venus erschienen bisher aufgrund beschleunigter Oberflächenverwitterung älter als sie wirklich sind, wie Forscher im Fachmagazin „Science Advances“ berichten. Demnach ist die Venus-Lava vielerorts statt Millionen Jahren erst wenige Monate oder Jahre alt.

Auf unserem Nachbarplaneten Venus herrschen heute höllische Bedingungen: Die Oberfläche ist mehr als 460 Grad heiß und auf ihr lastet der enorme Druck von 92 bar – dem 92-Fachen der Erdatmosphäre. Die enorme Hitze gekoppelt mit Magmavorkommen dicht unter der Kruste erzeugen sogar eine Art Tektonik mit aktiver Subduktion auf der Venus.

Rätsel um Lavaströme auf der Venus

Doch wenn es Magma und Subduktion gibt – hat die Venus dann auch aktive Vulkane? Vielversprechende Hinweise darauf liefern unter anderem Daten der ESA-Sonde Venus Express. Sie beobachtete bei Infrarotmessungen immer wieder auffallende Hotspots auf der Venusoberfläche. Einige davon schienen zudem innerhalb von Tagen ihre Temperatur zu ändern.

Wegen der dichten Venusatmosphäre ist es für Orbitersonden aber schwer, die chemische Zusammensetzung der Oberfläche zu bestimmen. Nur für kleine Teile des Nahinfrarots und für Radar sind die Venuswolken durchlässig. Immerhin liefern Nahinfrarotspektren erste Hinweise auf den Grad der chemischen Verwitterung der Olivin-haltigen Lava und damit auf ihr mögliches Alter. Demnach könnten viele Lavaströme auf der Venus jünger als 250.000 Jahre sein.

Wie schnell verwittert die Venus-Lava?

Das Problem jedoch: Für eine genauere Altersbestimmung muss man wissen, wie schnell Olivin unter Venusbedingungen oxidiert. „Aber die Oxidationsraten auf der Venus und wie diese Verwitterung die Nahinfrarot-Spektren beeinflusst, sind bislang kaum verstanden“, erklären Justin Filiberto vom Lunar and Planetary Institute in Houston und seine Kollegen. Deshalb haben sie diesen Prozess nun im Labor nachvollzogen.

Für ihr Experiment setzten die Forscher Olivinbrocken für unterschiedlich lange Zeit venusähnlichen Temperaturen von 600 oder 900 Grad aus. Dann untersuchten sie, wie stark und schnell sich die Oberfläche der Brocken durch Oxidation verändert hatte – und wie dies die vom Material reflektierten Nahinfrarot-Spektren beeinflusste.

Olivin-Verwitterung
Oxidation von Olivin unter venusähnlichen Bedingungen. © Filiberto et al./ Science Advances, CC-by-nc 4.0

Oxidation innerhalb von Tagen

Das Ergebnis: Schon nach wenigen Tagen bildete sich auf den grünlichen Olivinbrocken ein Überzug aus den eisenhaltigen Oxidationsprodukten Hämatit und Magnetit. Diese rötlich-dunkle Verwitterungsschicht bedeckte nach einem Monat bei 600 Grad einen Großteil der Oberfläche, bei 900 Grad war das Olivin vollständig durch Hämatit bedeckt. „Obwohl diese Brocken innen noch immer aus Olivin bestanden, zeigten die Nahinfrarot-Spektren keine typische Olivin-Signaturen mehr“, berichten Filiberto und sein Team.

Das aber bedeutet, dass die oberflächliche Verwitterung der Lava auf der Venus viel schneller voranschreitet als bislang angenommen – und dass bisherige Nahinfrarotspektren dadurch verfälscht wurden. Denn die schnelle Oxidation des Olivins an der Lavaoberfläche ließ diese älter scheinen als sie in Wirklichkeit ist, wie die Wissenschaftler erklären. „Die wahre Emissivitäts-Signatur des Olivins wird schon nach wenigen Monaten bis Jahren durch die Oxidschichten verhüllt.“

Venus-Vulkane noch heute aktiv

Nach Ansicht der Forscher spricht dies dafür, dass die Lavaströme auf der Venus bedeutend jünger sein müssen als bislang vermutet. „Unseren Ergebnissen zufolge sind diese Lavaströme nicht tausende oder gar Millionen Jahre alt, sondern sind erst wenige Jahre vor ihrer Entdeckung ausgetreten“, so Filiberto und seine Kollegen. „Bestätigt sich dies, ist die Venus bis heute vulkanisch aktiv.“

Damit haben die Wissenschaftler nun ein weiteres Puzzleteil im Rätsel um den Venusvulkanismus aufgedeckt. Zusammen mit den von den Orbitersonden registrierten Infrarot-Hotspots und den manchmal auftretenden Schwefelschüben in der Venus-Atmosphäre machen die neuen Ergebnisse es immer wahrscheinlicher, dass die Erde nicht der einzige vulkanische aktive Planet im Sonnensystem ist. Ihr „heißer Zwilling“ Venus scheint ebenso aktiv zu sein. (Science Advances, 2019; doi: 10.1126/sciadv.aax7445)

Quelle: Universities Space Research Association (USRA)

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