Ziemlich undurchsichtig: Ausgerechnet der hellste und dickste Ring des Saturn hat sich jetzt als Leichtgewicht entpuppt. Denn obwohl der B-Ring sehr viel dichter erscheint als seine Nachbarn, enthält er vergleichsweise wenig Masse, wie eine Messung mit Hilfe von Daten der NASA-Raumsonde Cassini enthüllt. Warum dieser Ring trotzdem so undurchsichtig ist, bleibt rätselhaft. Es könnte aber bedeuten, dass er sehr viel jünger ist als angenommen.
Der Ringplanet Saturn ist in unserem Sonnensystem einzigartig: Ihn umgibt ein komplexes System aus mehr als hunderttausend Einzelringen, die sich zu mehreren Hauptringen gruppieren. 2009 bekam dieses System sogar noch Zuwachs: Astronomen entdeckten den riesenhaften Staubring Phoebe – den größten Ring des gesamten Sonnensystems. Aber auch die inneren Ringe bleiben spannend: Sie zeigen Speichenmuster, Buckel und spiralige Verformungen.
Spektrometer als „Waage“
Jetzt haben Planetenforscher um Matthew Hedman von der University of Idaho erstmals die Masse des dicksten und hellsten der Saturnringe näher bestimmt. Sie werteten dafür Daten des Spektrometers der Cassini-Sonde aus, die diese gesammelt hatte, während sie helle Sterne durch den Schleier des B-Rings hindurch anvisierte.
Im sichtbaren Licht und im Infrarot werden dabei sogenannte Dichtewellen sichtbar, Strukturen, die durch Schwerkraft-Wechselwirkungen der Ringteilchen entstehen. Anhand dieser Wellen lässt sich die Massendichte im Ring ermitteln. Weil der B-Ring stellenweise zehnmal dichter und lichtundurchlässiger erscheint als sein Nachbar, der A-Ring, erwarteten die Forscher, dass er auch entsprechend mehr Staub- und Eispartikel enthalten müsste.
Überraschend leicht
Doch weit gefehlt: Verglichen mit den Erwartungen erwies sich der B-Ring eher als Leichtgewicht. Er enthält zwar noch immer mehr Masse als die anderen Ringe. Aber im Vergleich zum deutlich kleineren und dünneren A-Ring ist er gerade einmal doppelt bis dreifach so schwer. Und nicht nur das: Auch innerhalb des Rings täuscht die optische Dichte. Obwohl die Lichtdurchlässigkeit im B-Ring stark schwankt, veränderte sich die Massendichte kaum, wie die Messungen ergaben.
„Es ist momentan noch alles andere als klar, wie Regionen mit der gleichen Menge an Material so verschiedene Opazitäten besitzen könne“, sagt Hedman. „Es könnte etwas mit der Größe der Einzelpartikel zu tun haben oder mit ihrer Dichte, aber auch mit der grundsätzlichen Struktur der Ringe.“
Ist der B-Ring jünger als gedacht?
Die neuen Ergebnisse könnten auch die Altersbestimmung dieses Saturnrings beeinflussen. Denn ein weniger dichter, masseärmerer Ring entwickelt sich schneller als ein schwererer, wie die Forscher erklären. In ihm fängt sich mehr dunkler Meteoritenstaub, sodass er schneller nachdunkelt als ein leichterer Ring. Das aber bedeutet, dass der B-Ring vielleicht nur ein paar hundert Millionen Jahre alt ist statt ein paar Milliarden, wie bisher angenommen.
„Indem wir den Kern des B-Rings zum ersten Mal ‚gewogen‘ haben, machen wir einen wichtigen Fortschritt bei unserem Versuch, das Alter und den Ursprung der Saturnringe zusammenzufügen“, sagt Linda Spilker vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena. Denn noch immer ist nicht geklärt, warum der Saturn ein so viel größeres und komplexeres Ringsystem besitzt als seine planetaren Nachbarn.
(NASA, 04.02.2016 – NPO)