Messung durch Cepheiden-Parallaxen
Jetzt haben Riess und seine Kollegen mithilfe des Hubble-Weltraumteleskops die bisher genaueste Messung der aktuellen kosmischen Expansion durchgeführt. Dafür beobachteten sie die Position mehrerer Cepheiden in 6.000 bis 12.000 Lichtjahren Entfernung. Das Teleskop maß vier Jahre lang alle sechs Monate die Position dieser Sterne – und das tausendmal in der Minute. Das erlaubt eine besonders präzise Bestimmung.

So haben die Astronomen die Expansionsrate gemessen © NASA/ESA, A. Feild (STScI) und A. Riess (STScI/JHU)
Das Entscheidende dabei: Die Forscher berechneten die Entfernung der Cepheiden nicht nur wie üblich über deren Flackerrate, sondern bestimmten zusätzlich die Parallaxenverschiebung dieser Sterne – ein scheinbares Hin- und Herwandern der Cepheiden vor dem Sternenhintergrund. Diese Verschiebung entsteht, weil die Erde auf ihrem Weg um die Sonne ihre Position verändert und damit auch die Perspektive, aus der Teleskope auf der Erde oder im Erdorbit Sterne sehen.
Unterschied bestätigt
Das Ergebnis ist die bisher präziseste Messung der komischen Expansion – und eine Bestätigung der Diskrepanzen. Die Astronomen kamen für die Hubble-Konstante auf einen Wert von 73,45 Kilometer pro Sekunde pro Megaparsec. Auch ihre Messung bestätigt damit, dass sich das Universum aktuell schneller ausdehnt als es nach den Werten der Hintergrundstrahlung dürfte. Wie die Forscher berichten, liegen rund neun Prozent Differenz zwischen beiden Werten.
„Damit wird es immer wahrscheinlicher, dass dies kein Fehler ist, sondern ein echtes Merkmal des Universums“, konstatiert Riess. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Diskrepanzen nur Zufall sind, habe sich durch die neuen Messungen auf 1 zu 5.000 reduziert. „Beide Werte sind zudem mehrfach überprüft worden, was einen grundsätzlichen Fehler der Methodik oder Messungen unwahrscheinlicher macht“, so der Forscher.
Suche nach einer Erklärung
Was aber bedeutet dies für unser Bild des Kosmos? Noch wissen auch die Astronomen nicht, warum sich das Universum heute schneller ausdehnt als es dürfte. Eine mögliche Erklärung wäre, dass die physikalischen Rahmenbedingungen im Kosmos weniger konstant sind als bisher angenommen. SO könnte es beispielsweise sein, dass sich die Wirkung der Dunklen Energie seit der Frühzeit des Kosmos verändert hat.
Möglich wäre auch, dass bisher noch unbekannte Teilchen die Ausdehnung des Universums beeinflussen. Das könnten die schon seit langem gesuchten Teilchen der Dunklen Materie sein, aber auch bisher rein hypothetische Partikel wie die sterilen Neutrinos. Einige Astronomen spekulieren auch darüber, ob die Dunkle Materie vielleicht stärker mit normaler Materie oder Strahlung wechselwirkt als bisher angenommen.
Noch gibt es hier mehr Fragen als Antworten. Astronomen können bisher nur raten, was hinter diesen seltsamen Diskrepanzen bei der kosmischen Expansion steckt – konkrete Hinweise gibt es nicht. Sie hoffen nun, dass zukünftige, noch genauere Messungen vielleicht mehr Klarheit bringen werden. „Diese Präzision könnte helfen, die Ursache dieser Diskrepanz zu finden“, sagt Riess‘ Kollege Stefano Casertano. (The Astrophysical Journal, in press)
(NASA/ Goddard Space Flight Center, 23.02.2018 – NPO)
23. Februar 2018