Astronomie

Hellster Stern im Schwan überrascht Astronomen

Astronomen entdecken Schwankungen der Polarisation beim Überriesen Deneb (α Cygni)

Deneb (Alpha Cygni)
Der blaue Überriese Deneb (α Cygni) schwankt nicht nur in seiner Helligkeit, auch die Polarisation seines Lichts zeigt deutlich, aber unregelmäßige Schwankungen, wie Astronomen entdeckt haben. © Roberto Mura / CC-by-sa 4.0

Unerwartete Variation: Der Stern Deneb ist einer der hellsten Sterne am Himmel und schon seit Jahrtausenden bekannt. Dennoch hat er es nun geschafft, die Astronomen zu überraschen. Denn neue Beobachtungen haben enthüllt, dass dieser massereiche blaue Überriese nicht nur ständig seine Helligkeit verändert: Auch die Polarisierung seines Lichts wechselt unregelmäßig und erstaunlich stark. Warum das so ist, können die Forschenden bisher nur vermuten.

Der blaue Überriese Deneb ist am Himmel kaum zu übersehen: Im Sommerhalbjahr strahlt er als hellster Stern des Sternbilds Schwan, daher auch sein Fachname Alpha Cygni. Er bildet gemeinsam mit der Wega in der Leier und dem Altair im Adler das gut sichtbare Sommerdreieck. Seine Leuchtkraft ist rund 300.000-mal höher als die der Sonne, sei Durchmesser etwa 200-mal so groß. Schon in der Steinzeit könnten unsere Vorfahren diesen hellsten Stern der Milchstraße beobachtet und vielleicht sogar gezeichnet haben.

Sternbild Schwan
Der Stern Deneb (α Cygni) liegt am hinteren Ende des Sternbilds Schwan. © Johann Bayer/ historisch

Prototyp eines Veränderlichen

Bekannt ist Deneb aber auch für eine weitere Auffälligkeit: Seine Helligkeit schwankt in wechselnden Abständen, dabei scheinen sich mehrere periodische Schwankungen zu überlagern. Auch seine spektrale Signatur weist diese multiperiodischen Veränderungen auf. Sie entstehen teils durch umlaufende Schwingungen und Konvektionsströmungen des Sterneninneren, teils durch regionale Dichteunterschiede der Sternenoberfläche. Der Blaue Überriese ist damit der Namensgeber für eine ganze Gruppe von sehr massereichen, veränderlichen Sternen, die sogenannten Alpha-Cygni-Sterne.

Doch jetzt haben Astronomen um Daniel Cotton vom Monterey Institute for Research in Astronomy in den USA eine weitere Eigenheit von Deneb entdeckt. Für ihre Studie hatten sie Alpha Cygni von August 2022 bis Oktober 2023 mehrfach intensiv mit verschiedenen Spektrographen ins Visier genommen, um die Polarisation seines Lichts zu messen. Damit gingen sie früheren Beobachtungen nach, die widersprüchliche Daten dazu geliefert hatten.

Schwankende Polarisations-Amplituden

Das Ergebnis: Das Licht von Deneb ist nicht nur deutlich polarisiert, diese Polarisation zeigt auch zuvor unentdeckte Schwankungen. So liegt der Anteil der einheitlich um rund 33 Grad geneigt schwingenden Wellen bei rund 4.000 parts per million, wie Botton und sein Team feststellten. Dieser Anteil schwankt jedoch je nach Beobachtungszeitpunkt um bis zu knapp 700 ppm. „Dies enthüllt erstmals, dass Deneb auch ein Poalarisations-Veränderlicher mit großer Amplitude ist“, konstatieren die Astronomen.

Ähnlich wie bei der Helligkeit zeigen auch die Polarisations-Schwankungen kein zyklisches Muster: „Es gibt keine offensichtlichen Perioden, die Schwankungen um mehrere Hundert parts per million zeigen sich aber im Verlauf von mehreren Wochen“, berichten Cotton und seine Kollegen. Ebenfalls unregelmäßig ist das Ausmaß der Abweichungen: „Die unregelmäßige Natur der Variabilität zeigt sich auch darin, dass eine Abweichung vom Mittelwert doppelt so hoch sein kann wie andere“, erklärt das Team.

Der zeitliche Verlauf der jetzt entdeckten Polarisations-Veränderungen könnte erklären, warum sie zuvor noch nie aufgefallen sind: Sie sind zu lang für typische Kurzeit-Beobachtungen, aber zu kurz, um in jährlich oder in noch größeren Abständen wiederholten Messungen aufzufallen.

Was ist die Ursache?

Doch was erzeugt diese Schwankungen der Polarisation – und warum sind auch sie so unregelmäßig? „Allgemein gesprochen entsteht die lineare Breitband-Polarisierung eines nichtmagnetischen, frühen Riesensterns wie Deneb durch Elektronenstreuung – entweder in der Photosphäre durch Verformung des Sterns oder aber darüber durch Streuung eines asymmetrischen Gasmediums“, erklären die Astronomen. Letzteres könnte durch unterschiedlich starke Schübe des Sternenwinds verursacht werden.

Wie die Astronomen ermittelten, sprechen die zeitliche Abfolge und eine nur schwache Korrelation mit den Helligkeitsschwankungen dafür, dass böige Sternenwinde für einen Großteil der Polarisationsschwankungen verantwortlich sind. „Allerdings schließen wir auch die Präsenz eines schwächeren Signals aufgrund nichtradialer Pulsationen nicht aus“, erklären Cotton und sein Team. Demnach könnte auch die Verformung der Sternenoberfläche, beispielsweise durch regionale Konvektionsströmungen, einen Teil der Schwankungen erklären.

Mehr Aufschluss über die Ursachen von Denebs Polarisationsschwankungen erhoffen sich die Astronomen von weiteren spektroskopischen und photometrischen Analysen. Diese wollen sie unter anderem mit dem NASA-Weltraumteleskop TESS durchführen. (Astrophysical Journal Letters, 2024; doi: 10.3847/2041-8213/ad4b0f)

Quelle: Astrophysical Journal Letters

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