Widerspruch zur Theorie: Auch am Südpol des Jupiter gibt es pulsierende Polarlichter aus Röntgenstrahlung, wie neueste Beobachtungen mit Röntgenteleskopen enthüllen. Doch zum Erstaunen der Astronomen scheinen diese völlig unabhängig von ihrem Gegenpart am Nordpol zu pulsieren. Dieses Verhalten widerspricht nicht nur gängiger Theorie, es wirft auch die Frage auf, welche Prozesse diese Röntgen-Hotspots am Gasriesen hervorbringen, so die Forscher im Fachmagazin „Nature Astronomy“.
Wie so vieles auf dem Jupiter sind auch seine Polarlichter riesenhaft und rekordverdächtig. Die von ihnen ausgesendete Strahlung ist so stark, dass sogar der Radiopionier Nikola Tesla diese Pulse bei seinen Experimenten registriert haben könnte – ohne zu ahnen, was die seltsam regelmäßigen Geräusche in seinem Empfänger verursachte. Wie diese Auroren des Gasriesen aussehen, ließ sich jedoch bis vor kurzen nur für die Nordpolarregion feststellen, denn nur sie war von der Erde aus klar sichtbar.
Überraschend anders
Erst seitdem die NASA-Raumsonde Juno den Jupiter umkreist, haben ihre Messungen erste Blicke auf die Südpolarlichter des Gasriesen ermöglicht. Sie enthüllten bereits, dass sich Magnetfeld und energiereiche Teilchenströme in diesen leuchtenden Schlieren offenbar ganz anders verhalten als bei den Polarlichtern auf der Erde.
Jetzt haben Daten der Weltraumteleskope XMM-Newton und Chandra eine weitere überraschende Eigenschaft des jovianischen Südpolarlichts aufgedeckt. Für ihre Messungen hatten William Dunn vom University College London und sein Team den Südpol des Gasriesen mehrere Tage lang mit diesen beiden Röntgenteleskopen beobachtet.
Nicht im Gleichtakt
Dabei zeigte sich: Ähnlich wie am Nordpol existiert auch am Südpol des Jupiter ein Gebiet, in dem sich die Röntgenstrahlung der Polarlichter konzentriert. Dieser Hotspot ist größer als die gesamte Erde und liegt jeweils polwärts von dem leuchtenden Oval, das durch die im UV-Licht sichtbaren Polarlichter gebildet wird, wie die Forscher berichten.
Überraschend jedoch: Statt im gleichen Takt zu pulsieren, „blinken“ die beiden Röntgen-Hotspots am Nord- und Südpol des Jupiter unabhängig voneinander: Die südliche Röntgen-Aurora pulsiert in einem Zyklus von rund elf Minuten, während der Nordpol entweder unregelmäßig aufstrahlt oder aber in einem mit fünf bis acht Minuten deutlich schnelleren Takt, wie die Messungen enthüllten.
Hinzu kommt: „Die Periodizität ist nicht das einzige Merkmal, das sich bei beiden Hotspots unabhängig voneinander verändert“, berichten Dunn und seine Kollegen. Auch die Lichtkurven der Strahlung unterscheiden sich.
Ursachen noch unklar
Die Ursachen dieser asynchronen Taktung sind bisher rätselhaft. „Wir dachten, dass die Aktivität der beiden Polarlichtgebiete durch das Magnetfeld des Planeten koordiniert wird“, sagt Dunn. „Deshalb haben wir nicht erwartet, dass die Röntgen-Hotspots unabhängig voneinander pulsieren.“ Als Auslöser der Röntgenstrahlung galten bisher Wechselwirkungen des Sonnenwinds mit dem Magnetfeld des Planeten und den Sauerstoff- und Schwefelionen, die vom Jupitermond Io in die obere Jupiteratmosphäre gelangen.
Weil der Jupiter wie die Erde ein globales Magnetfeld besitzt, würde man erwarten, dass auch die Reaktionen dieses Felds koordiniert ablaufen. Doch die asynchronen Takte der beiden Auroren könnte nun darauf hindeuten, dass bisher noch unbekannte lokale Einflüsse an beiden Polen wirken. „Wir müssen dies weiter untersuchen, um herauszufinden, wie der Jupiter seine Röntgen-Aurora produziert“, betont Dunn.
Die Planetenforscher hoffen, dass künftige Messdaten der im Sommer 2016 am Jupiter angekommenen Raumsonde Juno bei der Lösung des Auroren-Rätsels helfen. Sie umkreist den Gasplaneten in stark elliptischen Orbits und soll unter anderem das Magnetfeld und die Auroren des Jupiter genauer erforschen. (Nature Astronomy, 2017; doi: 10.1038/s41550-017-0262-6)
(University College London, 01.11.2017 – NPO)