Durch Kollisionen verzögert: Der Gasriese Jupiter wurde während seines Wachstums vorübergehend ausgebremst, wie nun eine Studie enthüllt. Denn rund eine Million Jahre nach seiner Bildung setzte eine Kollision mit kilometergroßen Brocken ein, die den jungen Planeten so aufheizten, dass er kaum Gas anreichern konnte. Erst einige Millionen Jahre später setzte Jupiter sein schnelles Wachstum fort und wurde zum Gasriesen der heutigen Masse und Größe, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Astronomy“ berichten.
Der Gasriese Jupiter ist mit rund 143.000 Kilometern Durchmesser nicht nur der größte Planet des Sonnensystems, er ist wahrscheinlich auch der älteste. Sein Schwerkrafteinfluss und seine frühe Wanderung von außen nach innen war prägend für die Bildung aller anderen Planeten um die Sonne. Ohne den Jupiter wäre vielleicht sogar die Erde a href=“https://www.scinexx.de/wissen-aktuell-18702-2015-03-24.html“>nie entstanden.
Rätselhafte Wachstumspause
Doch wie Yann Alibert von der Universität Bern und sein Team berichten, hatte auch der Jupiter einige Wachstumsprobleme. Bereits im letzten Jahr hatten Planetenforscher Hinweise darauf entdeckt, dass der Jupiterkern relativ schnell, schon in der ersten Million Jahre nach der Entstehung der Sonne, bis auf rund 20 Erdmassen heranwuchs. Dann jedoch schien seine Entwicklung zu stocken: Statt dass der massige Kern nun sehr schnell große Gasmassen an sich zog und so zum Gasriesen heranwuchs, stagnierte die Gasanreicherung zunächst.
Rund zwei Millionen Jahre lang nahm der junge Jupiter kaum an Masse zu, wie Daten von Meteoriten und Planetenmodelle nahelegen. Erst als der Planet nach dieser Pause rund 50 Erdmassen erreichte, setzte die schnelle Gasanreicherung wieder ein und er wuchs rasch auf sein heutiges Maß von rund 300 Erdmassen an. „Aber wie konnte es zwei Millionen Jahre dauern, bis Jupiter von 20 auf 50 Erdmassen angewachsen war“, fragt Koautorin Julia Venturi von der Universität Bern.
Um das zu klären, haben sie und ihre Kollegen die Ereignisse während der Wachstumsphase des Jupiter nun auf Basis aller neuen Daten in einem Modell rekonstruiert.
Wechsel des „Baumaterials“
Das überraschende Ergebnis: Es gab tatsächlich eine Wachstumspause beim Gasriesen – und schuld daran war ein Wechsel des „Planeten-Baumaterials“. Wie die Forscher herausfanden, wuchs der Jupiterkern anfangs durch Akkretion unzähliger kieselgroßer Bröckchen aus der umgebenden Urwolke. Diese ließen ihn relativ rasch innerhalb von einer Million Jahre auf 20 Erdmassen heranwachsen.
Dann aber änderte sich dies: Weil der Jupiterkern nun eine größere Schwerkraftwirkung ausübte, zog er kilometergroße Brocken aus seiner Umgebung an. „Diese Objekte waren wahrscheinlich Planetesimale der zweiten Generation: Sie entstanden bei der Zerstörung noch größerer primordialer Himmelskörper“, erklären die Forscher. Als diese Planetesimale auf den jungen Protoplaneten prallten, fügten sie ihm zwar weitere Masse hinzu, setzen aber auch große Mengen Wärme frei.
Zu heiß für eine schnelle Gasanreicherung
Die Folge: Statt schnell große Mengen Gas an sich zu ziehen, wie normalerweise für einen Jungplaneten dieser Größe typisch, stagnierte das Wachstum des Jupiter vorübergehend. „Diese Akkretion von Planetesimalen lieferte die Energie, die eine schnelle Gasanreicherung verzögerte“, erklären Alibert und seine Kollegen. Weil Jupiter zu heiß war, konnte sich rund zwei Millionen Jahre lang nur wenig Gas um ihn anlagern.
Erst als der Planetenkern langsam bis auf 50 Erdmassen herangewachsen war, reichte seine Masse aus, um diese „Hitzebremse“ zu überwinden. Die schnelle Gasanreicherung setzte ein und der Planet wuchs relativ rasch auf 300 Erdmassen heran – er wurde zum Gasriesen. „Das bedeutet, dass der Jupiter in einem dreischrittigen Prozess gebildet wurde“, konstatieren Alibert und sein Team. Erst wuchs sein Kern durch Kieselakkretion, dann bremsten größere Planetesimale zwei Millionen Jahre lang das Wachstum aus und erst danach konnte die schnelle Gasanreicherung einsetzen.
Diese Erkenntnisse werfen ein neues Licht auf die Vorgänge in der Frühzeit unseres Sonnensystems und könnten auch Ungereimtheiten bei der Bildung der anderen Planeten erklären helfen, so die Forscher. (Nature Astronomy, 2018; doi: 10.1038/s41550-018-0557-2)
(Universität Bern, 28.08.2018 – NPO)