Sonnensystem

Komet „Chury“ erreicht sonnennächsten Punkt

Perihel-Passage bringt einen Höhepunkt der Rosetta-Mission

Immer aktiver: Komet Churyumov-Gerasimenko mit Gas- und Staubfontänen am 9. Juli 2015. © ESA/Rosetta/Navcam

Höhepunkt für die Rosetta-Mission: Heute früh um vier Uhr hat der Komet Churyumov-Gerasimenko den sonnennächsten Punkt seiner Bahn passiert. Seine Oberfläche heizt sich dabei auf bis zu 80 Grad auf und verdampft. Schon in den letzten Tagen registrierte Raumsonde Rosetta gewaltige Gasfontänen. Landesonde Philae steht jedoch schattig genug, um diese Passage zu überstehen.

Schon in den letzten Wochen und Monaten wurde der Komet Komet Churyumov-Gerasimenko sichtbar aktiver. Je näher er der Sonne kam, desto mehr Staubfontänen registrierte die Rosettasonde – rätselhafterweise sogar auf der Nachtseite des eisigen Brockens. Auch kreisrunde Löcher und organische Moleküle fanden die Sonden.

„Sommerhitze“ von bis zu 80 Grad

Am 13. August 2015 um 04:03 Uhr unserer Zeit hat der Komet nun seinen sonnennächsten Punkt passiert. „Aber selbst wenn der Komet der Sonne am nächsten ist, hat er noch einen Abstand von über 185 Millionen Kilometer zu ihr, befindet sich also zwischen den Bahnen von Erde und Mars“, erläutert Ekkehard Kührt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Trotzdem wird es auf dem Kometen wegen der fehlenden Atmosphäre heißer werden als auf der Erde: „Die maximale Temperatur von Churyumov-Gerasimenko, die jahreszeitlich bedingt zurzeit in den südlichen Breiten auftritt, wird bei rund 80 Grad Celsius liegen“, so Kührt. Da bringt es die Erde im amerikanischen Death Valley auf einen Hitzerekord von gerade einmal 56,7 Grad Celsius.

Diesen heftigen Gasausbruch fotografierte Rosetta am 11. August 2015. © ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/ IAA/SSO/INTA/UPM/ DASP/IDA

Gewaltige Gasausbrüche

Diese Hitze bleibt für den Kometen nicht ohne Folgen: Er verliert kräftig an Masse. Einige hundert Kilogramm Kometenmaterial verschwinden jetzt pro Sekunde im All. Durch die Wärme verdampfen die gefrorenen Bestandteile und reißen einigen Kometenstaub mit sich. Der Sonnenwind zerrt zudem mit rund 400 Kilometern pro Sekunde am Kometen trägt dazu bei, das Material ins All hinaus zu wehen.

Den bisher gewaltigsten Gasausstrom zeichnete die OSIRIS-Kamera der Rosetta-Sonde am 29. Juli 2015 auf. Der Gasausbruch schleuderte Kometenmaterial mit hoher Geschwindigkeit in den Weltraum. Durch diesen Gasjet veränderte sich auch die Zusammensetzung der Koma, der Hülle aus Staub und Gas rund um den Kometen: Messungen registrierten die zweifache Menge Kohlendioxid, die vierfache Menge Methan und die siebenfache Menge Schwefelwasserstoff gegenüber Werten zwei Tage früher. Sogar das Magnetfeld des Sonnenwindes wurde durch diesen gewaltigen „Jet“ für einige Minuten zurückgedrängt.

Simulation der Plasmainteraktionen zwischen "Chury" und dem Sonnenwind beim Perihel © TU Braunschweig/ DLR; Visualisierung: Zuse-Institut Berlin

Könnte „Chury“ zerreißen?

„Vermutlich wird die Aktivität des Kometen in den Tagen nach dem Perihel noch etwas zunehmen“, sagt Kührt. Zumindest wurde dies bei früheren Periheldurchgängen von Churyumov-Gerasimenko und bei anderen Kometen häufig beobachtet. „Es ist jetzt spannend zu sehen, wie sie sich in den nächsten Tagen und Wochen entwickeln wird“, so der Kometenforscher.

Aber auch wenn Churyumov-Gerasimenko kräftig an Masse verliert – die Gefahr, dass er dabei zerstört wird, besteht den Forschern zufolge nicht. Denn der Komet ist zu weit von der Sonne entfernt, um von ihren Gezeitenkräften zerrissen zu werden. Bei anderen Kometen ist dies durchaus schon passiert, darunter auch dem Kometen ISON, der Ende November 2013 die Sonne passierte.

„Blinde“ Befehle an Philae

Die Landesonde Philae ist auf der Kometenoberfläche mit zum sonnennächsten Punkt gereist. Doch ihr wird es während des Perihels wahrscheinlich nicht zu warm: An seinem Standort Abydos steht Philae schattig und kühl. „Lander und Instrumente können mindestens 50 Grad Celsius aushalten“, erklärt DLR-Ingenieur Koen Geurts. „Und diese Temperatur wird an Abydos nicht überschritten werden.“

Nach wie vor antwortet der Lander nicht, obwohl er seit Anfang Juli eigentlich wieder wach ist und sich sogar gemeldet hatte. Damit Philae auch ohne Kontakt mit der Arbeit beginnt, haben die DLR-Ingenieure wichtige Befehle „blind“ – ohne eine Empfangsbestätigung – an den Lander geschickt. Hat er diese Kommandos empfangen und führt sie aus, dann könnte er diese Daten beim nächsten Kontakt übermitteln.

Im Moment ist dies allerdings eher schwierig, denn wegen der hohen Aktivität von Churyumov-Gerasimenko hält die Raumsonde Rosetta einen Sicherheitsabstand von 300 Kilometern zu „ihrem“ Kometen. Die Staubpartikel irritieren die Sternsensoren des Orbiters und verursachen Probleme bei der Navigation. „Bei manchen Instrumenten wie der Kamera OSIRIS wäre es schön, wenn man dichter heranfliegen könnte“, so Kührt. Doch in diesem Fall geben der ausgasende Komet und das damit verbundene Risiko für Orbiter Rosetta den Abstand vor.

(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 13.08.2015 – NPO)

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