Sonnensystem

Pluto: Wie entstanden die Eis-Polygone?

Sublimation könnte die Form der Eisschollen von Sputnik Planitia erklären

Sputnik Planitia
Die polygonalen Schollen der Pluto-Eisebene Sputnik Planitia (links) und ihre Rekonstruktion in der Modellsimulation © NASA/JHUAPL/SwRI; Morison / S. Labrosse / G. Choblet

Triebkraft identifiziert: Bisher war unklar, warum die Schollen der hellen, herzförmigen Eisebene des Pluto eine so auffallend eckige Form haben. Jetzt legt ein Modell nahe, dass die Sublimation von Stickstoffeis die treibende Kraft hinter dieser Formbildung sein könnte. Demnach kühlt das Verdampfen dieses Eises die Oberfläche ab und verstärkt so den Temperaturunterschied zu wärmeren Tiefenschichten. Das wiederum hält die Konvektion und damit den Nachstrom frischen Eises in Gang.

Als die NASA-Raumsonde New Horizons im Jahr 2015 erstmals nahe an Pluto vorbeiflog, enthüllte sie eine überraschend dynamische Welt mit fließenden Gletschern, potenziellen Eisvulkanen und möglicherweise einst einem subglazialen Ozean. Besonders auffallend ist jedoch die helle, herzförmige Ebene Sputnik Planitia. Ihre Oberfläche besteht aus rund 30 Kilometer großen, polygonalen Schollen aus Stickstoffeis, die von dunklen Rinnen begrenzt werden. Der tagsüber von dieser Fläche ausgasende Stickstoff gilt als Motor für die Winde des Pluto.

Polygone
Die Oberfläche der Ebene Sputnik Planitia (helblau-grünlich) ist in polygonale Schollen aus Stickstoffeis gegliedert. © NASA/JHUAPL/SwRI

Was ist der Motor der Eis-Konvektion?

Doch wie sind die polygonalen Eisschollen von Sputinik Planitia entstanden? Und warum haben sie diese fast regelmäßige, eckige Form? Bereits 2016 kamen Forscher zu dem Schluss, dass diese Schollen durch eine Konvektion entstanden sein müssen: Unter der Oberfläche der Eisebene existiert eine Umwälzströmung, die kaltes Eis in den Rinne nach unten sinken lässt und wärmere Eisschichten aus der Tiefe nach oben bringt. Dies erzeugt ein fast regelmäßiges, polygonales Muster von Aufstiegs- und Absinkzonen – ähnlich wie auf der Sonnenoberfläche nur in Zeitlupe und eisig kalt.

„Wir wissen, dass die bemerkenswerten polygonalen Strukturen der Eisoberfläche durch eine thermische Konvektion des Eises gebildet werden“, erklärt Erstautor Adrien Morison von der University of Exeter. „Aber es stellte sich die Frage, wie dieser Prozess in Gang gehalten wird.“ Denn dafür braucht es einen ausreichenden Temperaturunterschied zwischen der Oberfläche und der Tiefe – und ob das Pluto-Innere diesen liefern kann, ist fraglich.

Sublimationskälte als Triebkraft?

Morison und sein Team haben daher nach einem anderen Motor der Konvektion gesucht – und dabei nicht in der Tiefe, sondern an der Eisoberfläche angesetzt. Ihre Hypothese: Möglicherweise kommt der Temperaturgradient zustande, weil dem Eis ständig von oben Wärme entzogen wird. Als möglichen Akteur dafür sehen sie die Sublimation: „Wir vermuten, dass die Sublimation der geheimnisvolle Motor ist, der die Konvektion in Sputnik Planitia in Gang hält“, schreiben die Forscher.

Der Grund: Ähnlich wie die Verdunstung eine Kühlwirkung auf unsere Haut oder andere Oberflächen hat, wirkt auch der direkte Übergang von Eis in den gasförmigen Zustand kühlend auf die Umgebung. Ob dieser Effekt ausreicht, um in der Eisschicht der Pluto-Ebene eine Umwälzströmung auszulösen, haben Morison und seine Kollegen mit einer Modellsimulation überprüft, in der sie die Bedingungen in der Eisdecke von Sputnik Planitia rekonstruierten.

Sublimation schafft Polygone

Das Ergebnis bestätigte die Hypothese: Die von der Sublimation des Stickstoffs an der Eisoberfläche erzeugte Kühlwirkung ist stark genug, um den Eisuntergrund in Bewegung zu versetzen und die Konvektion anzutreiben. Darüber hinaus entstanden in der Simulation durch diesen Effekt die gleichen polygonalen Strukturen, wie sich auch in Sputnik Planitita zu sehen sind. Damit sind die Eisschollen eng mit dem Pluto-Klima und der Ausgasung seines Stickstoffeises verknüpft.

„Wir stellten fest, dass die von der Sublimation getriebene Konvektion diese polygonalen Strukturen erzeugt“, berichtet das Team. Die entstehenden Muster entsprachen in Größe, Form und Topografie ziemlich genau den Eisschollen, die auch die herzförmige Eisebene des Pluto prägen. Mit rund einer Million Jahren stimmten auch das Alter der Oberfläche und das Tempo der Konvektion mit früheren Schätzungen überein.

Auch auf anderen Himmelskörpern möglich

Wie das Forschungsteam erklärt, könnten solche nicht von innerer Wärme, sondern von der Sublimation angetriebenen Konvektionsströme auch auf anderen eisigen Himmelskörpern existieren. Unter den möglichen Kandidaten sind der Neptunmond Triton, der Uranusmond Umbriel oder auch die jenseits der Neptunbahn im Kuipergürtel kreisenden Himmelskörper Eris und Makemake. (Nature, 2021; doi: 10.1038/s41586-021-04095-w)

Quelle: University of Exeter

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