Der längste bisher im Sonnensystem beobachtete Gewittersturm spielt sich seit Januar 2009 auf dem Saturn ab. Das hat ein internationales Astronomenteam mit Hilfe der Raumsonde Cassini festgestellt. Die Saturnstürme sind nicht nur besonders heftig, sie strahlen auch starke Radiowellen ab, die Aufschluss über die Eigenschaften der äußeren Atmosphärenschichten geben.
Der Gasriese Saturn ist alles andere als ein ruhiger Ort: In seiner Atmosphäre toben ständig gewaltige Stürme. Einige von ihnen sind ortsfest, wie beispielsweise die großen Wirbel am Nord- und Südpol. Andere tauchen in fast regelmäßigen Abständen auf und verschwinden nach einiger Zeit wieder. Eine Besonderheit sind die Gewitterstürme, Stürme, die intensive Entladungen in der Atmosphäre auslösen. Die NASA-Sonde Cassini, die seit mehreren Jahren im Saturnsystem kreist, dient den Astronomen für diese Gewitterstürme seit längerem als „kosmische Wetterstation“.
Längster Gewittersturm tobt seit neun Monaten
Im Rahmen des zurzeit in Potsdam stattfindenden Europäischen Planetenforscherkongresses berichtet Georg Fischer von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften heute von einem neuen Rekord des Gasplaneten Saturn und seinen Stürmen: Der jüngste von Cassini überwachte Sturm dauert seit Januar 2009 an und ist damit der längste kontinuierlich beobachtete Gewittersturm im Sonnensystem. Er übertrifft damit auch den bisherigen Rekordhalter, einen siebeneinhalb Monate, vom November 2007 bis Juli 2008 andauernden Sturm.
Rätsel der „Storm Alley“
Typischerweise ereignen sich die Gewitter auf dem Saturn in einer Region rund 35 Grad südlich des Äquators. Sie wurde von den Forschern “Storm Alley” getauft. „Der Grund, warum wir an genau dieser Stelle Blitze sehen ist noch nicht völlig geklärt“, erklärt Fischer. „Es könnte sein, dass dieser Breitengrad eine der wenigen Orte in der Saturnatmosphäre ist, in denen eine vertikale Konvektion von Wasserwolken in großem Maßstab möglich ist.“ Auf der Erde entstehen Gewitterwolken dann, wenn feuchte Luft sehr schnell in große Höhen aufsteigt und sich dann innerhalb der hochaufgetürmten Wolke und zwischen Wolke und Erdboden Ladungsdifferenzen bilden.
„Es könnte aber auch ein saisonaler Effekt sein“, so Fischer. „Die Voyager-Sonde hat damals Gewitterstürme nahe des Äquators beobachtet. Jetzt, wo der Saturn sein Äquinox am 11. August passiert hat, könnten wir daher auch Zeugen werden, wie sich die Stürme allmählich wieder in äquatoriale Breiten zurückverlagern.”
Radiosignale 10.000-fach stärker als auf der Erde
„Diese Gewitterstürme sind nicht nur wegen ihrer Kraft und Langlebigkeit erstaunlich, die Radiowellen, die sie emittieren, sind zudem nützlich bei der Erkundung der Ionosphäre des Saturn, der Schicht geladener Teilchen, die sich ein paar tausend Kilometer über den Wolkengipfeln des Planeten befindet“, erklärt Fischer. „Die Radiowellen müssen die Ionosphäre durchdringen bevor sie zu Cassini gelangen und agieren dadurch als natürliches Werkzeug um die Struktur dieser Schicht und das Ausmaß der Ionisierung zu ermitteln.“
Diese Radiowellen sind es auch, mit deren Hilfe die Astroomen die Gewitterstürme überhaupt orten. Die Cassini-Sonde hat ein so genanntes „Radio and Plasma Wave Science” (RPWS) Instrument an Bord, das diese von den Stürmen stammenden Radiosignale einfängt und auswertet. Diese Radiowellen sind ungefähr 10.000 Mal stärker als ihr irdischer Gegenpart und stammen von Riesenstürmen mit Durchmessern von rund 3.000 Kilometern.
Die jüngsten Messungen des RPWS-Instruments haben inzwischen gezeigt, dass die Ionisierung der hohen Atmosphäre auf der Tagseite des Planeten rund 100 Mal höher ist als auch der Nachtseite. Dies bestätigt vorherigen theoretische Annahmen und Studien.
(Europlanet Research Infrastructure (RI), 15.09.2009 – NPO)