Astronomie

Milchstraße: Strahlenausbruch mit Fernwirkung

Explosion am zentralen Schwarzen Loch ließ sogar extragalaktische Gase aufleuchten

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Den enormen Strahlenausbruch vor 3,5 Millionen Jahren könnte sogar schon unsere frühen Vorfahren am Himmel gesehen haben. © NASA, ESA, G. Cecil (UNC, Chapel Hill) and J. DePasquale (STScI)

Himmlisches Glühen: Vor 3,5 Millionen Jahren ließ eine gewaltige Explosion im Milchstraßenzentrum den Nachthimmel aufleuchten – so hell, dass es auch unsere frühen Vorfahren sahen. Ausgelöst wurde dieser Strahlenausbruch durch den Sturz einer großen Gaswolke ins zentrale Schwarze Loch unserer Galaxie. Er war so heftig, dass er selbst einen 200.000 Lichtjahre entfernten Gasstrom ionisierte, wie Astronomen nun berichten.

Heute ist das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße eher ruhig und inaktiv. Doch schon länger haben Astronomen den Verdacht, dass Sagittarius A* vor einigen Millionen Jahren einen heftigen Ausbruch durchlebt haben muss. Bei dieser Explosion könnten auch die beiden enormen Fermi-Blasen aus Gammastrahlung und heißen Gasen entstanden sein, die beiderseits des galaktischen Zentrums ins All ragen.

Blick in den Magellanschen Strom

Wie stark dieser letzte große Ausbruch war, bestätigen nun neue Beobachtungen eines Gas- und Sternenstroms zwischen der Milchstraße und den benachbarten Magellanschen Wolken. Für ihre Studie hatten Astronomen um Andrew Fox vom Space Telescope Science Institute (STScI) in Baltimore das Licht von 31 fernen Quasaren genutzt, um mithilfe des Hubble-Weltraumteleskops die Zusammensetzung der Gase in diesem Magellanschen Strom zu untersuchen.

„Wenn das Quasarlicht durch das Gas scheint, absorbieren die Atome im Gas das Licht einiger Wellenlängen“, erklärt Fox‘ Kollegin Elaine Frazer. „Daraus können wir Rückschlüsse ziehen über die Zusammensetzung des Gases.“ Konkret nutzten die Forscher diese spektralen Informationen, um die Ionisierung und den Energiegehalt der Gase in verschiedenen Teilen des Magellanschen Stroms zu ermitteln.

Harter Strahlenschub ionisierte Gase

Das Ergebnis: Ein großer Teil des Gases im Magellanschen Strom wurde offenbar durch energiereiche Strahlung stark ionisiert. Diese Ionisierung ist so ausgeprägt, dass diese Strahlung nicht von Sternen oder anderen „normalen“ kosmischen Quellen stammen kann, wie die Forscher berichten. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Strom durch harte Strahlung photoionisiert worden ist“, so Fox und sein Team.

Die naheliegendste Erklärung für einen solchen Strahlenschub sei ein Seyfert-Ausbruch des Schwarzen Lochs im Milchstraßenzentrum. Diese Explosionen ereignen sich, wenn größere Mengen Materie in das zentrale Schwarze Loch stürzen und dabei große Energiemengen in Form von Strahlung freiwerden. „Dabei traf ein Puls ionisierender Strahlung vom galaktischen Zentrum den Gasstrom, als er gerade unter dem südlichen Galaxienpol vorbeizog“, berichten die Forscher.

Strahlenausbruch
Die Explosion im Milchstraßenzentrum war so stark, dass sie selbst das Gas im 200.000 Lichtjahre entfernten Magellanschen Strom ionisierte. © NASA/ESA und L. Hustak (STScI)

„Aufgeleuchtet wie ein Weihnachtsbaum“

Den Astronomen zufolge ereignete sich dieser enorme Ausbruch im Zentrum der Milchstraße vor rund 3,5 Millionen Jahren. Ihren Schätzungen nach müssen damals rund 100.000 Sonnenmassen an Gas ins Schwarze Loch gesaugt worden sein. „Der Strahlenpuls war dabei so stark, dass er sogar den Gasstrom aufleuchten ließ wie einen Weihnachtsbaum – es war ein wirklich kataklysmisches Ereignis“, sagt Fox. Obwohl der Magellansche Strom 200.000 Lichtjahre vom Schwarzen Loch entfernt war, reichte die Energie der Strahlung aus, um das Gas in ihm zu ionisieren.

Auch von der Erde aus war diese Explosion wahrscheinlich zu sehen: Das Zentrum der Milchstraße könnte bei diesem Ausbruch so stark aufgeleuchtet haben, dass dies auch den Nachthimmel der Erde zum Erglühen brachte. Unsere frühen Vorfahren könnten damals einen hell aufleuchtenden Bereich im Band der Milchstraße und ein über den Himmel verteiltes diffuses Leuchten beobachtet haben.

Leuchten hielt eine Million Jahre an

Nach Schätzungen der Forscher könnte dieses dramatische Himmelsschauspiel bis zu einer Million Jahre angehalten haben. In dieser Zeit sind möglicherweise auch die Fermi-Blasen und die sie begleitenden Strukturen beiderseits des Milchstraßenzentrums entstanden. Denn auch sie zeugen davon, dass etwa zu dieser Zeit ein enormer Ausbruch unseres Schwarzen Lochs stattfand.

„Wir haben immer gedacht, dass die Fermi-Blasen und der Magellansche Strom nichts miteinander zu tun haben“, sagt Fox. „Aber jetzt erkennen wir, dass derselbe Ausbruch des zentralen Schwarzen Lochs unserer Galaxie sie beide geprägt hat.“ (The Astrophysical Journal, in press; arXiv:2005.05720)

Quelle: NASA

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