Astronomie

Himmelsschauspiel: Morgen früh ist Venustransit

Morgenstern zieht bei Sonnenaufgang zwischen Erde und Sonne vorüber

Am 6. Juni 2012 wird die Bahn der Venus zwischen Erde und Sonne verlaufen. Diese Teleskopaufnahme zeigt die "schwarze Venus" nahe dem östlichen Rand der Sonne während ihres Transits am 8. Juni 2004. © Jan Herold

Jetzt oder nie: Morgen früh, am 6. Juni 2012, besteht die letzte Gelegenheit, einen Venustransit live zu beobachten. Erst in 105,5 Jahren wird die Venus wieder so zwischen Sonne und Erde hindurch wandern, dass sie als schwarzer Fleck auf der hellen Sonnescheibe erscheint. In Deutschland bekommen wir nur die zweite Hälfte des Himmelsschauspiels zu sehen. Etwa zwischen 4.40 Uhr und 6:55 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ), direkt nach Sonnenaufgang, ist der Transit bei uns sichtbar.

„Man kann die schwarze Venus gerade noch mit dem bloßen Auge auf der Sonne erkennen – allerdings muss man dazu unbedingt eine Sonnenfinsternis-Brille benutzen, um nicht das Augenlicht zu verlieren“, empfiehlt Manfred Gaida, Wissenschaftler am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und Astronom. Besser als bei uns werde man den Venustransit am 5./6. Juni im östlichen Teil Australiens, von Neuseeland, Ostasien, von Hawaii, Alaska oder generell einem Standpunkt oberhalb des nördlichen Polarkreises, wo die Sonne nicht untergeht, sehen können, so der Astronom. (Mehr Informationen zum Venustransit 2012 finden Sie in unserem Dossier.)

Wer den Venustransit am 6. Juni 2012 verpasst, hätte höchstens noch am 21. Dezember 2012 eine Chance – allerdings müsste er dafür auf dem Saturn stehen. Dann schiebt sich von dort gesehen die Venus zwischen Saturn und Sonne. Beobachten wird dies dann aber nur die amerikanische Cassini-Raumsonde, die seit 2004 den Saturn umrundet und während des Venustransits auf den Abendstern ausgerichtet sein wird.

Bahn der Venus vor der Sonnenscheibe, insgesamt dauert der Transit mehr als sechs Stunden. © DLR

Hilfe bei der Suche nach einer zweiten Erde

Transitphänomene wie bei der Venuspassage nutzen auch Planetenforscher auf der Suche nach einer zweiten Erde. „Wenn wir nach Exoplaneten, also Planeten außerhalb unseres Sonnensystems suchen, können wir diese finden, wenn sie vor ihrem Zentralstern vorbeiziehen und dabei dessen Licht abschwächen“, erklärt Gaida. Wenn sich ein Planet auf seiner Bahn zwischen seinen Zentralstern und die Erde bewegt, schluckt er einen Teil des Sternenlichts – diese Abschwächung lässt sich messen. Das europäische Weltraumobservatorium CoRot (Convection, Rotation and Planetary Transits), an dem das DLR beteiligt ist, hat mit diesem Verfahren bisher mehr als 25 Exoplaneten vom Gasriesen bis zur Super-Erde entdeckt.

Durch die Beobachtung des Venustransits, der in einer viel größeren Nähe zur Erde stattfindet, lernen die Wissenschaftler vor allem eines: „Die Beobachtungen helfen uns dabei, tatsächliche Planetentransits beispielsweise von ‚normalen‘ Sternflecken zu unterscheiden“, erläutert DLR-Planetenforscher Pascal Hedelt. Diese schwächen ähnlich wie ein Planetentransit das Licht des Zentralsterns ab.

Beobachtungen von der Südsee bis nach Ägypten

Der Venusdurchgang sorgte aber auch in der Vergangenheit immer für Aufregung. Bereits 1631 und 1639 hatte der „Abend- und Morgenstern“ seine Bahn zwischen Erde und Sonne gezogen, damals war die Zahl der Beobachter allerdings noch gering. Das änderte sich 1761: 120 Beobachter an 62 Stationen weltweit verfolgten den Venustransit. Ganze Expeditionen reisten zur Beobachtung nach Sumatra, St. Helena, Neufundland, Sibirien, Wien, Rodrigues und Mauritius.

„Man wollte durch die Beobachtung des Venustransits von unterschiedlichen Standorten aus die Entfernung von der Erde zur Sonne absolut und exakt berechnen“, erklärt DLR-Wissenschaftler Gaida. „Diese so genannte Astronomische Einheit (AE) benötigte man damals auch implizit für die geographische Längenberechnung auf der Erde.“ Wer die Entfernung von der Erde zur Sonne absolut kannte, konnte die Ausdehnung des Sonnensystems sowie die Bahn des Mondes präziser berechnen und dadurch auf See genauer navigieren. „Die Beobachtung der Venuspassage war also nicht nur von wissenschaftlichem, sondern auch von machtpolitischem Interesse.“

Doch 1761 enttäuschte die Venus die Forscher: Statt als vollkommen rundes Scheibchen vor der Sonne löste sie sich nur tropfenförmig vom inneren Sonnenrand ab und verschlechterte dadurch die Messungen der Kontaktzeiten. „Die Teleskope waren erheblich kleiner und beugungstechnisch nicht so perfekt wie heute“, sagt Gaida.

Blicken heute metergroße Teleskope auf die Venus vor der Sonne, hatten die damaligen Instrumente gerade einmal einen Durchmesser von etwa 20 oder 30 Zentimetern. Die Begeisterung der Astronomen ließ dennoch nicht nach. 1769 starteten alleine 80 Expeditionen aus Europa. Auch Entdecker James Cook gehörte auf seiner Seereise nach Tahiti dazu. „Wir sahen sehr deutlich eine Atmosphäre oder einen düsteren Schatten um den Körper des Planeten, was große Verwirrung bei der Bestimmung der Zeiten der Kontakte verursachte“, schreibt er in seinen Aufzeichnungen. Immerhin hatte er eine wolkenfreie Sicht auf das Ereignis.

Im 19. Jahrhundert reisten Wissenschaftler nach China, auf die Auckland-Insel, blickten im chilenischen Punta Arenas zum Himmel oder stellten ihre Teleskope in Ägypten, Persien und in South Carolina auf. Auch wenn die Bestimmung der Erde-Sonne-Entfernung noch nicht so gut funktionierte: „Die Abweichung zur heute gemessenen Entfernung zwischen Erde und Sonne betrug nur zwei Prozent“, erläutert Hedelt. Auch dass die Venus keine Monde hat, stellten die Astronomen damals bereits fest.

(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 05.06.2012 – NPO)

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