Astronomie

Ein Jungplanet mit Lava-Hemisphäre

Astronomen finden jüngsten erdgroßen Gesteinsplaneten in unserer Nachbarschaft

Lavameer
Die Tagseite des neuentdeckten jungen, erdgroßen Exoplaneten ist so heiß, dass die Oberfläche ein Lavameer bildet – wie hier auf dem Lavaplaneten Corot-07b. Die Nachtseite von HD 63433d könnte dagegen fest und eisig kalt sein. © ESO/L. Calçada

Halbseitiges Lavameer: Astronomen haben den jüngsten erdgroßen Exoplaneten unserer Nachbarschaft entdeckt. Der Gesteinsplanet ist erst 400 Millionen Jahre alt und liegt nur gut 70 Lichtjahre entfernt. Zudem ist HD 63433d seiner Sonne so nahe, dass das Gestein seiner Tagseite wahrscheinlich zu Lava geschmolzen ist. Seine Nachtseite könnte dagegen eisig kalt sein, wie das Team berichtet. Insgesamt ist dieser heiße, junge „Erdzwilling“ damit ein besonders spannendes Objekt für nähere Beobachtungen.

In unserer kosmischen Nachbarschaft haben Astronomen schon viele erdgroße Exoplaneten entdeckt – um den nahen Roten Zwerg TRAPPIST-1 kreisen sogar gleich sieben solcher Gesteinswelten. Doch wie solche Erdzwillinge in ihrer Frühzeit aussahen, wie einige von ihnen ihre Atmosphäre verloren und wie sie entstanden sind, ist unklar. Der Grund: Von den mehr als 5.000 bisher entdeckten Exoplaneten sind nur 50 weniger als 500 Millionen Jahre alt – und nur die wenigsten davon sind Gesteinsplaneten.

HD 63433d
Der junge Gesteinsplanet HD 63433d umkreist seinen sonnenähnlichen Stern extrem nah.© NASA/Ames/JPL-Caltech/T. Pyle

Kleinster und  erdnächster Jungplanet

Jetzt haben Astronomen erstmals einen jungen, erdgroßen Gesteinsplaneten entdeckt, der ganz in unserer Nähe liegt und nahezu perfekte Bedingungen für die weitere Beobachtung bietet. Aufgespürt hat ihn das Team um Benjamin Capistrant von der University of Florida, als sie die Daten des NASA-Weltraumteleskops TESS (Transiting Exoplanet Survey Satellite) gezielt nach möglichen Transist-Signalen junger Exoplaneten durchforsteten. Dafür analysierten sie die Lichtkurven junger Sterne und suchten nach Abschattungen, die von vor dem Stern vorüberziehenden Planeten stammen könnten.

Die Astronomen wurde fündig: Bei dem nur rund 70 Lichtjahre entfernten sonnenähnlichen Jungstern HD 63433 entdeckten sie neben den Abschattungen durch zwei schon bekannte Planeten auch das schwache Signal eines dritten, zuvor unerkannten. „Die Transittiefe passt zu einem Planeten von Erdgröße“, berichten Capistrant und sein Team. Wie sein Stern ist der HD 63433d getaufte Exoplanet erst rund 400 Millionen Jahre jung und damit noch ein Teenager unter den Planeten.

„HD 63433d ist damit der kleinste bekannte Exoplanet mit einem eindeutig bestimmten Alter von weniger als 500 Millionen Jahren – und er ist der uns nächste erdgroße Jungplanet“, berichten die Astronomen.

Halbseitiges Lavameer

Der junge „Erdzwilling“ ist allerdings alles andere als habitabel: Er umkreist seinen etwa sonnengroßen Stern innerhalb von nur 4,2 Tagen, wie das Team ermittelte. Damit ist HD 63433d nur etwa ein Achtel so weit von seiner Sonne entfernt wie der Merkur von unserem Heimatstern. Dies hat zwei Folgen: Zum einen kreist der Planet wahrscheinlich in gebundener Rotation um den Stern und kehrt ihm immer dieselbe Seite zu. Er hat daher eine heiße, ständig beleuchtete Tagseite und eine dauerhaft dunkle Nachtseite.

Dies hat auch Auswirkungen auf die Temperaturen auf der Oberfläche des Planeten: „Planeten von dieser Größe bestehen fast immer vorwiegend aus Gestein und haben fast nie eine dichte Atmosphäre“, erklären die Astronomen. „Wahrscheinlich hat daher auch HD 63433d keine dichte Gashülle, die die Hitze effektiv verteilen könnte.“ Dadurch ist die Nachtseite des Planeten wahrscheinlich eisig kalt, die Tagseite dafür höllische 1.250 Grad heiß – genug, um die steinige Oberfläche zu schmelzen.

Nach Ansicht der Forschenden könnte der junge Exoplanet damit quasi zweigeteilt sein: Eine Hemisphäre ist dunkel und kalt, die andere dagegen von einem großen Lavameer bedeckt. „Denn die Temperatur auf seiner Tagseite ähnelt der anderer Lavaplaneten wie Corot-7b und Kepler-10b“, so das Team.

Prüfstein für planetaren Atmosphärenverlust

HD 63433d ist damit nicht nur in mehrerer Hinsicht eine Besonderheit, er könnte auch entscheidende Fragen zur Entwicklung von jungen Erdzwillingen klären. „Eine der wichtigen Fragen in der Exoplanetenforschung ist zurzeit, wann Planeten ihre dichten, ursprünglichen Gashüllen aus Wasserstoff und Helium verlieren und wann sie diese behalten“, erklären Capistrant und sein Team. Bisher ist unklar, welche physikalischen Prozesse dafür entscheidend sind und wie schnell junge Gesteinsplaneten ihre Gashülle verlieren.

Als wichtigste Ursache dafür gilt die starke UV-Strahlung junger Sterne, die vor allem in den ersten wenigen hundert Millionen Jahren die Atmosphäre naher Planeten wegreißen kann. In unserem Sonnensystem zerstörte diese Photoevaporation die Gashülle des jungen Merkur. Wesentlich langsamer wirkt dagegen der sogenannte kerngetriebene Massenverlust. Bei ihm treibt die vom heißen Kern des Planeten erzeugte Hitzeabstrahlung die Gashülle ins All hinaus.

Weil der neuentdeckte Exoplanet HD 63433d erst rund 400 Millionen Jahre alt ist, könnte er verraten, welcher dieser beiden Prozesse überwiegt: Ist die Photoevaporation entscheidend, müsste er schon jetzt seine gesamte Gashülle verloren haben. „Dauert der Masseverlust dagegen länger, müsste der Planet noch eine Gashülle besitzen“, erklären die Astronomen. Ob das der Fall ist, könnten zukünftige Beobachtungen mit dem James-Webb-Teleskop zeigen. Der nah an seinem hellen Stern kreisende Exoplanet bietet dafür nahezu perfekte Bedingungen. (Astronomical Journal, 2024; doi: 10.3847/1538-3881/ad1039)

Quelle: NASA

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