Zu stark gekippt: Die Mondbahn ist zehnfach stärker gegen die Erdbahn geneigt, als sie es eigentlich sein dürfte. Jetzt haben Astronomen eine mögliche Erklärung für dieses „Inklinations-Problem“ gefunden: Wahrscheinlich lenkte der nahe Vorbeiflug einiger größerer Planetenbrocken den Mond kurz nach seiner Bildung aus der Bahn, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten. Dieser Effekt könnte vielleicht sogar erklären, warum die Venus gar keinen Mond besitzt.
Der Erdmond ist quasi ein Nachzügler: Er entstand nicht gleichzeitig mit der Erde aus der Urwolke, sondern erst kurz danach durch eine gewaltige Kollision der Erde mit dem Protoplaneten Theia. Der dabei entstehende Trümmerring ballte sich im Laufe von wenigen tausend Jahren zu einem Protomond zusammen, der dann durch Gezeitenkräfte und Rotation nach und nach seine heutige Form und Umlaufbahn bekam. So weit, so bekannt.
Das Inklinations-Problem
Doch es gibt etwas, das sich bisher mit diesem Szenario nicht erklären ließ: Die Bahn des Mondes ist heute gegenüber der Erdumlaufbahn um fünf Grad geneigt. Seltsam ist dies deswegen, weil sich der Trümmerring der Kollision und damit auch der Urmond in der Äquatorebene der Erde gebildet haben muss. Auch wenn diese heute von der Ebene der Erdbahn abweicht, belegen physikalische Modelle, dass die Inklination der Mondbahn heute nur wenig von der Ekliptik abweichen dürfte. Doch sie ist um das Zehnfache größer als sie eigentlich sein dürfte.
Aber warum? „Vorhergehende Studien haben versucht, das mit einer Schwerkraft-Resonanz des neugebildeten Mondes mit der Sonne oder mit übriggebliebenen Resten des Trümmerrings zu erklären“, sagen Kaveh Pehlevan und Alessandro Morbidelli vom Observatorium der Cote d’Azur in Nizza. „Aber keines dieser Szenarien ist befriedigend.“ Sie sind deshalb in einer Modellsimulation einer weiteren möglichen Ursache nachgegangen.