Es ist soweit: Die europäische Raumsonde JUICE (Jupiter Icy Moons Explorer) ist am 14. April 2023 vom Weltraumbahnhof in Guayana zu den Eismonden des Jupiter gestartet. Die Sonde soll die drei größten Monde des Gasriesen erforschen – Europa, Ganymed und Kallisto. Alle drei besitzen unter ihrer dicken Eiskruste flüssige Ozeane, die lebensfreundliche Bedingungen bieten könnten – und als aussichtsreichster Ort für außerirdisches Leben im Sonnensystem gelten.
Schon Galileo Galilei beobachteten vor mehr als 400 Jahren die vier großen Jupitermonde Io, Europa, Ganymed und Kallisto. Sie sind selbst mit einem schwachen Teleskop als leuchtenden Punkte beiderseits des Planeten zu erkennen. Während der innerste Jupitermond Io der vulkanisch aktivste Himmelskörper des Sonnensystems ist, sind die drei anderen großen Jupitertrabanten Eismonde: Ihre Oberfläche ist von einer dicken Eiskruste bedeckt, unter der sich ein subglazialer Ozean aus flüssigem Wasser verbirgt.
Eismonde als Ziel
Genau dies macht die drei großen Eismonde des Jupiter so spannend: In ihren subglazialen Ozeanen könnten lebensfreundliche Bedingungen herrschen, vielleicht existiert dort sogar außerirdisches Leben. Doch ob Jupiters eisige Monde die nötigen Bedingungen für die Entstehung und längerfristige Existenz von Leben bieten, ist erst in Ansätzen bekannt. Besuch erhielt das Jupitersystem bisher erst zweimal: durch die NASA-Sonde Galileo von 1995 bis 2003 und die zurzeit um den Jupiter kreisende NASA-Sonde Juno.
„Durch die gesammelten Daten früherer Missionen und aus Beobachtungen von der Erde aus existieren viele Vermutungen und Berechnungen zur Existenz von Leben auf Jupiters Monden“, erklärt Wojciech Hajdas vom Paul Scherrer Institut (PSI). „Mit JUICE sind wir in der Lage, das komplexe Jupitersystem besser zu verstehen. Es geht nicht darum, Leben zu finden, sondern darum, die Umgebung besser zu verstehen, um vielleicht auf einen möglichen oder unmöglichen Lebensraum zu schließen.“
Der Start und die Reise zum Jupitersystem
Die ESA-Raumsonde JUICE (Jupiter Icy Moons Explorer) ist am 14. April 2023 zu ihrer 778 Millionen Kilometer langen Reise zu den Eismonden des Jupiter gestartet. Der Start der Sonde erfolgte mit einer Ariadne-5-Rakete vom europäischen Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana. Nach Verlassen der Erde wird die rund 2,4 Tonnen schwere Raumsonde etwa acht Jahre unterwegs sein, bis sie im Jahr 2031 das Jupitersystem erreicht.
Schon auf dem Weg dorthin wird JUICE mehrere komplexe Flugmanöver durchführen, um sich Schwung für den langen Flug zu holen. Dazu gehört ein gekoppelter Vorbeiflug an Erde und Erdmond im August 2024, bei dem die Sonde erst den Mond in 750 Kilometer Höhe umrundet und dann 36 Stunden später an der Erde vorbeifliegt. 2025 folgt ein Vorbeiflug an der Venus, 2026 und 2029 zwei weitere Schwunghol-Manöver an der Erde.
An Extreme angepasste Systeme
Auf ihrem langen Weg zum Jupitersystem ist die Raumsonde JUICE extremen Bedingungen ausgesetzt: Bei ihrer Umrundung der Venus muss sie extremer Strahlung und Hitze standhalten, im äußeren Sonnensystem herrschen dagegen extreme Kälte und eine nur schwache Sonneneinstrahlung. Um die extremen Temperaturschwankungen von plus 250 bis minus 230 Grad abzupuffern, ist die Raumsonde mit einem aufwendigen Thermalsystem aus aktiven und passiven Komponenten und einer mehrschichtigen Isolierung ausgerüstet.
