Exotische Gebilde: Astronomen haben eine Spiralgalaxie mit ungewöhnlichen Magnetfeld-Strukturen entdeckt. Diese umfassen gigantische Blasen, eine in den Halo reichende Helix, riesige Ringe und ein x-förmiges Feld, das 20.000 Lichtjahre über und unter die Galaxienebene hinausragt. Einige dieser magnetischen Phänomene wurden noch nie zuvor beobachtet. Die Forscher vermuten, dass die Sternbildung und Supernovae diese Strukturen formten.
Betrachtet man unsere Milchstraße und andere Galaxien in Wellenlängen jenseits des sichtbaren Bereichs, treten zuvor unsichtbare, teils exotische Strukturen zutage. So enthüllen Gammastrahlen- und Röntgenteleskope, dass vom Zentrum unserer Heimatgalaxie gigantische Blasen emporragen. Im Radiobereich erscheinen zwei weitere Blasen sowie ein riesiger Ring. Beobachtungen im Mikrowellenbereich geben zudem erste Anhaltspunkte dafür, wie das Magnetfeld unserer Galaxie aussieht.
Radioteleskope machen riesiges X sichtbar
Jetzt haben Astronomen um Yelena Stein von der Universität Straßburg bei einer der Milchstraße ähnlichen Spiralgalaxie exotische, teilweise ganz neue Magnetfeldstrukturen entdeckt. Die Galaxie NGC 4217 liegt rund 67 Millionen Lichtjahre von uns entfernt im Sternbild Großer Bär. Mit den Radioteleskopen des Very Large Array (VLA) in den USA und dem LOFAR-Radioteleskop in den Niederlanden haben die Forscher die Polarisation der Radiostrahlung und damit die Struktur des Magnetfelds dieser Galaxie untersucht.
Es zeigte sich: Das Magnetfeld der Spiralgalaxie gleicht einem riesigen X: Im Zentrum der Galaxie verlaufen die Feldlinien fast parallel zur Galaxienebene, nach außen hin laufen sie dann jeweils zu beiden Seiten hin auseinander. Insgesamt erstreckt sich diese X-förmige Magnetfeldstruktur von der Galaxienscheibe über 20.000 Lichtjahre weit nach außen, wie Stein und ihr Team berichten. Ähnliche Magnetfeld-Strukturen wurden auch schon bei anderen Galaxien beobachtet.
Blasen und Ringe in der gesamten Galaxie
Anders ist dies jedoch mit weiteren Strukturen: Neben dem X fanden die Astronomen auch mehrere auffallende Schleifen, Ringe und riesige Magnetfeld-Blasen. „Diese Strukturen sind über die gesamte Galaxie verteilt und haben Durchmesser von mehreren tausend Lichtjahren“, so die Forscher. „Das wurde so zuvor noch nie beobachtet.“
Die prominenteste dieser „Superbubbles“ ragt fast symmetrisch zu beiden Seiten der Galaxienscheibe heraus und ist sowohl im Radiobereich wie auf optischen Aufnahmen zu erkennen. Aus der hohen Strahlungsintensität ihrer Ursprungsregion schließen die Astronomen, dass dieses Gebilde von einem Ort starker Sternbildung ausgeht. Weil dort auch viele kurzlebige massereiche Sterne entstehen, die schnell als Supernova enden, bildeten die nach außen gewehten Gase diese magnetischen Blasen.
Ausstrom in Helixform
Und noch eine ungewöhnliche Struktur entdeckten die Forscher: Am nordwestlichen Rand der Galaxie ragt ein helixförmiger Ausläufer des Magnetfelds weit in den Halo hinein. Dieser magnetische Ausstrom ist knapp 23.000 Lichtjahre lang. Was ihn verursacht hat, ist noch unbekannt. „Es ist faszinierend, dass wir mit Radio-Polarisationsmessungen bei jeder Galaxie unerwartete Phänomene entdecken“, sagt Koautor Rainer Beck vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn.
Interessant ist dies vor allem deshalb, weil wir die Magnetstrukturen der Milchstraße aus unserer „Innensicht“ nur in Teilen beobachten können. Galaxien wie NGC 4217 können daher als Modelle dessen dienen, was sich möglicherweise auch in unserer Heimatgalaxie noch verbirgt. (Astronomy & Astrophysics, 2020; doi: 10.1051/0004-6361/202037675)
Quelle: Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn