Gut gesalzen: Astronomen haben um einen jungen Stern erstmals Natriumchlorid – Kochsalz – und Kaliumchlorid entdeckt – ein überraschender Fund. Die Staubscheibe des Sterns könnte so viel Salz enthalten wie alle irdischen Weltmeere zusammen. Wie jedoch diese Moleküle entstanden und ob vielleicht auch andere Jungsterne solche salzigen Staubscheiben besitzen, ist bisher allerdings offen, wie die Forscher im Fachmagazin „Astrophysical Journal“ berichten.
Sternenwiegen sind Chemielabore des Kosmos. Denn in den dichten Gas- und Staubwolken sorgen extreme Bedingungen und die energiereiche Strahlung junger Sterne dafür, dass neue chemische Verbindungen entstehen. Aber auch in interstellaren Gaswolken haben Astronomen bereits zahlreiche Moleküle entdeckt, darunter organische Verbindungen wie Aminoacetonitril und Propylenoxid, aber auch Titandioxid, Wasserstoffperoxid und sogar Fullerene – fußballförmige Kohlenstoffmoleküle.
Kochsalz und Kaliumchlorid um einen jungen Stern
Einen ganzen Schwung Moleküle an unerwarteter Stelle haben nun Adam Ginsburg vom National Radio Astronomy Observatory (NRAO) in New Mexico und sein Team entdeckt. Denn sie wiesen mithilfe des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) erstmals Natriumchlorid und Kaliumchlorid in der Staubscheibe eines jungen Sterns – Orion SrcI – nach. Dieser massereiche Jungstern liegt in rund 1.300 Lichtjahre Entfernung.
Rund 30 bis 60 astronomische Einheiten von diesem Stern entfernt wiesen die Astronomen nun die spektralen Signaturen des Kochsalzes und anderer Salze nach. Anhand ihrer Daten schätzen Ginsburg und sein Team, dass sich dort mindestens eine Trilliarde Kilogramm Salz befinden – ähnlich viel wie in alle Weltmeeren zusammen. Diese Verbindungen kreisen offenbar nicht im dichten Zentrum der Staubscheibe, sondern an deren Oberfläche, wie die Forscher berichten.
Erster Nachweis im interstellaren Medium
„Es ist erstaunlich, dass wir diese Moleküle dort gefunden haben“, sagt Ginsburg. „Denn bisher haben wir solche Salze nur in den äußeren Hüllen sterbender Sterne gesehen.“ Astronomen gingen deshalb davon aus, dass solche gasförmigen Alkaliverbindungen nur unter eng begrenzten Bedingungen in verdampfter Form gebildet werden und dann schnell von Staubkörnern absorbiert werden.
Doch beim Stern Orion SrcI ist dies offensichtlich nicht der Fall – warum, ist unklar. „Wir können noch nicht wirklich abschätzen, was diese Entdeckung bedeutet“, sagt Ginsburg. „Dieser Fund zeigt aber, dass die Umgebung um diesen Stern sehr ungewöhnlich sein muss.“ Der massereiche Stern entstand vor rund 550 Jahren und wurde dabei mit hoher Geschwindigkeit aus seiner Entstehungswolke ausgeschleudert, wie die Forscher berichten.
60 verschiedene Energiezustände
Ungewöhnlich auch: Die Salze liegen nicht nur in einem energetischen Zustand vor, sondern in unzähligen verschiedenen anregten Formen. „Wenn wir uns die ALMA-Spektraldaten anschauen, sehen wir rund 60 verschiedene Übergänge von Natriumchlorid und Kaliumchlorid“, berichtet Koautor Brett McGuire vom NRAO. „Das ist sowohl schockierend als auch aufregend.“ Denn noch nie zuvor wurden so viele solcher anregten, vibrierenden Zustände im interstellaren Medium gefunden.
Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass diese Salzdämpfe über ein breites Spektrum von Temperaturen hinweg bestehen. Die Umgebung der Salze könnte zwischen minus 175 Grad und plus 3.700 Grad Celsius variieren, wie die Forscher berichten. Aus ihren Daten geht zudem hervor, dass die Salzdämpfe nicht im Inneren Staubscheibe, sondern an deren Oberfläche gebildet werden – möglicherweise beim Verdampfen von Staubkörnchen.
Salzdämpfe auch um andere Sterne?
Noch ist unklar, ob solche Salzdämpfe auch im Umfeld anderer Jungsterne vorkommen, oder ob Orion SrcI in dieser Hinsicht eine Ausnahme ist. „Unser nächster Schritt ist es deshalb, nun auch in anderen Regionen nach Salzen und metallhaltigen Molekülen zu suchen“, sagt Ginsburg. Sollte das der Fall sein, könnten die Astronomen nicht nur neue Einblicke in die Chemie der Sternenscheiben gewonnen haben – die Salze könnten auch dabei helfen, die Form und Struktur solcher Scheiben näher zu erforschen.
„Wenn wir Protosterne untersuchen, vermischen sich meist die Signale der Scheibe und der Ausstrom vom Stern, was es erschwert, beide voneinander zu unterschieden“, erklärt Ginsburg. Die Salzdämpfe jedoch finden sich nur an der Oberfläche der Staubscheibe und zeichnen ihre Form relativ genau nach. „Indem wir damit nun die Scheibe isolieren können, zeigt uns dies, wie sie sich bewegt und wie viel Masse sie enthält“, so der Forscher. (Astrophysical Journal, 2019; doi: 10.3847/1538-4357/aafb71)
Quelle: National Radio Astronomy Observatory