Für ihre Energieversorgung besitzt JUICE zehn Solarpaneele mit einer Gesamtfläche von 85 Quadratmetern. Sie liefern auch im sonnenfernen Jupitersystem noch rund 700 bis 900 Watt elektrische Leistung. Die Akkus an Bord ermöglichen es der Raumsonde, die Abschattung durch Monde und Planeten bis zu fünf Stunden lang zu überstehen. Um die sensiblen Instrumente der Raumsonde vor der harschen Weltraum-Strahlung in Sonnennähe und rund um den Jupiter zu schützen, sind sie zudem speziell abgeschirmt.
Während die meisten Instrumente der Raumsonde während der achtjährigen Reise ausgeschaltet sind, bleibt ein speziell für harte Strahlung ausgelegter Teilchendetektor, RADEM, aktiv: „Zwischen Venus und Jupiter wird RADEM die Teilchenspektren und deren Dosen im Weltraum bestimmen und damit einen wichtigen Parameter für das sogenannte Weltraumwetter in dieser Region kartieren“, erklärt Hajdas. Günstig dafür: Die JUICE-Mission findet in einer Phase besonders hoher Sonnenaktivität statt.
Premiere: Erste Umkreisung eines fremden Mondes
Im Jahr 2031 kommt JUICE im Jupitersystem an und beginnt ihre zunächst auf vier Jahre geplante Mission. Dafür wird die Raumsonde zunächst in eine Umlaufbahn um den Jupiter einschwenken und bis Ende 2034 insgesamt 35 nahe Vorbeiflüge an den Monden Europa, Ganymed und Kallisto absolvieren. Dann folgt eine Premiere: Zum ersten Mal wird eine Sonde aus dem Orbit eines fremden Planeten in eine Umlaufbahn um einen seiner Monde wechseln und diesen umkreisen.
Dieses Manöver bringt JUICE im Dezember 2034 in eine Umlaufbahn um Ganymed – den größten Mond des Sonnensystems. Über ihn ist bisher weit weniger bekannt als über den Jupitermond Europa. „JUICE betritt wirklich wissenschaftliches Neuland und wird mit ihren Messungen Datensätze erzeugen, die ganz neue wissenschaftliche Aussagen möglich machen und die sich ausgezeichnet mit Ergebnissen anderer Missionen wie beispielsweise dem Europa Clipper der NASA ergänzen“, sagt Heike Rauer vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Wissenschaftliche Erkundung mit elf Instrumenten
Für ihre wissenschaftliche Arbeit ist JUICE mit elf Messinstrumenten ausgerüstet. Darunter sind mehrere Spektrometer sowie Wellen- und Teilchendetektoren, ein Magnetometer und ein Instrument zur Radiosondierung der Jupiteratmosphäre. Für die Kartierung und Erkundung der Eismonde und vor allem des Ganymed hat die Raumsonde zudem ein Radar-Echolot und den Laser-Höhenmesser GAIA (GAnymede Laser Altimeter) an Bord.
Mit diesem Altimeter soll JUICE die Eiskruste des Ganymed und ihre Verformung genau vermessen. „Aus der Höhe der Verformung kann man dann darauf schließen, ob es einen Ozean aus flüssigem Wasser unter der Eiskruste gibt und wie dick die Kruste ist“, erklärt Anke Kaysser-Pyzalla vom DLR. Es ist das erste Mal, dass ein solches Instrument im äußeren Sonnensystem eingesetzt wird. Ebenfalls mit an Bord ist ein Kamerasystem, das erstmals hochaufgelöste Aufnahmen der Eismonde Ganymed, Callisto und Europa aus wenigen hundert Kilometern Entfernung erstellen wird.
Damit JUICE trotz der enormen Entfernung des Jupitersystems mit der Bodenstation auf der Erde kommunizieren und ihre Daten schicken kann, trägt sie eine 2.50 Meter große Antenne. Ihr Bordcomputer ist zudem so ausgelegt, dass er die Funktionen der Sonde auch eigenständig regeln kann.
Quelle: European Space Agency (ESA), Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Paul Scherrer Institut (PSI)