Kein Alien-Bauwerk: Seit der chinesische Mondrover Yutu-2 im Dezember 2021 ein ungewöhnlich eckiges Gebilde am Mondhorizont fotografierte, wurde über diese „Mondhütte“ gerätselt. Jetzt liefern neue Aufnahmen die Auflösung: Das eckige Gebilde ist ein ganz normaler, eher kleiner Felsblock, der aber der Skulptur eines Hasen ähnelt– und damit dem Namensgeber des Rovers Yutu. Dieser feiert heute seinen dritten Jahrestag auf dem Mond.
Vor drei Jahren ist die chinesische Mondsonde Chang’e 4 auf der Rückseite des Mondes gelandet – als erste Raumsonde überhaupt. Ihr Rover Yutu-2 – zu deutsch Jadehase 2 – erkundet seither die bisher kaum erforschte Region nahe des lunaren Südpols. Die dort liegende South-Pole-Aitken-Kratersenke gilt als geologisch besonders interessant, weil dort andere Gesteine an die Oberfläche treten als auf der Mondvorderseite. Im Mai 2019 wies Yutu-2 dort erstmals lunares Mantelgestein nach.
Rätselhafter Block am Mondhorizont
Im Dezember 2021 sorgte der kleine „Jadehase“ erneut für Aufmerksamkeit: Er schickte ein Foto zur Erde, dass einen auffallend eckigen Block am Mondhorizont zeigte. Aufgrund der fehlenden Vergleichsobjekte war zunächst schwer abzuschätzen, wie groß dieses Objekt ist. Es schien aber nicht ausgeschlossen, dass es der Größe eines Bauwerks entsprechen könnte. Im Internet erhielt das merkwürdige Gebilde daher schnell den Spitznamen „Mondhütte“.
Seither hat das Roverteam der chinesischen Raumfahrtbehörde CNSA eine Route geplant, die Yutu-2 näher an die „Mondhütte“ heranbringt. „Wie alle anderen konnten es auch die Roverpiloten kaum erwarten, das Rätsel zu lösen“, schreiben Han Shaojin und andere Wissenschaftler des Yutu-2-Teams auf dem Missionsblog „Our Space“.
Kleiner als gedacht
Um in die Nähe des Objekts zu gelangen, musste der Rover allerdings einige Hindernisse umfahren und zwischen mehreren Gruben hindurchmanövrieren. Zudem war Yutu-2 gezwungen, zwischendurch zu pausieren, weil seine Solarpanele in der Mondnacht keinen Strom erzeugen können. Nach rund einem Monat der etappenweisen Annäherung war es schließlich so weit: Yutu-2 hatte sich der „Mondhütte“ bis auf nur noch zehn Meter genähert und schickte erste Panorama-Aufnahmen des Objekts zur Erde.
Das überraschende Ergebnis: „Das von weitem so groß wie der Arc de Triomphe in Paris erscheinende Gebilde erwies sich bei Annäherung als sehr klein“, heißt es im Yutu-Blog. „Die Roverpiloten waren ziemlich enttäuscht.“ Die „Mondhütte“ entpuppte sich als eher kleiner Felsblock, der rundlicher und weniger kantig war als es von weitem den Anschein hatte.
„Mondhase“ statt Alien-Bauwerk
Dafür jedoch enthüllten die Aufnahmen etwas anderes: „Ein Pilot starrte auf das vergrößerte Bild, schlug die Hand vor den Mund und rief aus: Mein Gott … das ist Yutu!“, berichten Han Shaojin und seine Kollegen im Blog. Tatsächlich ähnelte der Brocken verblüffend der Skulptur eines am Boden kauernden Hasen – und damit dem Namensgeber des Rovers Yutu-2.
Die Roverpiloten tauften den lunaren Felsblock ihn daher ebenfalls Jadehase. „Die verstreuten Steine vor dem Jadehasen sahen wie eine Karotte aus und die runden Steinkugeln hinter ihm ähnelten seinen Verdauungsprodukten“, berichtet das Missionsblog. Nicht ganz ernst gemeint stellen die Autoren zudem die Überlegung an, ob dieser Mondhase wohl auf der Rückseite des Mondes heimisch ist oder ein bloßer Besucher.
Streckenrekord und Jahrestag für Yutu-2
Für den Rover Yutu-2 markiert diese Fahrt gleichzeitig einen Meilenstein. Denn auf dem Weg zum lunaren Steinhasen erzielte er einen neuen Streckenrekord: Am 6. Januar 2022 war er insgesamt 1.003,9 Meter weit gefahren und hatte damit die 1.000-Meter-Marke geknackt, wie die chinesische Raumfahrtbehörde berichtet.
Heute, am 11. Januar 2022, feiert der kleine Mondrover Jadehase zudem seinen dritten Jahrestag auf dem Erdtrabanten. Yutu-2 ist der am längsten aktive Rover auf der Mondoberfläche. Den vorherigen Rekord hatte der 1970 gelandete sowjetische Rover Lunochod-1 aufgestellt. Das achträdrige Gefährt hatte elf Monate lang die Umgebung seines Landeplatzes im lunaren Mare Imbrium erkundet.
Quelle: China National Space Administration (CNSA) , Missionsblog Our Space