Update 28.8.: Der Start der Mission „Polaris Dawn“ wurde wegen schlechter Wettervorhersagen für den geplanten Rückkehrtag erneut verschoben. Bisher steht noch kein neuer Starttermin fest.
Rekordträchtiger Pionierflug: Die kommerzielle Raumfahrtmission Polaris Dawn soll gleich mehrere Pionierleistungen vollbringen. Sie ist der erste bemannte Flug über den niedrigen Erdorbit hinaus seit Ende der Apollo-Missionen vor gut 50 Jahren. Die vier Astronauten werden zudem einen Außeneinsatz ohne Luftschleuse wagen und dabei neue Raumanzüge von SpaceX testen. Finanziert wird das Ganze von einem US-Milliardär.
Der Trend geht zur kommerziellen Raumfahrt: Auch wenn Boeing mit seinem Starliner-Debakel eher negative Schlagzeilen macht, nimmt der Anteil privater Unternehmen an der Raumfahrt zu. Vor allem SpaceX ist mit seinen Falcon-9-Trägerraketen gut im Geschäft. Sie transportieren nicht nur Satelliten ins All, sondern mithilfe der Dragon-Kapsel auch Fracht und Astronauten im Auftrag der NASA zur Internationalen Raumstation. Nun startet die Dragon-Kapsel erneut – diesmal in komplett privater Mission.
Die Mission und ihre Besatzung
Der Flug ist Teil des vom US-Milliardär Jared Isaacman initiierten und finanzierten „Polaris Dawn“-Programms. In den insgesamt drei von SpaceX durchgeführten Flügen sollen vier Amateurastronauten neue Technologien testen, aber auch medizinische Experimente im All durchführen. „Nach mehr als zwei Jahren des Trainings sind wir begeistert, jetzt zu dieser Mission starten zu können“, sagt Isaacman.
Kommandant des Polaris-Dawn-Fluges ist Isaacman selbst, der Erfahrungen als Zivil- und Militärpilot hat und schon einmal bei einem privaten Raumflug im All war. Auch die anderen drei Crew-Mitglieder haben entsprechende Vorerfahrungen: Missionspilot Scott Poteet diente 20 Jahre lang in der US-Air Force, die beiden Missionsspezialistinnen Sarah Gillis und Anna Menon sind beide leitende Ingenieurinnen bei SpaceX.
Ein Livestream des Polaris-Dawn-Starts wird auf der Website von SpaceX und auf X übertragen.
So weit hinaus wie seit Apollo nicht mehr
Das Besondere jedoch: Anders als bei bisherigen privaten Raumflügen wird die Polaris-Dawn-Mission nicht nur in den suborbitalen Raum oder niedrigen Erdorbit führen – sie fliegt höher hinaus. Sie wird in einen elliptischen Orbit einschwenken, der sie bis zu bis in 1.400 Kilometer Höhe bringt. Diese Höhe hat seit Ende der Apollo-Mondflüge vor rund 50 Jahren kein bemannter Weltraumflug mehr erreicht.
Damit stellt die Crew aber nicht nur einen für die aktuelle Raumfahrt-Ära neuen Rekord auf, die Flughöhe hat auch ganz praktische Gründe. Denn in rund 1.000 Kilometer Höhe beginnt der erste von zwei dauerhaften Strahlengürteln der Erde, der innere Van-Allen-Gürtel. In diesem rasen energiereiche Protonen in hohem Tempo zwischen den Polen hin und her. Astronauten, die diese Zone passieren, sind daher einer erhöhten Strahlenbelastung ausgesetzt.
Ausstieg im All ohne Luftschleuse
Eine weitere Premiere der Polaris-Dawn-Mission ist der erste Weltraumspaziergang einer kommerziellen Crew – und auch dieser bringt ein besonderes Risiko mit sich: Die Dragon-Kapsel hat keine Luftschleuse. Damit die Außenluke im Weltraum geöffnet werden kann, muss daher das gesamte Innere der Raumkapsel entlüftet werden. Alle Gegenstände, Elektronik und Personen an Bord sind dann dem Vakuum des Alls ausgesetzt. Schon im Vorfeld wurden dafür intensive Tests in einer Vakuumkammer durchgeführt – um die Besatzung zu trainieren, aber auch, um schädliche Ausgasungen aus Materialien zu vermeiden.
Die vier Astronauten werden bei diesem in rund 700 Kilometer Höhe stattfindenden Außeneinsatz neue Raumanzüge von SpaceX testen. Schon vor dem Öffnen der Luke werden sie diese tragen, während allmählich der Luftdruck im Inneren der Raumkapsel gesenkt wird. Während dieser Zeit wird der Sauerstoffanteil in der Atemluft der Raumanzüge allmählich erhöht, um Effekte wie die Taucherkrankheit zu verhindern.
Ist das Innere der Raumkapsel dann entlüftet, wird die Außenluke geöffnet. Zwei Besatzungsmitglieder, Missionskommandant Jared Isaacman und Bordingenieurin Sarah Gillis, werden dann die Raumkapsel verlassen und frei im All schweben – nur über Seile und Leitungen mit der Kapsel verbunden.
Test für Laserkommunikation und Medizinexperimente
Während der insgesamt fünftägigen Polaris-Mission werden die Astronauten auch ein neues Kommunikations-Konzept testen. Dabei werden Daten mittels Laser zwischen der Dragon-Kapsel und den Satelliten der Starlink-Konstellation im Erdorbit übertragen. Die optische Datenübertragung soll die Kommunikation im Weltraum künftig schneller und leistungsfähiger machen. Auch die NASA und ESA haben bereits erste Tests einer solchen Laserkommunikation durchgeführt, sowohl im Erdorbit als auch bei Raumsonden im tiefen All.
Zum Arbeitsprogramm der Polaris-Dawn-Besatzung werden außerdem rund 40 wissenschaftliche Experimente, größtenteils im medizinischen Bereich durchführen. Diese sollen das Wissen über die Auswirkungen des Weltraumfluges, speziell in großen Höhen, voranbringen. „Wir hoffen, dass die Ergebnisse unserer Mission dazu beitragen, die Vision einer multiplanetaren Spezies schneller umzusetzen“, so Isaacman. „MIT unserer Mission wollen wir die Menschheit dazu inspirieren, hinauszusehen und sich vorzustellen, was wir alles hier auf der Erde und in Welten jenseits unserer eigenen erreichen können.“
Quelle: Polaris Dawn, SpaceX