Unerwartete Schwankungen: Astronomen haben unerwartete Temperatur-Schwankungen in der Atmosphäre des Jupiters entdeckt. Die Troposphäre des Gasriesen wird im Rhythmus von ungefähr zehn bis 14 Jahren regelmäßig mehrere Grad wärmer und kälter. Merkwürdig auch: Bei diesen Auf-und-Abs wechseln sich Nord- und Südhalbkugel ab, obwohl es auf dem Jupiter keine echten Jahreszeiten gibt. Was diese planetare „Klimawippe“ auslöst, können auch die Astronomen bisher nicht erklären.
Jupiter ist ein Planet der Superlative: Kein anderer Planet im Sonnensystem erreicht seine Größe und Masse, keiner dreht sich so schnell oder erzeugt so gewaltige Stürme. Außerdem besitzt dieser Gasriese ein überraschend asymmetrisches Schwerefeld und eine Art „feste Flüssigkeit“ in seinem tiefen Inneren, wie die Raumsonde Juno enthüllt hat. Doch trotz all der Aufnahmen und Daten gibt Jupiter den Planetenforschern weiterhin einige Rätsel auf – und immer wieder entdecken sie bei ihm neue Eigenheiten.
„Fiebermessen“ in der Jupiter-Troposphäre
Eine unerwartete Eigenheit des Gasriesen haben nun Forschende um Glenn Orton vom Jet Propulsion Laboratory der NASA aufgedeckt. Während bisher Daten zu den Temperaturen der Jupiter-Atmosphäre immer nur über kurze Zeiträume untersucht worden waren, haben sie erstmals über mehr als 40 Jahre hinweg die Temperaturen in der Troposphäre des Gasriesen analysiert. Über Infrarotaufnahmen verschiedener große Teleskope konnten sie so ein Temperaturprofil des Planeten über Jahrzehnte hinweg erstellen.
Erstmals ergibt sich so ein Bild des Jupiter-Klimas über dreieinhalb seiner Jahre hinweg. Denn der Gasriese benötigt 11,9 Jahre für einen Umlauf um die Sonne, ein Jupiterjahr dauert dementsprechend 11,9 Erdenjahre. „Das ermöglicht es uns, saisonale und nicht-saisonale Variationen zu unterschieden“, erklären Orton und sein Team. Bekannt war bereits, dass es auf dem Jupiter kaum Jahreszeiten gibt, weil seine Rotationsachse nur um rund drei Grad gegen die Sonne geneigt ist – auf der Erde sind es 23,5 Grad.
Verblüffende Periodizität
Das Überraschende jedoch: Trotz der fehlenden Jahreszeiten zeigt die Troposphäre des Jupiter deutliche periodische Schwankungen. Die Temperaturen in seiner wetterbestimmenden Schicht steigen und fallen zyklisch um mehrere Grad. Einige dieser Zyklen dauern sieben bis neun Jahre, andere zehn bis 14 Jahre. „Diese Schwankungen betreffen mehrere Breitenkreise und scheinen unabhängig von saisonalen Veränderungen der solaren Wärmeeinstrahlung zu sein“, berichten die Wissenschaftler.
Auffallend ist auch, dass es eine Kopplung weit entfernter Gebiete zu geben scheint: Wenn die Temperaturen in einem Gebiet 16°, 22° oder 30° nördlich des Jupiter-Äquators ansteigen, kühlt sich der gleiche Bereich südlich des Äquators ab und umgekehrt. „Das war das überraschendste von allem“, sagt Orton. Offenbar gibt es eine Art Fernverbindung zwischen diesen weit voneinander entfernten Gebieten, ohne dass diese die dazwischen liegende Region messbar beeinflusst.
Ursachen noch unbekannt
Doch was steckt dahinter? „Obwohl die Klimaschwankungen im zehn- bis 14-jährigen Zyklus nahe an der Umlaufzeit des Jupiter von 11,9 Jahren liegen, ist es angesichts seiner schwachen Jahreszeiten unwahrscheinlich, dass sie das direkte Ergebnis von Einstrahlungs-Veränderungen sind“, erklären Orton und seine Kollegen. In ihren Modellen konnten solche Variationen der solaren Einstrahlung nur Schwankungen von weniger als einem Grad erzeugen – zu wenig um die neu entdeckte „Klimawippe“ zu erklären.
Noch stehen die Forschenden vor einem Rätsel. In Daten zur Temperatur der darüber liegenden Stratosphäre des Jupiter haben sie zwar erste Anzeichen einer synchronen, aber gegenläufigen Schwankung entdeckt: Wenn die Temperatur der Troposphäre in einem Gebiet absinkt, erhöht sich die der Stratosphäre. Das könnte auch einen Auslöser in dieser oberen Atmosphärenschicht hindeuten, klärt aber nicht, was dann dort diese Schwankungen auslöst. Hier seien nun noch weitere Langzeitstudien des Jupiter-Klimas nötig.
Wichtig auch für Exoplaneten
„Wir haben zwar einen Teil des Puzzles gelöst, indem wir gezeigt haben, dass die Jupiter-Atmosphäre diese Zyklen zeigt“, sagt Koautor Leigh Fletcher von der University of Leicester. „Aber um zu verstehen, was diese Muster antreibt und warum sie in gerade diesen Zeitabständen auftreten, müssen wir auch über und unter die Wolkenschicht schauen.“
Wichtig sind diese und kommende Erkenntnisse nicht nur, um das Klima des Jupiter und seine periodischen Schwankungen zu verstehen – sie haben auch große Bedeutung für die Exoplaneten-Forschung. Denn viele der extrasolaren Planeten sind jupiterähnliche Gasriesen, die ähnliche atmosphärische und klimatische Eigenschaften besitzen könnten. (Nature Astronomy, 2022; doi: 10.1038/s41550-022-01839-0)
Quelle: NASA/ Jet Propulsion Laboratory