Neue Daten der Mars Express Mission haben den Wissenschaftlern neue Einsichten in die mineralische Zusammensetzung des Mars geliefert. Sie geben damit auch Aufschluss darüber, ob und wo sich auf dem Roten Planeten Leben verbergen könnte und welche Gebiete lohnende Landestellen für zukünftige Probensammel-Missionen sind.
Mars Express, die erste europäische Mission zum Mars, hat bisher bereits zahlreiche neue Erkenntnisse über unseren Nachbarplaneten geliefert. In sechs Artikeln, die jetzt online im renommierten Wissenschaftsmagazin Science erschienen sind, enthüllt ein internationales Wissenschaftlerteam, darunter auch John Mustard, Professor für Geo- und Planetenwissenschaften an der amerikanischen Brown Universität, neue Daten über die Zusammensetzung der trockenen, kalten Oberfläche des Mars und die im Gestein verborgenen Hinweise auf die Vergangenheit des Roten Planeten.
Mustard, der drei der Artikel als Koautor verfasste, berichtet, dass die Forschungen mehrere Areale auf der Marsoberfläche zeigen, die Wasser enthalten oder zumindest vor Millionen von Jahren einen lebensfreundliche Umgebung boten. „Wenn man die große Frage zum Leben auf dem Mars beantworten will, muss man an die richtigen Stellen gehen und Proben nehmen“, erklärt der Forscher. „Die neuen Ergebnisse verraten uns, wo einige dieser Stellen sein könnten.“
Mithilfe eines speziellen Messinstruments, des OMEGA-Spektrometers an Bord der Mars Express-Sonde nutzten die Wissenschaftler sowohl sichtbares als auch infrarotes Licht, um die Oberflächenzusammensetzung des Planeten zu kartieren. Dabei fanden die Forscher eine vielfältige und komplexe Mischung von verschiedensten Materialien: Silikate, Eisen, aber auch hydratisierte Mineralien und Sedimente. Einige Gebiete, wie Terra Meridiani, waren reich an sauren Sulfaten, Gesteine an anderen Stellen, beispielsweise rund um das vulkanische Plateau Syrtis Major waren dagegen reicher an Ton und hydratisierten Mineralen. Sie sind in ihrem pH-Wert neutraler und damit nach Ansicht der Wissenschaftler geeigneter als Grundlage für Leben.
In den Canyons und Kuppen des Planeten entdeckten die Forscher unter anderem Gips und polyhydrierte Sulfate – Mineralien, die Wasser in ihrer Kristallstruktur enthalten. Nach Ansicht von Mustard belegt dies, dass Wasser während der ersten Milliarden Jahre der rund 4,6 Milliarden Jahre langen Geschichte des Mars, häufig und weit verbreitet auf dem Planeten vorkam. Auch in der Tiefe des Valles Marineris, dem größten Canyon des Sonnensystems, fanden sich diese Mineralien.
Die OMEGA-Daten könnte auch dazu beitragen, bisherigen Vorstellungen über die vergangene Umwelt des Mars zu revidieren: Bisher nahmen die Forscher an, dass die flachen Ebenen der Nordhalbkugel möglicherweise früher einmal von einem Ozean bedeckt gewesen sein könnten. Dann müssten sich dort Spuren des vergangenen Wasser in Form von hydratisierten Mineralien finden lassen. Doch die neuen Daten zeigen, dass die nördlichen Tiefebenen auf vulkanischem Gestein bestehen, das nicht von Wasser verändert worden ist. Dies widerspricht jedoch der Ozean-Theorie.
Basierend auf diesen neuen Erkenntnissen sind nach Einschätzung von Mustard Gebiete wie Syrtis Major, Valles Marineris und Terra Meridiani viel versprechende Kandidaten für zukünftige Marsmissionen, bei denen Gesteins- und Bodenproben eingesammelt und untersucht werden sollen. Die Wissenschaftler des OMEGA-Teams haben bereits ein neues, weiter verbessertes Spektrometer entwickelt, dass an Bord des Mars Reconnaissance Orbiters der NASA sein wird, der im August zum Roten Planeten starten soll.
(European Space Agency, 22.02.2005 – NPO)