Zwischen den Stühlen: Astronomen haben das Tempo der kosmischen Expansion erstmals mithilfe von Roten Riesen ermittelt – und ein überraschendes Ergebnis erzielt. Denn ihr neuer Wert für die Hubble-Konstante liegt zwischen den mittels Supernovae und Cepheiden einerseits und der kosmischen Hintergrundstrahlung andererseits ermittelten Werten. Das wirft nun neue Fragen darüber auf, was hinter dieser rätselhaften Diskrepanz steckt.
Klar ist: Unser Universum dehnt sich aus – und diese Expansion hat sich in den letzten Milliarden Jahren sogar noch beschleunigt. Doch das genaue Tempo der kosmischen Ausdehnung ist strittig – und damit auch der Wert der Hubble-Konstante – einem der Grundpfeiler unseres kosmologischen Standardmodells. „Die Hubble-Konstante ist der Parameter, der den Maßstab, die Größe und das Alter des Kosmos setzt“, erklärt Wendy Freedman von der University of Chicago.
Mysteriöse Diskrepanz
Das Problem jedoch: Verschiedene Messmethoden für die kosmische Expansion kommen zu stark abweichenden Ergebnissen. Auf Basis der kosmischen Hintergrundstrahlung ergibt sich eine Hubble-Konstante von rund 67 Kilometer pro Sekunde pro Megaparsec. Doch Messungen anhand von Supernovae, Gravitationslinsen und veränderlichen Sternen, den sogenannte Cepheiden, ergeben Hubblekonstanten von 72 bis 74 – und damit eine deutlich schnellere Expansion.
„Natürlich wirft dies Fragen über die Ursache dieser Diskrepanz auf“, sagt Freedman. Theoretisch könnten Störfaktoren bei den Messungen für die Abweichungen verantwortlich sein – das allerdings wird aufgrund der zunehmenden Genauigkeit der Messungen immer unwahrscheinlicher. Möglich wäre aber auch, dass das kosmologische Standardmodell unvollständig ist, beispielsweise weil es noch unerkannte Teilchen oder physikalische Prozesse im Kosmos gibt.