Zu weit vom Stern entfernt
Aber das ist noch nicht alles: Dieser Stern besitzt auch einen Planeten. Dieser ist eineinhalb Mal so groß wie Jupiter und hat die sechs bis zwölffache Masse unseres Gasriesen, wie die Astronomen ermittelten. Spektralanalysen sprechen dafür, dass es sich auch bei HIP 65426b um einen Gasplaneten mit Wasserdampf und rötlichen Wolken in seiner Atmosphäre handelt. Auf seiner Oberfläche herrschen wahrscheinlich Temperaturen zwischen 1.000 und 1.3000 Grad.

Abbildung des Planeten HIP 65426b (unten), aufgenommen mit dem VLT. Das Licht des Sterns ist blockiert, um den Planeten scihtbar zu machen. © Chauvin et al. / SPHERE
Seltsam jedoch: Der Orbit dieses Gasriesen liegt ungewöhnlich weit außen. HIP 65426b hat einen Abstand von 92 astronomischen Einheiten zu seinem Stern – das entspricht dem vierfachen Abstand des Neptuns zur Sonne. Damit kreist der Exoplanet in einer Zone, in der er keinesfalls entstanden sein. Hinzu kommt: Bei einem Zentralstern wie HIP 65426 würde man einen deutlich größeren Planeten erwarten.
Wo ist die Staubscheibe?
Und noch etwas passt nicht ins Bild: Ein massereicher Stern wie HIP 65426 müsste in diesem jungen Alter eigentlich noch eine dichte und große Staubscheibe besitzen – doch von dieser fehlt jede Spur. „Wir würden erwarten, dass ein so junges Planetensystem noch seine Staubscheibe besitzt, die man in den Beobachtungen dann auch sehen sollte“, sagt Chauvin. „Aber soweit wir sehen können, besitzt HIP 65426 keine solche Staubscheibe.“
Sowohl Stern als auch Planet passen damit in gleich mehrerer Hinsicht nicht zu den gängigen Modellen der Planetenbildung: Der Planet ist zu klein und zu weit außen, der Stern rotiert zu schnell und zu allem Überfluss fehlt die protoplanetare Scheibe. Wie konnte ein so ungewöhnliches System überhaupt zustande kommen?
Gab es eine planetare Katastrophe?
Bislang können die Astronomen darüber nur spekulieren. Ein mögliches Szenario: HIP 65426 und sein Planet sind die Überlebenden einer planetaren Katastrophe. Dabei könnte sich der Gasriese ursprünglich viel weiter innen gebildet haben. Weiter außen kreiste ein weiterer, massereicherer Planet. Dann jedoch gab es Turbulenzen und beide Planeten kollidierten fast miteinander.
Als Folge wurde HIP 65426b nach außen geschleudert – in seine heutige Umlaufbahn. Seinen größeren Mitplanet jedoch katapultierte dies nach innen. Er stürzte in den Stern und gab diesem dabei einen starken Impuls, der dessen Rotation beschleunigt. Diese dramatischen Ereignisse könnten auch erklären, warum keine Staubscheibe zu sehen ist: Sie wurde durch die umhergeschleuderten Planeten destabilisiert und wurde weit verstreut und aufgelöst.
Die Rätsel bleiben
Allerdings: Noch ist dies nur reine Spekulation. Rein theoretisch könnte es noch andere Erklärungen geben – oder man hat bisher wichtige Informationen übersehen. So schließen die Astronomen beispielsweise nicht aus, dass es um den Stern HIP 65426 vielleicht noch unentdeckte innere Planeten gibt. Denkbar wäre auch, dass Stern und Gasriese unabhängig voneinander durch lokale Kollapse der Gaswolke entstanden sind. Sie wären dann eher eine Art gescheitertes Doppelsternsystem.
Klar scheint: Das neuentdeckte Duo aus Stern und Planet gibt noch jede Menge Rätsel auf. Die Astronomen hoffen aber, einige der offenen Frage durch weitere Beobachtungen und Simulationen klären zu können. (Astronomy and Astrophysics, in press; arXiv:1707.01413)
(Max-Planck-Institut für Astronomie, 07.07.2017 – NPO)
7. Juli 2017