Zum ersten Mal haben Astronomen die Galaxien ausfindig gemacht, in denen wahrscheinlich die meisten Sterne des frühen Kosmos entstanden: Ferne, sehr lichtschwache Strukturen, die 100 Mal häufiger sind als helle massereiche Galaxien, aber die zuvor für Teleskope nicht sichtbar waren. Eine Gravitationslinse kam dem Weltraumteleskop Hubble nun zu Hilfe, so dass es 58 dieser jungen, kleinen Sternansammlungen abbilden konnte.
Schon seit langem vermuten Astronomen, dass es im fernen Universum noch weit mehr Galaxien geben muss, als die hellen, massereichen bisher bekannten Vertreter. Denn die meisten Sterne des frühen Kosmos entstanden wahrscheinlich in eher kleinen Galaxien – Strukturen, die zu lichtschwach und zu weit entfernt sind, um für Teleskope sichtbar zu sein. Selbst die scharfen Augen des Weltraumteleskops Hubble konnten diese Winzlinge bei Durchmusterungen des fernen Kosmos bisher nicht ausfindig machen.
„Es hat uns schon lange Sorgen gemacht, dass wir nur die hellsten der fernen Galaxien sehen konnten“, erklärt Studienleiter Brian Siana von der University of California in Riverside. Denn diese sind nur die Spitze des Eisbergs. Forscher schätzen, dass kleinere Sternansammlungen im frühen Universum rund hundertmal häufiger gewesen sein müssen als massereichere. Doch weil sie auch hundertmal lichtschwächer sind als ihre größeren Vettern, blieben sie bisher unsichtbar.
Gravitationslinse hilft Hubble
Jetzt aber ist dem Weltraumteleskop Hubble ein komisches Phänomen zu Hilfe gekommen. Der massereiche Galaxiencluster Abell 1689 liegt so günstig vor dem fernen kosmischen Hintergrund, dass er wie eine Linse wirkt: Seine Gravitation verzerrt und verstärkt das Licht ferner, hinter ihm liegender Galaxien – darunter auch das von zuvor verborgenen. 58 junge, kleine Galaxien in zehn Milliarden Lichtjahren Entfernung erspähte Hubble auf diese Weise.
Im Bild erscheinen sie als kleine, unregelmäßig geformte Objekte, die jeweils nur einige tausend Lichtjahre groß sind. „Jetzt bekommen wir erstmals eine Ahnung über die Größe dieser Objekte, weil die Gravitationslinse sie ausreichend vergrößert, um sie messen zu können“, erklärt Sianas Kollege Anahita Alavi. Diese frühen Kleingalaxien erreichten demnach vermutlich selbst in Zeiten ihrer größten Ausdehnung nur rund ein Zehntel oder Hunderstel der Größe unserer Milchstraße. Weil in ihnen die Sternenbildung auf Hochtouren läuft, wird ihr Licht von kurzwelligem UV-Licht dominiert.
Sollte dieser Blick in den frühen Kosmos vor zehn Milliarden Jahren repräsentativ sein, dann könnte die Mehrheit aller Sterne damals in solchen kleinen Galaxien entstanden sein. „Obwohl diese Galaxien sehr lichtschwach sind, macht ihre hohe Zahl es wahrscheinlich, dass sie die hauptsächlichen Sternenwiegen jener Zeit waren“, erklärt Alavi.
Zentren der Reionisierung?
Die intensive Strahlung dieser jungen Sterne könnte auch eine entscheidende Rolle in der sogenannten Reionisierung des Universums gespielt haben. Vor rund 13 Milliarden Jahren sorgte diese Strahlung dafür, dass Gase ionisiert und der bis dahin trübe Kosmos dadurch transparent wurden. „Obwohl die Galaxien in unserem Himmelsausschnitt ein paar Milliarden Jahre nach der Reionisierung existierten, nimmt man an, dass Galaxien wie diese oder vielleicht sogar bereits einige dieser Galaxien eine wichtige Rolle für die Reionisierung spielten“, sagt Siana.
Einen näheren Blick auf diese frühen Kleingalaxien könnte ab 2018 das NASA-Weltraumteleskop James Webb werfen. Sein Infrarotauge und Spektroskop kann das schwache Licht dieser fernen Galaxien aufspalten und so mehr über Prozesse in diesen Sternenansammlungen verraten.
(NASA/ STScI, 08.01.2014 – NPO)