Sonnensystem

Riesenvulkan auf dem Mars entdeckt

Planetenforscher spüren unerkannten, 450 Kilometer großen Schildvulkan in der Tharsis-Region auf

Noctis-Vulkan
Neun Kilometer hoch und 450 Kilometer breit: Diese gewaltigen Ausmaße hat der jetzt neu auf dem Mars entdeckte Noctis-Vulkan. © Pascal Lee and Sourabh Shubham 2024; HG: NASA Mars Global Surveyor (MGS), Mars Orbiter Laser Altimeter (MOLA) digital elevation model.

Vor aller Augen verborgen: Planetenforscher haben einen gigantischen, bisher unerkannten Vulkan auf dem Mars aufgespürt – inmitten eines eigentlich gut erkundeten, ikonischen Marsgebiets. Dieser „Noctis-Vulkan“ ist stark erodiert, aber trotzdem noch rund neun Kilometer hoch und bis zu 450 Kilometer breit. Er liegt unweit der anderen Riesenvulkane des Mars zwischen den riesigen Schluchten des Valles Marineris und dem Noctis-Labyrinth und könnte noch vor kurzem aktiv gewesen sein.

Der Mars beherbergt einige der größten Vulkane unseres Sonnensystems, darunter den Rekordhalter Olympus Mons. Dieser gigantische Schildvulkan ist 26 Kilometer hoch und rund 600 Kilometer breit. Gemeinsam mit anderen Riesenvulkanen liegt er auf dem Tharsis-Plateau, einer riesigen, von vulkanischer Aktivität gebildeten „Beule“. Durch ihre Hebung könnte einst sogar die gesamte Marskruste verrutscht sein. Bisher galt diese Region als ziemlich gut untersucht – so dachte man.

Lage des Noctis-Vulkans
Der neuentdeckte Marsvulkan liegt am Ostrand der Tharsis-Region zwischen dem Noctis-Labyrinth und den Valles Marineris. © Pascal Lee and Sourabh Shubham 2024/

Überraschender Fund zwischen Schluchten und Labyrinth

Doch jetzt haben Planetenforscher im Ostteil der Tharsis-Region eine überraschende Entdeckung gemacht: Dort gibt es einen weiteren, bisher unerkannt gebliebene Riesenvulkan. Eigentlich wollten Pascal Lee vom SETI Institute und Sourabh Shubham von der University of Maryland nur einen alten Marsgletscher näher untersuchen. Dessen Relikte hatten sie 2023 in einem Gebiet zwischen den gewaltigen Schluchten der Valles Marineris und dem Noctis-Labyrinth entdeckt.

Als die Forscher jedoch Aufnahmen verschiedener Mars-Orbitersonden von diesem Gebiet analysierten, entdeckten sie Unerwartetes: „Wir untersuchten die Geologie dieses Gebiets, als uns klar wurde, dass wir uns dort mitten in einem riesigen, stark erodierten Vulkan befanden“, berichtet Lee. Indiz dafür sind Reste eines riesigen, kollabierten Vulkankraters im Zentrum, von dem Lavaströme sowie Ablagerungen von pyroklastischen Strömen, Vulkanasche und anderen vulkanischen Materialien ausgehen.

„Die Reste des Vulkangipfels bilden einen auffallenden, nach außen abfallenden Bogen“, berichten die Forscher. Dieser Bogen wird von hohen, schmalen Hochplateaus gebildet. „Die Strukturen sprechen aber dafür, dass die Gipfelregion einst noch ausgedehnter war“, so Lee und Shubham.

Neun Kilometer hoch und bis zu 450 Kilometer breit

Der „Noctis-Vulkan“ getaufte Riesenvulkan ist trotz starker Erosion noch gut neun Kilometer hoch und damit die siebthöchste Erhebung des Mars, wie Lee und Shubham berichten. Die innere Zone des Vulkans ist rund 250 Kilometer breit, mit Ausläufern sind es gut 450 Kilometer. Die Forscher vermuten, dass es sich bei diesem Feuerberg um einen Schildvulkan handelt – ähnlich wie Olympus Mons und die anderen großen Vulkane der Tharsis-Region. Weil der Noctis-Vulkan von der Erosion teilweise bis auf seine Basis abgetragen wurde, wurde er trotz Jahrzehnten der Erkundung dieser ikonischen Marsregion bisher schlicht übersehen.

Marsvulkan
Der Noctis-Vulkan wurde durch Gletscher stark erodiert. Dennoch ist er heute die siebthöchste Erhebung des Mars. © Pascal Lee and Sourabh Shubham 2024/ ESA/DLR/FU Berlin; NASA MGS MOLA digital elevation model.

Rund um den Noctis-Vulkan stießen die beiden Forscher auf weitere Zeugnisse vulkanischer Aktivität. In einem rund 5.000 Quadratkilometer großen Areal im Umfeld des Marsvulkans ist die Landschaft von unzähligen blasenartigen Hügeln übersät. Diese Erhebungen sind wahrscheinlich vulkanische Schlote, aus denen einst Vulkangase und Dampf austraten, wie Lee und Shubham berichten. Ähnlich wie bei heutigen Schlammvulkanen könnte ihre blasenartige Form durch Interaktion mit Wasser oder Eis entstanden sein.

Von der Präsenz von Wasser im neu entdeckten Vulkangebiet zeugen auch wasserhaltige Minerale: „Dieser Bereich des Mars ist schon länger dafür bekannt, dass es hier viele verschiedene hydratisierte Minerale gibt – und ein vulkanischer Kontext wurde schon länger vermutet“, sagt Shubham. „Daher ist es letztlich gar nicht so verwunderlich, dass wir ausgerechnet hier einen Vulkan entdeckt haben.“

Noctis-Vulkan als marsianische „Wiege des Lebens“?

Der Fund des marsianischen Riesenvulkans und die enorme Menge der von ihm erzeugten vulkanischen Ablagerungen werfen auch Fragen auf. „Die Kombination seiner Merkmale machen das Noctis-Vulkangebiet außergewöhnlich spannend“, erklärt Lee. So scheint klar, dass der Noctis-Vulkan sehr lange aktiv gewesen sein muss und wahrscheinlich schon früh in der Geschichte des Mars entstand. Jüngere Ablagerungen zeigen jedoch, dass der Feuerberg auch in jüngerer Zeit noch aktiv gewesen sein muss – aber wie lange? Könnte der Vulkan noch aktiv sein? Bisher ist diese Frage ungeklärt.

Spannend ist der Noctis-Vulkan aber auch für die Suche nach einstigem Leben auf dem Mars: „Das Vulkangebiet hat eine lange Geschichte der Interaktion von Vulkanhitze mit Wasser und Eis – das macht es zu einem Hotspot der Astrobiologie und unserer Suche nach Spuren außerirdischen Lebens“, erklärt Lee. Gleichzeitig macht das noch immer unter der Oberfläche vorhandene Gletschereis diese Region zu einem attraktiven Ziel für künftige Marsmissionen. (55th Lunar and Planetary Science Conference, 2024; Presentation 2745)

Quelle: SETI Institute

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Altermagnet-Struktur

Erster Blick in einen Altermagneten

Impfung: Salbe statt Spritze?

Astronomen finden frühesten Zwilling der Milchstraße

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

keine Buchtipps verknüpft

Top-Clicks der Woche