Alkoholfahne im Weltall: Der Komet Lovejoy hat bei seinem Vorbeiflug an der Sonne im Januar große Mengen Alkohol und andere komplexe Moleküle ausgestoßen. Insgesamt 21 organische Verbindungen haben Wissenschaftler in der Gashülle des Kometen entdeckt. Dieses Ergebnis stützt die Annahme, dass mit einschlagenden Kometen einst auch die Ausgangsmaterialien für Leben auf die Erde gelangt sein können, schreiben die Forscher im Journal „Science Advances“.
Kometen sind eingefrorene Überreste aus den Anfangstagen unseres Sonnensystems. Das macht sie für Wissenschaftler besonders attraktiv: Die Brocken aus Eis und Staub geben Hinweise darauf, aus welchen Ausgangsmaterialien Planeten wie die Erde entstanden sind. Eine wahre Fundgrube in jüngerer Zeit war der Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko, auf dem die ESA-Sonde Rosetta und die Landeeinheit Philae bereits neben Wassereis und Staub auch komplexe organische Moleküle aufgespürt hatten.
Pro Sekunde 500 Flaschen Wein
Während Rosetta fern der Erde um „ihren“ Kometen kreist, war der Komet Lovejoy im Januar dieses Jahres sogar mit bloßem Auge zu sehen. Er war einer der hellsten und aktivsten Kometen seit Hale-Bopp im Jahr 1997. Auch die von diesem Kometen verdampfenden Gase waren für die Wissenschaftler hochinteressant: Das Sonnenlicht regt eventuell in der Atmosphäre des Kometen vorhandene Moleküle an und bringt sie dazu, eine spezifische Signatur im Mikrowellenbereich abzustrahlen.
Forscher um Nicolas Biver vom Pariser Observatorium haben die Gashülle von Lovejoy während seiner dichtesten Annäherung an die Sonne auf solche spektralen Signaturen hin untersucht. Und sie wurden fündig: „Wir haben entdeckt, dass Lovejoy während seiner größten Aktivität jede Sekund so viel Alkohol wie in 500 Flaschen Wein freigesetzt hat“, sagt Biver. Neben Alkohol fanden die Forscher noch 20 weitere organische Substanzen, darunter den einfachen Zucker Glykolaldehyd.
Vorstufen von Lebensbausteinen
„Dieses Ergebnis fördert definitiv den Ansatz, dass Kometen sehr komplexe Chemikalien mit sich herumtragen“, betont Koautorin Stefanie Milam vom Goddard Space Flight Center der NASA. Damit kommen Kometen auch als Lieferanten für die ersten Bausteine des Lebens auf der Erde in Frage. Denn vor etwa 3,8 Milliarden Jahren regnete ein wahres Dauerfeuer solcher Brocken aus dem All auf die Erde nieder, und brachten dabei auch die komplexen Moleküle mit sich.
„Wir finden Moleküle mit mehreren Kohlenstoff-Atomen“, sagt Milam. Unter diesen molekülen befinden sich Vorstufen von Zuckern, Aminosäuren und Nukleobasen – den nötigen Bausteinen für Proteine und DNA. „Diese können sich wesentlich leichter bilden, als wenn man mit Molekülen aus nur zwei oder drei Atomen beginnt“, so Miram weiter.
Der Ursprung dieser organischen Bausteine ist jedoch noch unklar: Es könnte sein, dass die komplexen Moleküle bereits in der Staub- und Gaswolken vorhanden waren, aus der das Sonnensystem einst hervorging. Es ist jedoch auch möglich, dass sie erst später in der protoplanetaren Scheibe des Sonnensytems entstanden, beispielsweise unter dem Einfluss von kosmischer Strahlung und Sonnenlicht. Diese Frage wollen die Forscher in zukünftigen Untersuchungen beantworten. (Science Advances, 2015; doi: 10.1126/sciadv.1500863)
(NASA / Goddard Space Flight Center, 26.10.2015 – AKR)