Überraschende Entdeckung: Auf dem Jupitermond Europa gibt es offenbar nicht nur Schwefelsalze, sondern auch reichlich Kochsalz. Darauf deuten Spektralmessungen des Weltraumteleskops Hubble hin. Das Natriumchlorid färbt nicht nur die Kruste gelblich, es macht auch den Ozean des Jupitermonds unseren Meeren ähnlicher als bisher angenommen – und erhöht die Chance auf außerirdisches Leben.
Der Jupitermond Europa gilt als aussichtsreichster Kandidat für außerirdisches Leben in unserem Sonnensystem. Denn unter seiner kilometerdicken Eiskruste liegt salziger Ozean, der vom Magnetfeld und den Gezeitenkräften des nahen Jupiter, aber auch durch die Wärme des Gesteinskerns flüssig und in Bewegung gehalten wird. Wasserdampf-Fontänen und die Tektonik der Eiskruste könnten zudem für Stoffaustausch zwischen dem Ozean und der Oberfläche sorgen.
Fahndung nach dem Salz
Unklar war allerdings bisher, was das Wasser in Europas subglazialem Ozean salzig macht. Daten des Infrarotspektrometers der Galileo-Raumsonde deuteten darauf hin, dass vor allem Sufaltsalze das Eis und den Ozean prägen könnten. Doch in jüngster Zeit weckten Beobachtungen mit erdbasierten Teleskopen daran Zweifel. Deshalb haben nun Samantha Trumbo vom California Institute of Technology und ihre Kollegen den Jupitermond Europa mit dem Weltraumteleskop Hubble ins Visier genommen.
„Bisher hat noch niemand so hochauflösende Spektraldaten von Europa im sichtbaren Bereich des Lichts ermittelt“, sagt Koautor Kevin Hand vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA. Möglich sei dies zwar schon seit 20 Jahren, man habe es aber einfach nicht gemacht. „Traditionell nahm man an, dass die interessanten Spektrometerdaten von Planetenoberflächen alle im infraroten Bereich liegen, weil dort die meisten relevanten Moleküle ihre fundamentalen Merkmale zeigen.“
Signatur von bestrahltem Kochsalz
Doch ausgerechnet ein spannendes Molekül bleibt in den Infrarotspektren verborgen: Natriumchlorid. „Alkalichloride sind im Infrarot zwar spektral unauffällig, wenn sie aber unter Teilchenbombardement stehen, entwickeln sie klar erkennbare Linien im sichtbaren Wellenlängenbereich“, erklären die Forscher. „Natriumchlorid ist damit ein wenig wie Geheimtinte: Vor der Bestrahlung sieht man es nicht, aber danach ist die Farbe nicht zu übersehen.“
Weil das Oberflächeneis von Europa ständig von Strahlung und Teilchen getroffen wird, müssten diese Signaturen nachweisbar sein – falls Kochsalz vorhanden ist. Und tatsächlich: Als Trumbo und ihr Team die Hubble-Spektren auswerteten, zeigte sich die charakteristische Signatur von Natriumchlorid. „Wir beobachten eine breite Absorption nahe 450 Nanometern, die gut mit der Absorption von bestrahltem Natriumchlorid übereinstimmt“, berichten die Wissenschaftler. Demnach muss das es auf dem Jupitermond Europa Kochsalz geben.
Gelbe Flecken und hydrothermale Quellen
Interessant auch: Die Kochsalz-Signatur ist nicht gleichmäßig auf dem Jupitermond verteilt, sondern konzentriert sich überall dort, wo die Eiskruste besonders jung ist. Besonders reichlich kommt das Natriumchlorid in der Tara-Region der führenden Halbkugel von Europa vor, wie die Forscher berichten. In diesem Gebiet erscheint die Eisoberfläche auffallend gelblich – eine Färbung, die von dem durch Bestrahlung veränderten Kochsalz stammen könnte.
Nach Ansicht von Trumbo und ihrem Team spricht diese Verteilung dafür, dass das Natriumchlorid auch im subglazialen Ozean vorhanden ist und mit aufsteigendem Wasserdampf und jungem Eis an die Oberfläche gelangt ist. „Die Präsenz von Natriumchlorid könnte ein Indiz dafür sein, dass der Grund von Europas Ozean hydrothermal aktiv ist“, sagt Trumbo. „Das würde Europa zu einem geologisch noch spannenderen Himmelskörper machen als ohnehin schon angenommen.“
Leben unterm Eis?
Besonders spannend aber sind die neuen Erkenntnisse im Hinblick auf mögliches außerirdisches Leben auf Europa. Denn mit dem durch Natriumchlorid salzigen Meer und den hydrothermalen Schloten am Meeresgrund ähnelt der subglaziale Ozean des Jupitermondes den Urmeeren auf der Erde. Auf unserem Planeten könnte an solchen heißen, unterseeischen Quellen das erste Leben entstanden sein.
Die Parallelen wecken daher die Hoffnung, dass vielleicht auch unter der Eiskruste von Europa einfache Organismen leben könnten. Künftige Raumsonden, die auf dem Jupitermond landen sollen, könnte diese Frage klären. (Science Advances, 2019; doi: 10.1126/sciadv.aaw7123)
Quelle: California Institute of Technology