Mysteriöses Pulsieren: Astronomen haben herausgefunden, warum unsere Sonne bei Strahlenausbrüchen oft ein quasi-periodisches Pulsieren erzeugt – wie eine Art Herzschlag, der auf allen Wellenlängen detektierbar ist. Jetzt legen neue Beobachtungen nahe, dass diese Pulse durch wiederholte „Kurzschlüsse“ in einander immer wieder berührenden Magnetfeldflächen entstehen. Dabei werden Elektronen schubweise beschleunigt und erzeugen die elektromagnetischen Oszillationen.
Anders als in ihrer Jugend ist unsere Sonne heute ein eher ruhiger Stern. Dennoch kann sie gerade in aktiven Phasen ihres solaren Zyklus starke Strahlenausbrüche produzieren. Dabei bilden sich große, weit ins All hinausgewölbte Bögen und Knoten aus plasmagefüllten Magnetfeldlinien. Wenn diese Schleifen reißen oder es zu „Kurzschlüssen“ zwischen benachbarten Feldlinien kommt, entlädt sich die aufgestaute Energie in einem Ausbruch starker Strahlung – einem solaren Flare.
Herzschlag-ähnliches Pulsieren
Schon seit den 1960er Jahren beobachten Astronomen bei solchen solaren Flares häufig eine Art Pulsieren, ähnlich einem Herzschlag: Im Radiobereich, aber auch anderen Wellenlängen sind quasi-periodische Oszillationen messbar. „Dieses pulsierende Muster ist wichtig, um zu verstehen, wie Energie während solcher unglaublich starken Explosionen auf der Sonne freigesetzt und verteilt wird“, erklärt Koautor Sijie Yu vom New Jersey Institute of Technology.
Doch was dieses Pulsieren verursacht, blieb bisher rätselhaft: „Der Ursprung dieser repetitiven Muster ist schon seit langem ein Rätsel und eine Quelle für Diskussionen unter Sonnenphysikern“, so Yu. Einige Wissenschaftler vermuteten, dass diese Oszillationen durch Wellen in den koronaren Plasmaschleifen entstehen, andere hielten es dagegen für wahrscheinlicher, dass auch hinter diesen Pulsen magnetische Rekonnexionen stehen – Kurzschlüsse der Magnetfeldlinien.
Chance durch parallele Beobachtungen
Jetzt schafft ein glücklicher Zufall mehr Klarheit. Denn bei einem solaren Flare im Sommer 2017 zeichneten mehrere Instrumente gleichzeitig das Geschehen aus verschiedenen Blickwinkeln und in verschiedenen Wellenlänge auf. „Aufnahmen im extremen Ultraviolett (EUV) zeigen, dass dieser Flare durch die Eruption eines Plasmafilaments verursacht wurde“, berichtet das Team um Yu und Erstautor Yuankun Kou von der Universität Nanjing.
Parallel dazu zeichneten die Mikrowellenantennen des Expanded Owens Valley Solar Array (EOVSA) in Kalifornien die von diesem Flare ausgehende Radiostrahlung auf. In dieser waren deutliche Pulse im Abstand von rund zehn bis 20 Sekunden nachweisbar. Nähere Analysen der Radio- und EUV-Signaturen enthüllten, dass diese Pulse vom Grund einer elektrischen Stromschicht auszugehen schienen. Dieses nahezu zweidimensionale elektrische Feld erstreckte sich mehr als 35.000 Kilometer weit durch die Quellregion des Flares.
Zwei Quellen lokalisiert
Das Überraschende jedoch: Die Pulse gingen nicht nur von einer Quelle aus, sondern von zwei: „Interessanterweise gibt es eine zweite Quelle, die wir nicht erwartet hatten“, berichtet Kou. „Sie liegt ebenfalls an diesem elektrischen Feld und pulsiert in ähnlicher Weise wie die Hauptquelle des quasi-periodischen Pulsierens.“ Den Messungen zufolge schwanken Spektren und Helligkeitstemperaturen beider Quellen nahezu synchron zueinander und zu den Pulsen im Flare.
Dank der hochaufgelösten Aufnahmen der EOVSA-Antennen konnte die Astronomen zudem erstmals genauer feststellen, von wo diese Schwankungen ausgehen. Dabei zeigte sich, dass die Quellen der Pulse direkt oberhalb der koronaren Plasmabögen liegen. „Das liefert uns einen überzeugenden Beleg dafür, dass eine quasi-periodische magnetische Rekonnexion die Ursache der pulsierenden Flare-Emissionen sein muss“, schreibt das Forschungsteam. Wie genau dies geschieht, klärten sie mithilfe einer astrophysikalischen Modellierung.
Magnetinseln, Rekonnexionen und Schübe schneller Elektronen
Diesem Szenario zufolge bilden sich am Rand der von den Magnetfeldlinien gebildeten elektrischen Stromschicht immer wieder Magnetinseln – blasenähnliche Störungen im magnetischen Feld. Diese Inseln bewegen sich schubweise in die aktive Zone des Strahlenausbruchs hinein und führen dort zu wiederholten magnetischen Rekonnexionen. „Durch diese quasi-periodische Rekonnexion werden Elektronen ebenfalls quasi-periodisch beschleunigt“, erklären Kou und seine Kollegen. Die Interaktion dieser Elektronen mit den Plasmaschleifen des Flares erzeugt dann das elektromagnetische Pulsieren.
Nach Ansicht der Forschenden klärt dies nun die Frage, wie der „Herzschlag“ der solaren Flares entsteht. „Wir haben endlich den Ursprung der quasi-periodischen Pulse in den Flares lokalisiert und sie als Folge periodischer Rekonnexionen in der Stromschicht der Ausbrüche identifiziert“, sagt Yu. Damit tragen diese Ergebnisse weiter dazu bei, die komplexen Prozesse auf unserem Stern zu entschlüsseln. (Nature Communications, 2022; doi: 10.1038/s41467-022-35377-0)
Quelle: New Jersey Institute of Technology