Ein Gammastrahlenausbruch schleudert Materie mit der nahezu unvorstellbaren Geschwindigkeit von 99,999 Prozent der Lichtgeschwindigkeit durch den Weltraum. Das haben Astronomen jetzt erstmals mithilfe eines Roboterteleskops nachgewiesen. Die kosmischen Explosionen kommen damit der maximal in unserem Universum erreichbaren Geschwindigkeit extrem nahe.
Gammastrahlenausbrüche, auch Gamma-ray Bursts (GRB) genannt, sind gewaltige Explosionen, die sich bei dem Tod eines Sterns in einer entfernten Galaxie ereignen. Sie sind so lichtstark, dass sie für wenige Sekunden nahezu alles andere im Kosmos überstrahlen. Schon seit längerem vermuten Astronomen, dass diese Ausbrüche um in einer so kurzen Zeit eine solche Energie freizusetzen, Material mit einer Geschwindigkeit sehr nahe der Lichtgeschwindigkeit von rund 300.000 Kilometern pro Sekunde ausstrahlen müssen.
Helligkeitsentwicklung als Messlatte
Jetzt haben Astronomen am LaSilla Observatorium der Europäischen Südsternwarte (ESO) erstmals die genaue Geschwindigkeit zweier Gammastrahlenausbrüche gemessen, indem sie die Helligkeitsentwicklung des „Nachglühens“ erfassten. Dieses Nachglühen erfolgt im Gegensatz zur unsichtbaren Gammastrahlenexplosion im Nahinfraroten und im sichtbaren Strahlungsbereich. Das 60 Zentimeter-Rapid-Eye Mount (REM) Teleskop der ESO in LaSilla ist speziell darauf ausgelegt, GRBs zu beobachten und ihre Entwicklung automatisiert zu verfolgen.
„Mit der Entwicklung von schnell schwenkbaren bodenbasierten Teleskopen wie dem REM-Teleskop in LaSilla können wie die entscheidenden allerersten Augenblicke dieser kosmischen Katastrophen in großer Genauigkeit untersuchen“, erklärt Emilio Molinari, Leiter des ESO-Astronomenteams. Der Beobachtungssatellit Swift hatte am 18. April sowie am 7. Juni 2006 zwei helle, 9,3 und 11,5 Milliarden Lichtjahre entfernte Gammastrahlenausbrüche registriert und diese Information binnen Sekunden an das REM-Teleskop weitergeleitet. Dieses begann daraufhin sofort mit seinen Messungen der Helligkeitsentwicklung.
Nur drei Millionstel langsamer als das Licht
Bei beiden Ereignissen zeigte die Lichtkurve ein typisches Bild mit einem starken Anstieg der Helligkeit zu einem Peak, dann einem allmählichen Abfall. Aus den genauen Zeitabläufen dieser Veränderungen ermittelten die Astronomen anschließend die Geschwindigkeit, mit der das Material bei beiden Explosionen ausgeschleudert worden sein musste. Für beide lag diese mit 99,9997 Prozent sehr nahe an der Lichtgeschwindigkeit.
„Die Materie bewegt sich folglich mit einer Geschwindigkeit, die nur um drei Millionstel unter der Lichtgeschwindigkeit liegt“, erklärt Stefano Covino, Koautor der Studie. „Während einzelne Partikel im Universum auf noch höhere Geschwindigkeiten beschleunigt werden können muss man sich klarmachen, dass im aktuellen Fall Materie von ungefähr der 200-fachen Erdmasse mit dieser unvorstellbaren Geschwindigkeit bewegt wird.“
Die nächste zu beantwortende Frage ist nach Ansicht der Forscher nun, welcher Mechanismus oder “Motor” solche enormen Geschwindigkeiten erzeugen kann.
(ESO, 13.06.2007 – NPO)