Astronomen haben eine gigantische, bisher unbekannte Galaxienansammlung entdeckt, mehr als sieben Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt. Damit ist dies die erste Beobachtung einer solchen komplexeren Struktur im entfernten und damit jungen Kosmos. Sie liefert wertvolle Einblicke in die Materieverteilung im Universum und das in Theorien postulierte „kosmische Netz“ aus Materiefilamenten.
„Materie ist im Universum nicht gleichmäßig verteilt”, erklärt Masayuki Tanaka von der Europäischen Südsternwarte ESO. „In unserer kosmischen Nachbarschaft bilden Sterne Galaxien und Galaxien bilden Gruppen und Cluster von Galaxien. Die am breitesten akzeptierten kosmologischen Theorien sagen voraus, dass Materie auch in noch größerem Maßstab klumpt, dem so genannten kosmischen Netz, in den Galaxien in Filamente eingebettet sind, die eine gigantische aber dünne Struktur bilden.“
Filamente als Skelett des Universums
Diese Millionen von Lichtjahren langen Filamente könnten gewissermaßen das „Skelett“ des Universums bilden. Bisher allerdings konnte solche ausgedehnten fädigen Strukturen nur in unserer näheren Nachbarschaft nachgewiesen werden, nicht aber in größerer Entfernung. Der Beleg darüber, dass sie wirklich im gesamten Universum existieren stand damit noch aus.
Jetzt hat ein Astronomenteam unter Leitung von Tanaka erstmals eine solche Struktur an einem 6,7 Milliarden Lichtjahre entfernten Cluster von Galaxien identifiziert. Mit Hilfe zweier großer erdgestützter Teleskope und ihrer Instrumente, dem VIMOS-Instrument des Very Large Telescope der ESO in Chile und dem FOCAS-Sensor des Subaru Teleskops in Japan konnten die Astronomen die Entfernungen von 150 Galaxien in dieser Region genau vermessen und damit ein dreidimensionales Bild dieses Filaments gewinnen.
Komplexe Struktur aus Nebengruppen und Hauptcluster
Die Struktur erstreckt sich über mindestens 60 Millionen Lichtjahre, möglicherweise noch weiter. In ihr liegen mehrere Galaxiengruppen um einen Hauptcluster herum. Jede dieser Gruppen ist zehnfach massereicher als unsere Milchstraße, der Cluster enthält sogar die tausendfache Masse. Einige dieser randständigen Klumpen, so schätzen die Astronomen, werden im Laufe der Zeit durch die Anziehungskraft des großen Clusters in diesen hineinfallen.
„Dies ist das erste Mal, dass wir eine so umfangreiche und prominente Struktur im fernen Universum beobachtet haben“, so Tanaka. „Wir können nun von der reinen Demografie zur Soziologie kommen und untersuchen, wie die Eigenschaften dieser Galaxien von ihrer Umgebung abhängen – und dies zu einer Zeit, in der das Universum nur zwei Drittel seines heutigen Alters hatte.“
(ESO, 04.11.2009 – NPO)