Sternenrest identifiziert: Jahrzehntelang war unklar, ob bei der Supernova 1987A vor 33 Jahren ein Schwarzes Loch oder ein Neutronenstern entstand. Jetzt haben Astronomen klare Indizien für einen Neutronenstern im Herzen des Explosionsüberrests entdeckt. Ein mehrere Millionen Grad heißer Fleck inmitten der Gas- und Staubwolke passt in Merkmalen und Position zu einem heißen, jungen Neutronenstern. Er ist der jüngste bekannte Neutronenstern überhaupt.
Im Februar 1987 explodierte in unserer Nachbargalaxie, der Großen Magellanschen Wolke, ein massereicher Stern. Weil diese Supernova nur rund 160.000 Lichtjahre entfernt liegt, saßen die Astronomen bei diesem Ereignis sozusagen in der ersten Reihe: Erstmals konnten sie das Geschehen mitverfolgen und kartieren, welche Elemente bei einer solchen Sternexplosion wo entstehen.
Doch ein Rätsel blieb: Trotz jahrzehntelanger Beobachtungen konnten die Astronomen nicht herausfinden, was von dem Stern übrig geblieben ist – war es ein Neutronenstern oder aber ein Schwarzes Loch? Die dichte Ansammlung von Gas und Staub im Zentrum des Supernova-Überrests verbarg die Natur dieses Sternenrests und auch eine Quelle von Röntgen- oder Radiostrahlung fand sich nicht.
Heißer Staubklumpen im Supernova-Relikt
Jetzt jedoch könnten zwei Forscherteams dieses Rätsel gelöst haben. Die entscheidenden Daten dafür liefern Beobachtungen mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), die Phil Cigan von der Cardiff University und sein Team durchgeführt haben. Ihre hochauflösenden Aufnahmen enthüllten einen Staubklumpen im Mittelbereich des Supernova-Relikts, dessen Strahlungsspektrum auf eine ungewöhnlich hohe Temperatur hindeutete.
„Wir waren sehr überrascht, diesen heißen Klumpen aus Staub inmitten des Supernova-Relikts zu sehen“, sagt Cigans Kollege Mikako Matsuura. „Es muss in dieser Wolke etwas geben, das den Staub aufgeheizt hat und ihn leuchten lässt.“ Doch was? Theoretisch könnte die Energie für diese Hitze sowohl von einem Neutronenstern wie von einem aktiven Schwarzen Loch stammen und auch der radioaktive Zerfall einiger frisch erzeugter Elemente könnte einen solchen lokalen „Hotspot“ verursachen.
Wer ist der Urheber?
Aber welcher dieser Kandidaten ist der Urheber? Das haben Danny Page von der Autonomen Nationaluniversität Mexiko und sein Team mithilfe astrophysikalischer Modelle näher untersucht. Mit diesen glichen sie die für die verschiedenen Kandidaten vorhergesagten Merkmale mit den Beobachtungen ab. „Die Entdeckung des warmen Staubklumpens ist eine Bestätigung mehrerer Vorhersagen“, erklärt Page.
Ein Faktor ist die Position der heißen Stelle: Sie ist gegenüber der Position des Vorgängersterns leicht versetzt. Dies passt gut zur asymmetrischen Struktur des Supernova-Relikts und der Annahme, dass die Explosion den Sternenrest seitlich weggeschleudert hat. Der aktuelle Hotspot liege ziemlich exakt an der Stelle, an der der Sternenkern jetzt liegen müsste, so Page.
Heißer Neutronenstern am wahrscheinlichsten
Ein weiteres Indiz ist die Temperatur und Größe der heißen Stelle: „Wir dachten, dass sie zu hell ist, um von einem Neutronenstern stammen zu können“, sagt Matsuura. „Aber Page und sein Team haben nachgewiesen, dass ein junger Neutronenstern diese Hitze entwickeln kann.“ Da sich die Supernova erst vor 33 Jahren ereignete, hat sich der Neutronenstern noch kaum abgekühlt und müsste den Modellen zufolge noch rund fünf Millionen Grad heiß sein – und das passt zu den Beobachtungen.
„Der Neutronenstern verhält sich exakt so, wie wir es erwarten würden“, erklärt Koautor James Lattimer von der Stony Brook University in New York. Ein Schwarzes Loch könnte die Helligkeit des Staubklumpens nicht erklären und auch nicht die schon bei der Explosion registrierte Neutrino-Strahlung. „Wir haben alle Möglichkeiten verglichen und kommen zu dem Schluss, dass ein heißer Neutronenstern die wahrscheinlichste Erklärung ist“, so Lattimer.
Erstes „Portraitbild“ erst in Jahrzehnten
Demnach verbirgt sich im Zentrum von Supernova-Relikt 1987A höchstwahrscheinlich ein Neutronenstern von nur rund 25 Kilometer Durchmesser, aber enormer Dichte. Mit einem Alter von nur 33 Jahren ist er der jüngste je beobachtete Neutronenstern überhaupt. Der nächstjüngere Sternenrest dieser Art liegt im Supernova-Überrest Cassiopeia A und ist 330 Jahre alt, wie die Astronomen erklären.
Ein erstes Portraitbild des jungen Neutronensterns wird allerdings noch Jahrzehnte auf sich warten lassen: Eine solche Aufnahme ist erst möglich, wenn sich Staub und Gas im Supernova-Relikt 1987A genügend verteilt haben, um für die vom Neutronenstern ausgehende Strahlung durchlässiger zu werden. (The Astrophysical Journal, 2020; doi: 10.3847/1538-4357/ab4b46; doi: 10.3847/1538-4357/ab93c2)
Quelle: National Radio Astronomy Observatory