Verschobene Kruste: Der Mond hat im Laufe seiner Geschichte eine echte Polwanderung durchlebt – sein Nordpol lag vor 4,25 Milliarden Jahren noch 300 Kilometer südlicher als heute, wie Forschende ermittelt haben. Dies kommt zustande, weil sich die Mondkruste gegenüber seiner Rotationsachse verschoben hat. Als Ursache dafür identifizierten die Wissenschaftler Massenumverteilungen durch Asteroideneinschläge: Die durch größere Krater entstandene Unwucht ließ die lunare Oberfläche verrutschen.
Die geografischen Pole der Erde und anderer Himmelskörper kennzeichnen die Stelle, an der die Rotationachse liegt. Wenn sich die Erdoberfläche in Bezug auf diese Achse verschiebt, spricht man von einer echten Polwanderung. Die Lage der Achse in Bezug auf den Sternenhintergrund bleibt dabei gleich, nicht aber die geografische Lage der Pole. Die Ursache für eine solche echte Polwanderung ist meist eine Verlagerung der Massenverteilung: Schmelzende Eismassen, die Plattentektonik oder auch große Vulkanausbrüche wie auf dem Mars können eine Unwucht im Schwerefeld eines Planeten auslösen, die die Kruste verrutschen lässt.
Einschlagskrater als Treiber der lunaren Polwanderung
Doch wie sieht es auf dem Mond aus? Auf ihm gibt es weder große Gletscher, noch aktive Vulkane oder eine Plattentektonik. Dennoch gibt es Hinweise darauf, dass sich auch seine Pole im Laufe der Zeit verschoben haben. Als mögliche Ursache dafür gelten Veränderungen der Massenverteilung durch Asteroideneinschläge. An den Stellen, wo beim Impakt Material ausgeschleudert wurde, ist die lunare Kruste etwas leichter – und kann eine Unwucht erzeugen.
„Man kann die Mondkrater in den Messdaten seines Schwerefelds sehen“, erklärt Erstautor David Smith vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Bisher war jedoch strittig, ob nur große Krater wie die gewaltige Senke des Südpol-Aitken-Beckens Einfluss auf die Polwanderung hatten oder auch kleinere Einschläge. Entsprechend widersprüchlich waren die Ansichten zur einstigen Position des lunaren Pols. „Es gibt bisher keine Einigkeit darüber, wo die lunaren Paläopole einst lagen“, erklären Smith und seine Kollegen.