Spannender Fund: Astronomen haben in nur 40 Lichtjahren Entfernung eine potenziell lebensfreundliche Exo-Venus entdeckt – einen venusgroßen Gesteinsplaneten mit milden Temperaturen. Der Planet Gliese-12b erhält mehr Strahlung von seinem Stern als die Erde, aber weniger als die Venus und könnte mit rund 42 Grad Mitteltemperatur noch kühl genug für flüssiges Wasser sein. Er ist damit der bisher erdnächste gemäßigte und mittels Transit untersuchbare Exoplanet von etwa Erdgröße, den die Astronomen bisher kennen.
Astronomen haben schon einige Exoplaneten in der Nähe unseres Sonnensystems entdeckt, darunter auch mehrere potenziell habitable Gesteinsplaneten. Dazu gehören die Supererde Proxima Centauri b um unseren nächsten Nachbarstern, einige der Erdzwillinge um den 40 Lichtjahre entfernten Zwergstern TRAPPIST-1 oder der 31 Lichtjahre entfernte Planet Wolf 1069b.
Allerdings haben diese nahen Welten alle ein Manko: Sie verraten sich nur durch subtile Verschiebungen im Lichtspektrum ihres Sterns, ziehen aber von uns aus gesehen nicht direkt vor ihrem Stern vorüber. Dadurch können Astronomen sie nicht mit der Transitmethode untersuchen, die mehr Aufschluss über ihre Atmosphäre geben könnte. Doch gerade solche Analysen wären für die Suche nach einer Biosignatur und damit Spuren außerirdischen Lebens auf diesen Planeten wichtig.
Zwischen Venus und Erde
Umso spannender ist jetzt ein Exoplanet, den zwei Astronomenteams in nur 40 Lichtjahren Entfernung entdeckt haben. Der mithilfe des NASA-Weltraumteleskops TESS aufgespürte Planet Gliese-12b ist etwa so groß wie die Venus und umkreist einen kühlen Roten Zwergstern. Weil dieser Stern nur 27 Prozent der Sonnengröße und 60 Prozent ihrer Wärmeabstrahlung hat, liegt seine habitable Zone entsprechend nah am Stern.
Deswegen könnte der neu entdeckte Planet Gliese-12b lebensfreundlich sein. Zwar umkreist der Venuszwilling seinen Stern mit einer Umlaufzeit von 12,8 Tagen sehr nah. Er erhält aber nur 1,6-mal so viel Strahlung wie die Erde und nur rund 85 Prozent der Einstrahlung unserer Venus. „Damit läge Gliese-12b in Bezug auf seinen Strahleneinfall zwischen Erde und Venus“, erklärt Shishir Dholakia von der University of Southern Queensland in Australien. „Er könnte daher ein wertvolles Bindeglied zwischen diesen beiden Planeten unseres Sonnensystems bilden.“
Potenziell lebensfreundlich
Dies bedeutet aber auch: Der nahe Exoplanet könnte lebensfreundlich sein. Die Astronomen schätzen die Gleichgewichtstemperatur von Gliese-12b auf rund 42 Grad. Das ist zwar deutlich wärmer als die irdischen 15 Grad, könnte aber noch mild genug sein, um flüssiges Wasser auf der Planetenoberfläche zu ermöglichen. Ob das der Fall ist, hängt allerdings entscheidend davon ab, ob diese Exo-Venus eine Atmosphäre besitzt oder nicht, wie die Astronomen betonen.
„Atmosphären fangen Wärme ein und können daher – je nach Typ – die Gleichgewichtstemperatur substanziell verändern“, erklärt Dholakia. Bei der Venus in unserem Sonnensystem sorgte beispielsweise ein galoppierender Treibhauseffekt der Atmosphäre dafür, dass sie sich von einer einst lebensfreundlichen, wasserreichen Welt in eine unbewohnbare, trockene Hitzehölle verwandelte.
„Weil Gliese-12b in Bezug auf seine Temperatur zwischen Erde und Venus liegt, könnte seine Atmosphäre viel darüber verraten, wie sich die Habitabilität eines Planeten im Laufe der Zeit entwickeln kann“, sagt Co-Erstautorin Larissa Palethorpe von der University of Edinburgh und dem University College London.
Perfekte Lage für Transit-Beobachtungen
An diesem Punkt kommt die günstige Lage des Exoplaneten zum Tragen: Gliese-12b umkreist seinen Stern so, dass er von der Erde aus gesehen direkt vor ihm vorüberzieht – er ist bei diesem Transit daher gut zu beobachten. Die Astronomen sehen in der nahen Exo-Venus sogar den erdnächsten, mildtemperierten, erdgroßen und mittels Transit beobachtbaren Exoplaneten, den man bisher kennt. „Gliese-12b repräsentiert eines der bisher besten Ziele, um zu untersuchen, ob erdgroße Planeten um kühle Zwergsterne ihre Atmosphären behalten können“, sagt Dholakia.
Dies sehen auch die Astronomen des zweiten Entdeckerteams so: „Wir kennen nur eine Handvoll erdähnlicher Planeten mit milden Temperaturen, die nahe genug sind und die die Kriterien für eine Transmissionsspektroskopie erfüllen“, erklärt Koautor Michael McElwain vom Goddard Space Flight Center der NASA. Gliese-12b sei der bisher nächstgelegene und vielversprechendste Kandidat.
Kein „Störfeuer“ vom Mutterstern
Die neue Exo-Venus ist jedoch auch deswegen besonders interessant, weil ihr Mutterstern keine Anzeichen für starke Strahlenausbrüche zeigt, wie sonst bei Roten Zwergsternen häufig der Fall. Auch unser nächster Nachbarstern Proxima Centauri grillt seine Planeten regelmäßig mit energiereichen Schüben harter UV-Strahlung. Solche Strahlenduschen verringern die Chance auf lebensfreundliche Bedingungen und die Entwicklung von außerirdischem Leben – umso interessanter ist ein Exoplanet ohne solches „Störfeuer“. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 2024; doi: 10.1093/mnras/stae1152)
Quelle: Royal Astronomical Society