Zum weitesten Planeten unseres Sonnensystems und darüber hinaus geht die Reise der neuesten NASA-Sonde. „New Horizons“ ist die erste Erkundungsmission zum geheimnisvollen Pluto, der bislang nur durch „Ferndiagnose“ bekannt ist. Gestern Abend um 20.00 Uhr (MEZ) ist die Mission nach zwei verschobenen Starts auf die neun Jahre lange und knapp fünf Milliarden Kilometer lange Reise gegangen. Wichtigstes Ziel ist die genaue Erforschung der Atmosphäre des Pluto und Informationen über seinen Mond Charon und den Kuiper-Gürtel zu sammeln
Mit der Rekordgeschwindigkeit von mehr als 50.000 Kilometer pro Stunde jagte die Sonde bereits nach neun Stunden am Mond vorbei – eine Strecke für die die Apollo Mission noch drei Tage brauchte. Doch das ist nur der kleinste Teil der 4,9 Milliarden Kilometer bis zum Pluto. Nach etwa 13 Monaten soll der „New Horizons“ beispielsweise an Jupiters Umlaufbahn noch einmal ‚Schwung’ holen, um auf knapp 78.000 Stundenkilometer zu beschleunigen, damit Pluto noch rechtzeitig 2015 erreicht wird.
In fünf-jähriger Planung hat die NASA das 70 Millionen Dollar teure Projekt vorbereitet, um Licht in den letzten dunklen Winkel unseres Planetensystems zu bringen. Pluto ist der am weitesten von der Sonne entfernte Planet, und fast sechs Mal kleiner als die Erde. Daher hat selbst das Satelliten-Teleskop Hubble von Pluto bisher nur einige unscharfe Bilder gemacht.
Wenn „New Horizons“ auf seinem Weg zu sehr ‚trödelt’, wird die Oberfläche des Planeten von der gefrorenen Atmosphäre umschlossen und für die Messgeräte unerreichbar sein. Zwar gehört Pluto noch zu den weißen Flecken auf den Karten der Astronomen. Aber einige Informationen über den Planeten am Rand unseres Sonnensystems haben die Wissenschaftler schon zusammengetragen. Durch Beobachtungen mit dem Satellitenteleskop Hubble, dem Keck-Teleskop auf Hawaii und dem „Very Large Telescopes“ in Chile konnte für Pluto etwa ein Durchmesser von 2.246 Kilometern bestimmt werden.
“Eiszwerg“ Pluto
Aufgrund seiner Beschaffenheit ist Pluto weder ein Gesteinsplanet wie die Erde noch eine reine Gas-Welt wie der Saturn, sondern eine Kombination aus beidem: ein „Eiszwerg“. Das Innere des Planeten ist eine Kombination aus Eis und Gestein, um die sich eine dünne Stickstoffatmosphäre vermutlich mit Methangasen, Karbon-Monoxiden und Hydro-Karbon wölbt.
Bei der Umrundung der Sonne in fast 250 Jahren herrschen auf Pluto durch seine elliptische Umlaufbahn extrem schwankende Temperaturen. Verlässt er gerade die Sonnen nahen Bahnen ist mit -180 Grad die „wärmste“ Jahreszeit erreicht. In den 180 Jahren „Winter“ beträgt die Temperatur wohl nur etwa -230 Grad. Dann, vermuten die Wissenschaftler, kühlen die Gase aus der dünnen Stickstoffatmosphäre so stark ab, dass sie ‚ausfrieren’ und eine geschlossene Eisschicht über der Oberfläche bilden.
Daher ist die genauere Erforschung der Atmosphäre eine der wesentlichsten Ziele der „New Horizons“ Mission. Die sieben High-Tech Instrumente mit lustigen Namen wie Alice, Ralph, Lorri und Pepssi sollen vor allem die Zusammensetzung der Gase, Temperatur, Luftdruck und Gravitation messen. Hochauflösende Kameras zeichnen Karten von der Geologie und Morphologie der Oberfläche und beobachten gleichzeitig die benachbarten Himmelskörper. Aber bis zur Ankunft 2015 werden die elektronischen Geräte an Bord der Sonde ‚schlafen’ gelegt, um Strom zu sparen.
Auch Kuiper-Gürtel im Visier der Sonde
Nur einmal pro Jahr von der Bodenstation der NASA ein Systemcheck durchgeführt, die Instrumente neu kalibriert und wenn nötig eine Kurskorrektur vorgenommen. Trotzdem musste der Energieverbrauch für die nächsten 15 Jahre irgendwie gesichert werden. Die Mission kann nicht wie andere Satelliten mit Sonnenergie versorgt werden, da die Strahlung in knapp fünf Milliarden Kilometer Entfernung zu schwach ist. Der Satellit wird von einem Mini-Atom-Reaktor angetrieben: zehn Kilogramm Plutonium sorgen für Energie und Antrieb.
Denn schließlich ist mit Pluto die Mission noch nicht abgeschlossen. Die Reise soll danach noch durch den Kuiper-Gürtel bis in die Unendlichkeit gehen. Der Kometengürtel besteht aus zahllosen „Eiszwergen“, die aus der Sicht von Astronomen archäologischen Goldgruben gleichen. Die Wissenschaftler hoffen dort ungeahnte Informationen über die Entstehung des Weltalls sammeln zu können.
(NASA, 20.01.2006 – DGO)