Sonnensystem

Riesenkomet ist schon aktiv

Komet Bernardinelli-Bernstein hat selbst jenseits des Uranus schon eine Koma

Bernardinelli-Bernstein
Komet Bernardinelli-Bernstein ist nicht nur der größte bekannte Komet, er ist auch ungewöhnlich weit außen schon aktiv. © NOIRLab/NSF/AURA, J. da Silva/Spaceengine

Ausgasender Riese: Der erst kürzlich entdeckte Komet Bernardinelli-Bernstein ist nicht nur der mit Abstand größte seiner Art – er ist auch extrem früh aktiv, wie nun Aufnahmen des TESS-Weltraumteleskops enthüllen. Obwohl er weiter von der Sonne entfernt ist als Uranus, ist sein Kern schon von einer Hülle aus ausgasendem Kohlenmonoxid-Eis umgeben. Damit ist dieser Komet einer der sonnenfernsten aktiven Kometen im Sonnensystem.

Typischerweise werden Kometen aktiv, wenn sie sich dem inneren Sonnensystem nähern. Denn dann heizt die Sonnenstrahlung ihre eisige Oberfläche auf und Wassereis und andere gefrorene Substanzen beginnen auszugasen. Als Folge bilden sich die Kometenhülle – die Koma – und der typische Schweif. Wann ein Komet aktiv wird, hängt unter anderem von seiner Größe und der Zusammensetzung seines Eises ab.

Bernardinelli-Bernstein
Aufnahme des Dark Energy Survey vom Oktober 2017. Zu diesem Zeitpunkt war der Komet noch rund 25 AE von der Sonne entfernt. © Dark Energy Survey, DOE/FNAL/DECam/CTIO, NOIRLab/NSF/AURA/P. Bernardinelli & G. Bernstein (UPenn)/DESI Legacy Imaging Surveys

Koma-Fahndung mit TESS

Jetzt belegen Beobachtungen, dass der erst im Sommer 2021 entdeckte Komet Bernardinelli-Bernstein auch in dieser Hinsicht besonders ist. Mit einer Größe von rund 150 Kilometern ist er der mit Abstand größte je beobachtete Komet im Sonnensystem. Seine Masse könnte sogar tausendfach größer sein als die eines typischen „Schweifsterns“. Wegen dieser Größe ist er selbst in einer Sonnenentfernung von gut 29 astronomischen Einheiten schon auf älteren Teleskop-Aufnahmen erkennbar – der Komet war damals auf Höhe der Neptunbahn.

Inzwischen nähert sich der Komet der Uranusbahn und ist noch gut 20 astronomische Einheiten von der Sonne entfernt. Um herauszufinden, ob der Riesenkomet trotz dieser enormen Entfernung schon aktiv ist, haben Tony Farnham und sein Team von der University of Maryland Aufnahmen des TESS-Weltraumteleskops der NASA aus den Jahren 2018 und 2020 untersucht. In dieser Zeit hatte das Teleskop zufällig die Himmelsbereiche abgesucht, in denen der Komet unterwegs war.

Für ihre Studie nutzten die Astronomen mehrere tausend Aufnahmen, auf denen der Komet zu sehen war, und stapelten sie virtuell, um die Lichtausbeute zu erhöhen. Um sicherzugehen, dass dieses Verfahren nicht zu optischen Effekten führt, die mit einer Kometenkoma verwechselt werden könnten, führten sie die gleiche Methode für einige ähnlich weit entfernte Nichtkometen-Objekte durch.

Klare Belege für Ausgasungen

Das Ergebnis: Während die Vergleichsobjekte als klare, scharf abgegrenzte Lichtpunkte zu sehen waren, war dies beim Kometen Bernardinelli-Bernstein anders: Sein Lichtpunkt war sowohl in den Aufnahmen von 2020 wie von 2018 von einem dunstigen Schein umgeben. „Dies belegt, dass der Komet schon in einem Sonnenabstand von 21,2 und 23,8 astronomischen Einheiten eine Koma besaß“, schreiben Farnham und seine Kollegen. „Er ist damit einer fernsten Kometen, für die bereits eine solche Aktivität detektiert wurde.“

Tatsächlich sind bisher erst zwei Kometen bekannt, für die in ähnlicher Entfernung schon eine Koma nachgewiesen wurde – Komet C/2010 U3 Boattini und Komet C/2017 K2 PanSTARRS. Beide sind allerdings rund zehnfach kleiner als der Riesenkomet. „Die Entdeckung einer Koma um Bernardinelli-Bernstein bei 23,8 AE macht ihn zum erst dritten Objekt, das in einer so extremen Entfernung schon aktiv ist“, konstatieren die Astronomen.

Kometenhülle aus Kohlenmonoxid

Aus den Analysen der TESS-Aufnahmen schließen Farnham und sein Team, dass der Komet vermutlich schon länger aktiv ist: Er könnte ihren Berechnungen zufolge schon im Jahr 2016 eine Koma besessen haben, wahrscheinlich sogar noch früher. „Dies verlagert die maximalen Entfernungen für aktive Kometen dramatisch weiter nach außen“, sagt Farnham. „Bisher wissen wir nicht einmal, ob es irgendwo eine absolute Grenze für die Kometenaktivität gibt.“

Auch woraus die Koma von Bernardinelli-Bernstein besteht, konnten die Astronomen mithilfe von Vergleichen und Modellrechnungen ermitteln. „In diesen Entfernungen läuft die Sublimation von Wassereis zu langsam ab, um die Koma des Kometen zu erklären“, schreiben sie. Von anderen Kometenstudien ist aber bekannt, dass gefrorenes Kohlenmonoxid (CO) unter solchen Bedingungen ausgasen kann. Anhand der TESS-Aufnahmen schätzen die Forscher, dass der Riesenkomet im Jahr 2020 bereits 2×1028 CO-Moleküle pro Sekunde ins All ausgaste – das entspricht 10.000 Quadrillionen.

Perihel erst im Jahr 2031

Aus der bisherigen Flugbahn des Kometen Bernardinelli-Bernstein schließen Astronomen, dass er sich noch bis Januar 2031 der Sonne nähern wird. Den sonnennächsten Punkt wird der Komet am 31. Januar 2031 bei 10,95 astronomischen Einheiten erreichen – das liegt knapp außerhalb der Umlaufbahn des Saturn. Der Erde am nächsten kommt der Riesenkomet im April 2031, er wird sich ihr dabei bis auf 10,11 AE annähern. (The Planetary Science Journal, 2021; doi: 10.3847/PSJ/ac323d)

Quelle: University of Maryland

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