Dunkle Lücken im Spektrum: Das „Fußballmolekül“ Buckminster-Fulleren ist dafür verantwortlich, dass ein Teil des Sternenlichts die Erde nie erreicht – und könnte so einige bisher rätselhafte interstellare Banden im Lichtspektrum erklären. Mit dem Fulleren haben Wissenschaftler haben nun zum ersten Mal ein Molekül identifiziert, das diese Banden erzeugt. Dies bringt das hundert Jahre alte Rätsel um das fehlende Sternenlicht der Lösung einen Schritt näher, schreiben die Forscher im Fachmagazin „Nature“.
Das Licht der Sterne erreicht die Erde nur unvollständig: Vor knapp hundert Jahren entdeckten Astronomen im Spektrum dieses Lichts einige dunkle Lücken, sogenannte Absorptionsbanden. Bestimmte Wellenlängenbereiche sind gewissermaßen herausgefiltert. Über 400 dieser „diffusen interstellaren Banden“ (DIB) sind mittlerweile bekannt. Allerdings ist unklar wie sie entstehen: Welche Arten von Materie absorbieren das Licht im interstellaren Raum?
Seit Längerem vermuten Astronomen, dass große, komplexe Moleküle und gasförmige Ionen das Sternenlicht schlucken könnten. Kohlenstoff ist im Universum relativ häufig und die Grundlage vieler solcher komplexen Moleküle. Ein besonders exotisch anmutender Vertreter ist das Mitte der 1980er Jahre entdeckte Buckminster-Fulleren: eine Struktur aus 60 Kohlenstoffatomen, die in einem Gitter aus Fünf- und Sechsecken die Form eines Fußballs bilden. In planetaren Nebeln ist es das bislang größte nachweisbare Molekül.
Messungen unter Weltraum-Bedingungen
Wissenschaftler um John Maier von der Universität Basel stellten schon vor über 20 Jahren fest, dass die positiv geladene Form dieses Fußballmoleküls zwei auffällige Banden in seinem Absorptionsspektrum zeigt: Ihre Wellenlängen ähnelten denen zweier DIB, die Astronomen kurz zuvor detektiert hatten. Daraus ergab sich die Frage: Ist das Zufall, oder sind die Fullerene zumindest teilweise für das fehlende Sternenlicht verantwortlich?
Dies zweifelsfrei nachzuweisen ist nicht gerade einfach: Um die Absorptionsbanden vergleichen zu können, mussten die Forscher ein Spektrum des Buckminster-Fullerens unter weltraumähnlichen Bedingungen messen. Dazu schlossen sie mehrere tausend ionisierte Fußballmoleküle in einer Hochfrequenzfalle ein. Diese Probe kühlten sie auf nur rund sechs Kelvin ab – mit minus 267 Grad Celsius eine typische Temperatur für den interstellaren Raum. An dem gekühlten und ionisierten Fulleren führten die Wissenschaftler mit einem Diodenlaser eine Gasphasenspektroskopie durch.
Fußballmoleküle in interstellaren Wolken
Und tatsächlich: Die im Labor gemessenen Absorptionsbanden entsprachen exakt den astronomischen Daten. Sie weisen vergleichbare Bandbreiten auf und auch ihre relativen Intensitäten passen zueinander. Damit identifizierten die Forscher nicht nur zum ersten Mal die Ursache für zwei der diffusen interstellaren Banden, sie wiesen auch die Existenz von ionisierten Buckminster-Fullerenen im interstellaren Raum nach.
„Dabei handelt es sich um die erste eindeutige Identifikation eines solchen Moleküls in den interstellaren Wolken“, so Forschungsleiter Maier. Dies sei erstaunlich in Anbetracht der Komplexität dieses molekularen Ions und der energiereichen Strahlung, die es in dieser Umgebung aushalten müsse. „Das bedeutet einen Durchbruch im hundert Jahre alten Rätsel um die diffusen interstellaren Banden.“ (Nature, 2015; doi: 10.1038/nature14566)
(Universität Basel, 16.07.2015 – AKR)