Astronomie

Regelmäßiger Radioblitz gibt Rätsel auf

Astronomen können 16-Tages-Rhythmus von kosmischem Radioblitz nicht erklären

CHIME
Das kanadische Radiotelekop CHIME hat die rätselhaft periodischen Radioulse aufgefangen. © Andre Renard, Dunlap Institute for Astronomy and Astrophysics/ University of Toronto

Mysteriöser Rhythmus: Astronomen haben erstmals einen kosmischen Radioblitz mit gleichmäßigem Takt entdeckt – eine absolute Neuheit. Doch der Rhythmus dieser neuen Radioquelle ist merkwürdig: Auf vier Tage mit fast stündlichen Blitzen folgen zwölf Tage Pause, dann wiederholt sich das Ganze. Welches kosmische Phänomen einen solchen Takt von Blitzen hervorbringen kann, ist bislang völlig unklar.

Fast Radiobursts (FRB) dauern nur wenige Millisekunden, entladen dabei aber so viel Energie wie die Sonne an einem ganzen Tag. Während die meisten dieser kosmischen Radioblitze nur ein einziges Mal auftreten, gibt es auch einige wenige „Wiederholungstäter“ – Quellen, die sporadisch ganze Serien von Radiobursts aussenden. Was jedoch diese seltsamen Blitze erzeugt, ist bislang rätselhaft. Klar scheint nur, dass sowohl die Einzelgänger als auch die Blitzserien extragalaktischen Ursprungs sind.

FRB 180916.J0158+6
Optische Aufnahme der Ursprungsgalaxie von FRB 180916.J0158+65, der Ausschnitt zeigt eine Sternrenwiege, in der die Quelle der Radiopulse liegt.© B. Marcote et al./ Nature 2020

Erster regelmäßiger Radioburst

Jetzt vertieft sich das Rätsel um diese kosmischen Blitze. Denn Astronomen um Dongzi Li von der University of Toronto haben festgestellt, dass ein neuentdeckter Radioburst einem sonderbaren, aber regelmäßigen Takt folgt. „Dies ist die bislang erste und einzige bei einem Radioburst nachgewiesene Periodizität“, berichten die Forscher. Die beiden anderen bisher bekannten „Repeater“ erzeugen ihre Radiopulse in unregelmäßigen Abständen.

Die FRB 180916.J0158+65 getaufte Radioquelle wurde 2018 vom Canadian Hydrogen Intensity Mapping Experiment (CHIME) entdeckt. Seither haben dieses und andere Radioteleskope 28 Blitze aus dieser Quelle nachgewiesen. Einem europäischen Netzwerk von Radioteleskopen gelang es im Januar 2020, den Ursprung dieser Radiobursts einer rund 500 Millionen Lichtjahre entfernten Spiralgalaxie zurückzuverfolgen.

Takt ist regelmäßig und unregelmäßig zugleich

Der grundlegende Takt besteht aus vier Tagen mit hoher Aktivität, gefolgt von zwölf Tagen Pause. Damit zeigt diese Quelle eine Periodizität von 16,35 Tagen. „Die Entdeckung einer solchen Periodizität bei einem sich wiederholenden Radioburst ist ein wichtiger Hinweis auf die Natur dieses Objekts“, so die Forscher. Das Merkwürdige jedoch: Innerhalb der vier aktiven Tage treffen die Radiopulse zwar etwa alle 1,8 Stunden ein, ihre Häufigkeit und Dichte variieren aber deutlich.

Damit ist der Rhythmus dieses neuen Radiobursts ist regelmäßig und unregelmäßig zugleich – und stellt die Astronomen vor ein Rätsel. Denn der 16-Tages-Takt und die Schübe von Radiopulsen in der aktiven Phase passen zu keiner der bisher postulierten Entstehungsmechanismen. Analysen früherer FRBs hatten nahegelegt, dass die energiereichen Pulse aus einem starken Magnetumfeld stammen, möglicherweise könnten sie von einem Neutronenstern nahe an einem Schwarzen Loch ausgehen oder einem Magnetar ausgehen.

Was ist die Quelle?

Doch der neue Radioburst passt nicht ins Bild. „Zwar könnte die Rotation eines Pulsars die Periodizität erklären. Aber alle bekannten Pulsare in unserer Galaxie haben Rotationperioden von weniger als zwölf Sekunden“, sagen Li und ihr Team. Zwar gebe es einige wenige Radiopulse, die quasi-periodische Pulsschübe im Tagesabstand aussenden, aber diese seien mindestens eine Milliarde Mal lichtschwächer als der Radioburst. „Mit den vorliegenden Ergebnissen wird es zunehmend unwahrscheinlich, dass die wiederholenden Bursts auf sehr starke Signale von Radiopulsaren zurückzuführen sind“, sagt auch Ramesh Karuppusamy vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn.

Was aber erzeugt diese Pulse dann? Eine weitere Möglichkeit wäre, dass FRB 180916.J0158+65 aus einem Doppelsystem stammt. Dann könnte die Bewegung der Radioquelle um einen Begleiter – einen Stern oder ein Schwarzes Loch – die zwölftägige Pause erklären: Immer, wenn die Radioquelle hinter dem Begleiter vorbeiläuft, werden die Radiopulse geschluckt. Ungewöhnlich wäre dann aber die vergleichsweise kurze aktive Phase von nur vier Tagen.

Alternativ wäre auch denkbar, dass erst der Einfluss des Begleiters die Quelle zur Radioemission anregt: „Ein stellarer Begleiter könnte die Emission durch seinen Sternenwind stimulieren“, spekulieren Li und ihr Team. Denkbar wären aber auch Magnet- oder Gezeitenkräfte eines nahen Schwarzen Lochs als Auslöser der Schübe. Bisher allerdings sind all dies nur Hypothesen – FRB 180916.J0158+65 entzieht sich bislang einer eindeutigen Zuordnung.

Mysterium bleibt

Damit scheint klar: Das Rätsel der kosmischen Radioblitze ist weit davon entfernt, gelöst zu sein – eher im Gegenteil. Denn die Entdeckung des regelmäßigen Radiobursts FRB 180916.J0158+65 legt nun nahe, dass es im Weltall unterschiedliche Formen dieser energiereichen Radiopulse gibt. Das könnte bedeuten, dass dort draußen mehrere verschiedene Prozesse oder Objekte existieren, die diese extremen Radioblitze hervorbringen können.

Die Astronomen wollen nun die Quelle des so merkwürdig periodischen Radiobursts FRB 180916.J0158+65 weiter beobachten. Sie hoffen, dass vielleicht Aufnahmen in anderen Wellenlängenbereichen ergänzende Signale aus der Herkunftsregion des Radiopulses finden. Zudem wollen sie nach weiteren Radiobursts und möglichen periodischen Repeatern suchen. (Nature, 2020, doi: 10.1038/s41586-019-1866-z; arXiv 2001.10275)

Quelle: arXiv, Earthview

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