„Unmöglicher“ Gigant: Astronomen haben den bislang fernsten und ältesten Quasar des Kosmos entdeckt – und er ist erstaunlich massereich. Denn schon 670 Millionen Jahre nach dem Urknall umfasste das Schwarze Loch dieses Quasars 1,6 Milliarden Sonnenmassen. Das ist weit mehr als mit gängigen Theorien erklärbar und vertieft das Rätsel darum, wie solche Massegiganten so kurz nach dem Urknall entstehen konnten.
Quasare gehören zu den hellsten Objekten im Kosmos. Ihre Leuchtkraft verdanken diese aktiven Galaxienkerne ihrem besonders aktiven supermassereichen Schwarzen Loch: Es saugt enorme Mengen Materie in sich ein und gibt dabei Energie in Form von Strahlung ab. Einige Quasare leuchten dadurch so hell wie hunderte Billionen Sonnen und ihr Schwarzes Loch ist mehre Milliarden Sonnenmassen schwer.
Rätsel um frühe Giganten
Das Merkwürdige jedoch: Einige dieser massereichen Quasare sind mehr als 13 Milliarden Jahre alt – sie stammen damit aus der frühesten Anfangszeit des Kosmos. Damit hatten diese Giganten eigentlich zu wenig Zeit und Futter, um zu so enormen Größen heranzuwachsen. Denn die ersten Sterne entwickelten sich rund 100 Millionen Jahre nach dem Urknall und die aus ihnen entstehenden Schwarzen Löcher waren viel zu klein, um direkt zu Quasaren zu werden.
Gängiger Theorie nach wachsen supermassereiche Schwarze Löcher nach und nach heran, indem sie umliegende Sterne und Gas vertilgen. Ihre Vorläufer entstehen dabei aus den Schwarzen Löchern, die bei der Supernova-Explosion massereicher Sterne gebildet wurden. Einem weiteren Szenario zufolge tragen auch die Verschmelzungen mehrerer solcher Vorläufer zum Wachstum supermassereicher Schwarzer Löcher bei. Doch all diese Prozesse benötigen weit mehr Zeit, als für die Entstehung der ersten Quasare zur Verfügung stand.
Neuer Rekordhalter
Jetzt haben Astronomen einen Quasar entdeckt, der dieses Rätsel noch vertieft. Feige Wang von der University of Arizona und sein Team haben ihn mit dem 6,5-Meter-Teleskop des Las-Campanas-Observatoriums in Chile aufgespürt und dann mit weiteren Teleskopen näher untersucht. Das J0313-1806 getaufte Objekt liegt rund 13,03 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt und ist damit der am weitesten entfernte Quasar, den man bislang kennt.
Das aber bedeutet auch: J0313-1806 existierte schon 670 Millionen Jahre nach dem Urknall – zu einer Zeit, als das Universum erst fünf Prozent seines heutigen Alters hatte. Trotzdem war dieser Quasar aber schon ein echter Riese: Er leuchtet rund tausendmal heller als die Milchstraße und sein Schwarzes Loch umfasst rund 1,6 Milliarden Sonnenmassen, wie Wang und sein Team berichten. Es ist damit doppelt so massereich wie das Schwarze Loch des bisherigen Rekordquasars.
Wie kam der Quasar zu seiner Masse?
Doch genau das wirft nun Fragen auf: Wie konnte dieser Quasar so viel Masse in so kurzer Zeit ansammeln? Den Berechnungen der Astronomen zufolge muss der Vorgänger dieses Schwarzen Lochs rund 100 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden sein und schon damals rund 10.000 Sonnenmassen umfasst haben. Diese Ausgangsmasse aber ist weder mit stellaren Schwarzen Löchern als Vorgängern noch mit dem Wachstum durch das Verschlingen von Sternen zu vereinbaren.
„Diese Werte sagen uns, dass der Keimling dieses Schwarzen Lochs durch einen anderen Mechanismus gebildet worden sein muss“, sagt Wangs Kollege Xiaohui Fan. Denn so früh nach dem Urknall gab es schlicht nicht genügend Sterne, um den Vorgänger des Quasars ausreichend zu „füttern“. Für die allmähliche Verschmelzung kleinerer Schwarzer Löcher blieb dagegen nicht genug Zeit.
Aus einem Kollaps entstanden
Die Astronomen vermuten deshalb, dass dieses Schwarze Loch direkt durch den Kollaps einer dichten Wolke primordialen Wasserstoffgases entstanden sein könnte. Dabei wurde das Gas so stark komprimiert, dass sich im Zentrum der Wolke ein Schwarzes Loch bildete. „Nur in einem solchen Szenario des direkten Kollapses könnte so früh ein Vorgänger-Objekt von mindestens 10,000 Sonnenmassen entstanden sein“, so Fan.
Schon 2019 hatte ein Forscherteam anhand von Modellen ermittelt, dass die Bedingungen für ein solches Kollaps-Szenario in den ersten 150 Millionen Jahren nach dem Urknall günstig gewesen sein könnten. Der Quasar J0313-1806 stützt diese Annahme nun und liefert neue Einblicke in die Prozesse, durch die einige der extremsten Objekte im Kosmos entstanden sein könnten. (237th Meeting of the American Astronomical Society)
Quelle: University of Arizona, National Radio Astronomy Observatory