Manche Sterne halten sich nicht an übliche Geschwindigkeiten: Einige Blaue Riesen fliegen so schnell, dass ihr Tempo sie sogar aus der Milchstraße hinaus trägt. Jetzt aber haben Astronomen eine weitere Klasse solcher hyperschnellen Sterne entdeckt – seltsamerweise eher kleine, von weiter außen stammende Objekte. Wie diese Sterne ihre hohen Geschwindigkeiten erreichen, ist bisher unklar, wie die Forscher im Fachmagazin „Astrophysical Journal“ berichten.
Der größte Teil der Sterne innerhalb unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße, kreist um das galaktische Zentrum, ganz ähnlich wie Planeten um ein Zentralgestirn. Gewaltige Gravitationskräfte halten Sternsysteme und ganze Sternenhaufen in der Spur. Es sind jedoch auch ein paar wenige Ausnahmen bekannt, die sich dieser Massenbewegung widersetzen: Blaue Riesensterne, die mit rasender Geschwindigkeit auf Kurs sind, die Milchstraße zu verlassen – sogenannte Hyperschnellläufer oder Hypervelocity Stars. Astronomen konnten bislang 18 dieser ungewöhnlichen Sterne identifizieren.
Hyperschnellläufer aus dem galaktischen Randbereich
Doch es gbt offensichtlich auch noch eine weitere Sorte solcher „Raser-Sterne“, wie Lauren Palladino von der Vanderbilt University in Nashville und ihre Kollegen nun entdeckten. Diese Hyperschnellläufer bestehen aus Sternen von lediglich der Größe unserer Sonne. Sie sind damit deutlich kleiner als alle zuvor bekannten Sterne mit überhöhter Geschwindigkeit.
Und nicht nur in der Größe unterscheiden sie sich von bisherigen Funden: Während die hyperschnellen Blauen Riesen ausnahmslos aus dem Zentrum der Milchstraße zu stammen scheinen, trifft dies auf keine der Neuentdeckungen zu. Deren unterschiedliche Flugrichtungen und ihre Zusammensetzung deuten darauf hin, dass es sich um Sterne aus der galaktischen Scheibe handelt. Es handelt sich bei den neuen Hyperschnellläufern zudem keineswegs um Einzelfälle: Bereits 20 davon haben die Astronomen entdeckt – ähnlich viele wie von den hyperschnellen Blauen Riesen.
Rätselhafte Beschleunigung
„Es ist sehr schwer, einen Stern aus der Galaxie zu schmeißen,“ sagt Koautorin Kelly Holley-Bockelmann von der Vanderbilt University. Die nötige Geschwindigkeit, um der Gravitation der Milchstraße entfliehen zu können, ist in der Tat enorm: Die galaktischen Ausreißer sind teilweise mit über tausend Kilometern pro Sekunde (km/s) unterwegs. Zum Vergleich: Unsere Sonne fliegt mit lediglich 20 km/s durch das All.Die bekannten Hyperschnellläufer erhalten die nötige Beschleunigung auf diese Geschwindigkeiten wahrscheinlich durch Interaktionen mit dem supermassiven schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße.
Die Sterne der neu entdeckten Klasse stammen jedoch nicht aus dem Zentrum, und können ihre Geschwindigkeit daher nicht von dort erhalten haben. Damit geben sie den Astronomen Rätsel auf: „Die große Frage ist: Was hat diese Sterne auf so extreme Geschwindigkeiten beschleunigt?“ fragt Holley-Bockelmann. Weitere Beobachtungen sollen diese Frage nun beantworten. (The Astrophysical Journal, 2014; doi: 10.1088/0004-637X/780/1/7)
(Palladino et al., The Astrophysical Journal, 13.01.2014 – AKR)