Schwarzes Loch mit Wiederkehr? Nach Ansicht des Physikers Stephen Hawking kann Information aus einem Schwarzen Loch doch wieder zurückkommen – weil sie gar nicht vollständig in dessen Innerem verschwindet. Stattdessen bleibt am Ereignishorizont eine Art zweidimensionales Hologramm zurück, so die neue Theorie des Physikers. Mit der Hawking-Strahlung gelangt die Information dann wieder ins All – wenn auch in unleserlicher Form.
Schwarze Löcher galten bisher als Ort ohne Wiederkehr: Haben Licht, Materie oder Information einmal den Ereignishorizont passiert, sind sie unwiderbringlich verloren. Diese gängige Annahme der klassischen Physik widerspricht jedoch der Quantenmechanik, nach der Information nie gänzlich verloren gehen kann. Wie sich beides vereinbaren lässt, darüber diskutieren Physiker daher schon seit Jahrzehnten.
Erst im letzten Jahr stellte der britische Kosmologe und Physiker Stephen Hawking dazu eine provozierende These auf. Nach dieser besitzen Schwarze Löcher vielleicht gar keinen klar abgegrenzten Ereignishorizont. Stattdessen halten scheinbare Horizonte Materie und Information nur zeitweilig fest. Und Spuren dieser Information sollen mit der Hawking-Strahlung wieder ins All hinaus gelangen können.
Hologramm auf dem Ereignishorizont
Jetzt hat Hawking eine neue Theorie zur Lösung des Informations-Paradoxes vorgestellt – und eine ziemlich überraschende noch dazu. Denn wie er bei einem Vortrag in Stockholm erklärte, kommt die Information gar nicht erst ins Schwarze Loch hinein. „Die Information ist nicht im Schwarzen Loch gespeichert, wie man erwarten würde, sondern in seiner Grenze – dem Ereignishorizont“, so Hawking.
Wie der Physiker erklärt, wird die Information am Ereignishorizont quasi abgefangen und in eine Art zweidimensionale Beschreibung eines 3D-Objekts umgewandelt. Diese bleibt auf der Oberfläche des Ereignishorizonts erhalten. Physiker bezeichnen diese Umwandlung als Supertranslation. „Die Idee ist, dass diese Supertranslationen ein Hologramm der einströmenden Teilchen bilden“, sagte Hawking. „Dadurch enthalten sie all die Information, die sie sonst verlieren würden.“
Hawking-Strahlung als Informationsträger
Aufgrund von Quantenfluktuationen gibt ein schwarzes Loch ständig Hawking-Strahlung ab. Sie entsteht, weil sich am Ereignishorizont kurzzeitig virtuelle Paare aus Teilchen und ihren Antiteilchen bilden. Stürzt nur eines dann ins Schwarze Locht, wird die Energie des übrigbleibenden in Form von Strahlung abgegeben.
Der neuen Theorie nach soll dieser Prozess auch dafür sorgen, dass die am Ereignishorizont gespeicherte Information wieder nach außen gelangt – wenn auch nicht lesbar, wie Hawking erklärt. „Die Information über einströmende Teilchen kehrt damit wieder, aber in einer chaotischen, nutzlosen Form“, so der Physiker. „Rein praktisch gesehen ist die Information daher verloren.“
Paradox gelöst?
Nach Ansicht von Hawking löst dies den Konflikt zwischen Quantenmechanik und einsteinscher Physik. Denn die Information bleibt zwar erhalten, aber alles, was komplett ins Schwarze Loch stürzt, ist nach wie vor unwiederbringlich verloren. Am Ereignishorizont bleibt sozusagen nur ein holografischer Schatten zurück. Mehr Details zu Hawkings neuer Theorie werden im nächsten Monat erwartet, wenn Hawking und seine Kollegen ihren Fachartikel dazu veröffentlichen.
In seinem Vortrag sprach Hawking auch eine andere, heiß umstrittene Idee an: Schwarze Löcher als Übergänge oder Verbindungen zu Paralleluniversen. „Das Schwarze Loch müsste groß sein, wenn es dann rotiert, könnte es eine Passage zu einem anderen Universum öffnen“, so der Physiker. „Aber man könnte nicht in unser Universum zurückkehren. Obwohl ich von Weltraumflügen begeistert bin, würde ich das daher nicht ausprobieren.“
(KTH Royal Institute of Technology, 27.08.2015 – NPO)