Astronomie

Milchstraße: Schwarzes Loch rotiert schnell

Neue Messungen grenzen Rotationsrate von Sagittarius A* ein – sie ist höher als gedacht

SChwarzes Loch
Ob und wie schnell sich das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße um sich selbst dreht, ist bisher strittig. © NASA/CXC/M.Weiss

Rapider Spin: Das zentrale Schwarze Loch der Milchstraße dreht sich offenbar doch ziemlich schnell – schnell genug, um beim Aktivwerden gewaltige Jets zu erzeugen, wie Astronomen ermittelt haben. Demnach rotiert Sagittarius A* mit rund 60 Prozent der maximal möglichen Geschwindigkeit eines supermassereichen Schwarzen Lochs seiner Größe. Dies verrät, dass unser Schwarzes Loch starke Jets aus Strahlung und schnellen Teilchen erzeugen kann, wenn es Materie verschlingt. Momentan ist Sagittarius A* zwar inaktiv, das aber könnte sich ändern.

Im Herzen der Milchstraße liegt ein gut vier Millionen Sonnenmassen schweres Schwarzes Loch – Sagittarius A*. Obwohl seine Schwerkraft das Verhalten von Sternen und der gesamten Galaxie prägt, ist das Schwarze Loch momentan eher inaktiv. Das erschwert es Astronomen, zu bestimmen, ob und wie schnell sich Sagittarus A* um sich selbst dreht. Dieser Spin beeinflusst jedoch die dynamische Masse eines Schwarzen Lochs, die Form der Raumzeit in seiner Umgebung und seine Fähigkeit, im aktiven Zustand einen Jet aus energiereicher Strahlung und schnellen Teilchen zu produzieren.

Sagittarius A*
Weil das Schwarze Loch Sagittarius A* inaktiv ist, bleibt es unsichtbar. Das erschwert auch die Messung seiner Eigendrehung. © NASA/CXC, Univ. of Wisconsin/Y.Bai, et al.

Rotationsmessung mit Radio- und Röntgendaten

„Ein rotierendes Schwarzes Loch ist wie eine Rakete auf der Startrampe: Sobald Material in Reichweite kommt, erhält es Treibstoff und zündet“, erklärt Koautor Biny Sebastian von der University of Manitoba. Bisher ist jedoch strittig, ob und wie schnell Sagittarius A* rotiert – die an der Bewegung naher Sterne oder mittels Modellen ermittelten Schätzwerte reichen von gar nicht über sehr langsam bis zu maximal schnell.

Jetzt hat ein Team um Ruth Daly von der Pennsylvania State University den Spin des zentralen Schwarzen Lochs der Milchstraße genauer eingegrenzt. Dafür nutzten die Astronomen eine Kombination von gleichzeitig erhobenen Radio- und Röntgendaten. Diese ermöglichen es, die schwachen, Jet-ähnlichen Ausströme von Material und Strahlung zu messen und zu verfolgen, die Sagittarius A* trotz seiner geringen Aktivität produziert. Auch das Verhalten der Materie am Ereignishorizont lässt sich so beobachten.

60 Prozent des maximal möglichen Spins

Das Ergebnis: „Unsere Daten deutet darauf hin, dass Sagittarius A* sehr schnell rotiert“, berichtet Daly. Konkret ermittelten die Forschenden eine Winkelgeschwindigkeit von rund 60 Prozent des maximal Möglichen – deutlich mehr als in einigen früheren Studien. Den Analysen zufolge besitzt das zentrale Schwarze Loch der Milchstraße demnach das Potenzial, starke Jets zu erzeugen, sobald es „gefüttert“ wird. „Rund 15 Prozent seiner dynamischen Masse kann dann extrahiert werden“, erklären die Astronomen.

Dieses Resultat könnte einige Phänomene im Zentrum unserer Galaxie erklären, die von vergangenen, aktiveren Phasen des zentralen Schwarzen Lochs zeugen – darunter die riesigen Fermi-Blasen aus schnellen Teilchen und Gammastrahlung oder einen abrupten Ausbruch der Sternbildung vor rund einer Milliarde Jahren. „Die von einem rotierenden Schwarzen Loch erzeugten Jets können den Gasnachschub einer ganzen Galaxie nachhaltig prägen und das beeinflusst wiederum, ob sich Sterne bilden und wie viele“, erklärt Koautorin Megan Donahue von der Michigan State University.

Potenzial für starke Jets

Doch der Spin des Schwarzen Lochs liefert auch wertvolle Hinweise darauf, wie sich Sagittarius A* in Zukunft verhalten wird. Denn sobald es neues „Futter“ in Form von Gas oder zu nahe kommenden Sternen erhält, wird das Schwarze Loch im Herzen unserer Galaxie wieder aktiv – und könnte dann weit ins All hinausreichende Jets erzeugen. „Unsere Arbeit zeigt, dass es dann der umgebenden Materie einen unglaublich starken Impuls mitgibt“, erklärt Koautorin Anan Lu von der McGill University in Montreal.

Wann dies passieren wird, können die Astronomen jedoch nicht vorhersagen: „Das kann in tausend Jahren geschehen oder auch in einer Million Jahren, aber auch noch in unserer Lebenszeit“, so Lu. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 2024; doi: 10.1093/mnras/stad3228)

Quelle: Chandra X-ray Center

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