Raumfahrt

Satellit strahlt heller als die Sterne

Mobilfunk-Satellit BlueWalker 3 stört optische Astronomie und Radioteleskope

Lichtstreifen von BlueWalker 3
Der helle Streifen am Himmel stammt vom Satelliten BlueWalker3, der das Sonnenlicht reflektiert und dadurch hell aufeuchtet. © I. Plauchu-Frayn

Orbitale Störeffekte: Ein vor einem Jahr gestarteter Satellit überstrahlt selbst helle Sterne am Nachthimmel – zum Verdruss der Astronomen. Ihren Beobachtungen zufolge reflektiert die 64 Quadratmeter große Antenne des BlueWalker-3-Satelliten so viel Sonnenlicht, dass er zeitweilig eine Magnitude von +0.4 erreicht. Er ist damit weit heller als der Nordstern. Außerdem stören seine Übertragungen auch Radioteleskope, wie das Team in „Nature Astronomy“ berichtet. Doch dieser Satellit ist nur einer von mehr als 100 noch geplanten.

Die Lichtverschmutzung am Nachthimmel nimmt rapide zu. Drei Viertel der großen astronomischen Observatorien weltweit sehen schon jetzt keinen völlig dunklen Himmel mehr, zudem stören immer wieder streifenförmige Lichtreflexionen die Teleskop-Aufnahmen. Schuld daran sind vor allem die Satelliten und Satelliten-Konstellationen im Erdorbit. Ihre Solarsegel und Antennen reflektieren das Sonnenlicht und erzeugen so Störstreifen und diffuses Streulicht.

Antenne von BLueWalker 3
Diese Teleskopaufnahme zeigt die acht mal acht Meter große Antennenschüssel des Satelliten. © IAU/ M. Tzukran

Aufblitzen schon nach dem Start

Ein besonders eklatantes Beispiel für diesen orbitalen Störeffekt ist der im September 2022 in den Orbit gestartete Satellit BlueWalker 3. Der von der Firma AST SpaceMobile betriebene Kommunikationssatellit dient als Prototyp für ein ganzes Netzwerk von mehr als hundert solcher Satelliten. Sie sollen künftig einen satellitengestützten Mobilfunk ermöglichen, indem sie direkte Verbindungen zu Handys am Boden aufnehmen.

Doch schon direkt nach dem Start von BlueWalker3 schlugen erste Astronomen Alarm: Der Satellit reflektierte so viel Sonnenlicht, dass er am Abendhimmel hell aufstrahlte. Um das Problem näher zu untersuchen, lancierte die Internationale Astronomische Vereinigung (IAU) daraufhin eine internationale Beobachtungskampagne, in deren Rahmen zahlreiche Großteleskope, aber auch Hobby-Astronomen weltweit den Satelliten mehr als 130 Tage lang zu verschiedenen Zeiten anvisierten.

Heller als der Nordstern und fast alle anderen Sterne

Jetzt liegt das Ergebnis vor. Die Beobachtungen enthüllten, dass das helle Aufstrahlen des Satelliten kurz nach dem Start kein vorübergehendes Phänomen war. Stattdessen leuchtet BlueWalker 3 im Verlauf seiner Erdumkreisungen immer wieder hell auf, weil seine gut 64 Quadratmeter großen Antennen das Sonnenlicht reflektieren. Den Messungen zufolge erreicht er dabei eine Magnitude von bis zu +0,4. Er leuchtet damit heller als der Nordstern und gehört zu den zehn hellsten sternähnlichen Objekten am Nachthimmel.

“Wie bei allen Satelliten ist die scheinbare Helligkeit von BlueWalker 3 nicht konstant und verändert sich mit dem Winkel zur Sonne und der Position am Himmel“, erklären Sangeetha Nandakumar von der Universität der Atacama in Chile und seine Kollegen. Besonders hell erscheint der Satellit demnach immer dann, wenn er relativ hoch über den Horizont steht. „Das ist ein globales Problem, denn Satelliten sind ungeachtet ihres Herkunftslands überall auf der Welt am Himmel sichtbar“, sagt Nandakumars Kollege Jeremy Tregloan-Reed.

Störung auch für Radioteleskope

Doch dieser und weitere Satelliten sind nicht nur für optische Teleskope ein Problem: Die aktuellen Beobachtungen enthüllten auch, dass gerade die für den satellitengestützten Mobilfunk ausgelegten Satelliten-Konstellationen auch die Radioastronomie massiv stören könnten: „Das neue an BlueWalker 3 ist, dass er Frequenzen nutzt, die normalerweise nur von terrestrischen Sendern verwendet werden“, erklärt Federico Di Vruno von der IAU. „Er überträgt Daten in Radiofrequenzen, die dicht an den Beobachtungsfrequenzen der Radioteleskope liegen.“

Normalerweise sind mehrere Frequenzbereiche der Telekommunikations- und Radiofrequenzen für die Radioastronomie reserviert –Sender dürfen diese Wellenlänge daher nicht für Übertragungen nutzen. „Die Gateway-Downlink-Frequenzen von BlueWalker 3 liegen jedoch bei 37,5 bis 42 und bei 42 bis 42,5 Gigahertz“, berichten die Astronomen. „Sie liegen damit direkt an dem geschützten Bereich von 42,5 bis 43,5 Gigahertz.“

Zusätzlich funkt der Satellit in den Mobilfunk-Frequenzen von 750 bis 900 Megahertz. „Das kann vor allem für Radioteleskope wie das Green Bank Teleskop und den Square Kilometre Array (SKA) zum Problem werden, weil sie in oder nahe dieser Mobilfunk-Frequenzen beobachten“, so Nandakumar und seine Kollegen. Gegen die Mobilfunkstrahlung von terrestrischen Antennen sind solche Teleskope meist gut abgeschirmt, nicht jedoch, wenn diese Strahlung vom Himmel kommt.

Immer mehr orbitale Störeffekte

Nach Ansicht des Astronomenteams verschärfen Satelliten vom Typ BlueWalker 3 damit das Problem der orbitalen Licht- und Strahlungsverschmutzung noch mehr als die ohnehin schon störenden kleineren Satelliten der Mega-Konstellationen wie Starlink und Co. „Diese Ergebnisse demonstrieren den anhaltenden Trend zu immer größeren, helleren kommerziellen Satelliten“, sagt Koautor Siegfried Eggl von der University of Illinois in Urbana-Champaign. „Das ist angesichts der vielen noch geplanten Starts besorgniserregend.“

Zwar können solche Satelliten die Kommunikation verbessern – gerade in dünner besiedelten Gegenden. „Aber es ist dringend geboten, dass dabei die Störungen wissenschaftlicher Beobachtungen minimiert werden“, sagt Eggl. Denkbar wären beispielsweise Maßnahmen zum Reflexionsschutz, wie sie unter anderem SpaceX für seine Starlink-Satelliten bereits teilweise umgesetzt hat. Auch AST SpaceMobile erklärte, für seine künftigen Satellitengenerationen solche Anti-Reflexionsbeschichtungen verwenden zu wollen. Außerdem sollen bestimmte Flugmanöver die Lichtreflexionen verringern. (Nature Astronomy, 2023; doi: 10.1038/s41586-023-06672-7)

Quelle: International Astronomical Union, NOIRLab

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