Bilanz des Himmelslichts: Astronomen haben erstmals die Lichtmenge gemessen, die seit Bildung der ersten Sterne im Universum freiwurde. Demnach haben alle jemals existierenden Sterne zusammen in den letzten rund 13 Milliarden Jahren etwa 4 x 1084 Photonen ausgestrahlt. Am meisten neue Sterne leuchteten dabei rund zwei Milliarden Jahren nach dem Urknall auf, wie die Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten.
„Weißt Du wie viel Sternlein stehen?“ Diese Frage stellt sich nicht nur im Kinderlied, denn die Sternenzahl und vor allem die Intensität der Sternbildung im Laufe der Zeit liefern wichtige Informationen über die Geschichte unseres Universums – und über seine Zukunft. Doch die Sternenzahl zu ermitteln, ist alles andere als einfach: „Nicht einmal die leistungsstärksten Teleskope können alle Galaxien in einem Himmelsausschnitt detektieren“, erklären Marco Ajello und seine Kollegen von der Fermi-LAT-Kollaboration.
Kosmischer Lichtnebel
Was also tun? Eine Lösung bietet das extragalaktische Hintergrundlicht (EBL). Dieser diffuse Strahlungsnebel aus UV-Strahlung, sichtbarem Licht und Infrarot durchzieht das gesamte Universum. Das Interessante daran: „Sternenlicht, das aus Galaxien entweicht, geht nicht verloren, sondern wird Teil dieses extragalaktischen Hintergrundlichts“, erklären die Astronomen. „In ihm ist alles Licht enthalten, das während der Lebenszeit des Universums von verschiedenen Quellen produziert wurde.“
Allerdings: Auch dieses Hintergrundlicht lässt sich nur schwer direkt messen. „Helle Vordergrundquellen wie das Zodiakallicht machen solche Messungen sehr schwierig“, erklärt Ajellos Kollege Abhishek Desai. Trotz jahrzehntelanger Versuche ist es daher bis jetzt nicht gelungen, die Lichtmenge des kosmischen Strahlungsnebels genauer einzugrenzen.
Gammastrahlen-Absorption verrät Lichtmenge
Nun jedoch haben Ajello und sein Team einen anderen Ansatz gefunden: Wenn Gammastrahlen ferner Quellen den kosmischen Strahlungsnebel passieren, werden sie teilweise absorbiert – je mehr Licht vorhanden ist, desto größer ist diese Absorption. „Indem wir messen, wie viele Gammaphotonen absorbiert wurden, können wir ermitteln, wie dicht der Strahlungsnebel ist und damit auch, wie viel Licht es zu verschiedenen Zeiten gab“, so Ajello.
Möglich wurde diese Messung mit dem Gammastrahlen-Teleskop Fermi. Aus den Daten von neun Jahren Beobachtungszeit wählten die Astronomen 739 Blazare als Gammastrahlenquellen aus – massereiche Schwarze Löcher, die stark gebündelte Gammastrahlen-Jets in unsere Richtung senden. „Indem wir dabei Blazare in verschiedenen Entfernungen nutzten, konnten wir die Menge des Sternenlichts in verschiedenen Epochen des Universums messen“, erklärt Ajello.
Eine Zahl mit 84 Nullen
Das Ergebnis: Seit der Zeit vor rund 13 Milliarden Jahren haben alle Sterne des Universums zusammen die enorme Lichtmenge von 4 x 1084 Photonen freigesetzt – das entspricht einer Vier mit 84 Nullen. „Zum ersten Mal haben wir damit gemessen, wie viel Sternenlicht jemals emittiert wurde – das hat zuvor noch niemand geschafft“, sagt Ajello.
Die Messungen zeigen aber auch, wie sich die Lichtmenge im Kosmos – und damit auch die Sternenzahl – im Laufe der Zeit verändert hat. Demnach erlebte die Sternbildung rund zwei Milliarden Jahre nach dem Urknall einen Höhepunkt. Seither nimmt die Zahl neuer Sterne langsam, aber stetig immer weiter ab. Dieser Verlauf stimmt mit bisherigen Annahmen und Messungen in einzelnen Zeitperioden überein, wie die Astronomen berichten.
„Der Motor des Universums“
Mit der Bestimmung des kosmischen Hintergrundlichts haben Ajello und das Fermi-LAT-Team einen wichtigen astronomischen Fortschritt erreicht. Denn ihre Messungen tragen dazu bei, die Geschichte unseres Universums besser zu verstehen. „Die Sternbildung ist ein gewaltiger kosmischer Recycling-Kreislauf von Energie, Materie und schweren Elementen“, erklärt Koautor Dieter Hartmann. Es ist der Motor des Universums.“ (Science, 2018; doi: 10.1126/science.aat8123)
(Clemson University, 30.11.2018 – NPO)