Eisring mit Hütern: Forscher könnten das Rätsel um den F-Ring des Saturn gelöst haben. Denn wie dieser ungewöhnlich schmale Eisring mit seinen beiden Begleitermonden entstand, war bisher ungeklärt. Jetzt belegt eine Modellsimulation: Eine Kollision zweier Urmonde könnte diese seltsame Dreier-Konstellation erzeugt haben – und gleiches könnte auch bei vielen großen Exoplaneten der Fall sein, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Geoscience“ berichten.
Der F-Ring des Saturn tanzt aus der Reihe. Denn während die Hauptringe breit und ziemlich dicht sind, bildet der gut 140.000 Kilometer vom Saturn und 3.400 vom Außenrand der Hauptringe entfernte F-Ring nur einen hauchzarten Reif. Gerade einmal 100 Kilometer ist der in sich verdrehte Ring breit. Ebenfalls ungewöhnlich: Der F-Ring wird innen und außen von zwei kleinen Eismonden in Form gehalten. Prometheus und Pandora sorgen dafür, dass die Eispartikel im Ring sich nicht über ihre Orbits hinaus ausbreiten können.
Wie der F-Ring und seine „Hirtenmonde“ jedoch entstanden, blieb bisher unklar. Denn der Ring liegt genau an der Grenze, die die Ringzone von der äußeren Mondzone trennt. Nach gängiger Theorie verhindern die enormen Gezeitenkräfte um junge Gasriesen, dass sich in ihrer unmittelbaren Nähe Monde bilden. Die Materie der Urwolke wird auseinanderrissen, bevor sie sich dauerhaft zu größeren Brocken zusammenlagern kann.
Monde nur weiter außen
Anders ist dies im Außenbereich der Urwolke: Hier ist die gegenseitige Anziehung der Staub- und Eispartikel stärker als die störende Kraft des Planeten. Dadurch klumpt das Material der Urwolke zusammen und bildet Monde – je weiter außen, desto größer. „Die mit der Entfernung von ihren Planeten steigenden Massen der Trabanten von Saturn, Uranus und Neptun lassen sich durch eine solche Akkretion in einem Urring erklären“, sagen Ryuki Hyodo und Keiji Ohtsuki von der Kobe Universität.
Seltsam ist aber, dass der F-Ring nicht nur außen an eine Mondumlaufbahn grenzt, sondern gleich auf beiden Seiten von jeweils einem kleinen Mond eingerahmt wird. Wie diese besondere Konstellation entstand, haben die beiden Forscher nun in einem Modell nachvollzogen. Ihre Hypothese: Möglicherweise schuf eine Kollision zweier nur lose zusammenhaltender Protomonde diese Dreierkombination.
Kollision von zwei Urmonden
Und tatsächlich ließ sich dies im Modell rekonstruieren: Stoßen zwei komplett aus Eis bestehende Monde zusammen, dann werden sie komplett zerstört und es bleibt nur ein Ring übrig. Doch wenn zwei Monde mit losem Gesteinskern leicht versetzt aufeinander treffen, sieht das Ergebnis anders aus. Dann werden die Monde nur in ihrer Masse dezimiert und schleudern eine Trümmerfontäne aus winzigen Eis- und Staubpartikeln ins All – den Vorläufer des F-Rings.
Die beiden Mondreste werden durch die Kollision aus ihrer bisherigen Bahn geworfen und kreisen nun auf leicht gegeneinander versetzten Bahnen um den Saturn. „Die Unterschiede in ihrer Halbachse sind dadurch nun groß genug, um eine weitere Kollision zu vermeiden“, so die Forscher. Die Trümmerpartikel zwischen diesen beiden Monden breiten sich entlang ihrer Umlaufbahn aus, werden aber außen und innen durch die beiden Monde eingegrenzt. Diese sammeln wie Staubsauger alle Partikel auf, die aus der Reihe tanzen.
Hirtenmonde auch bei Exoplaneten?
Der Saturn ist dabei mit seinem F-Ring kein Einzelfall, wie die Forscher erklären. Auch der Epsilon-Ring des Uranus hat ähnliche Hirtenmonde und könnte daher auf die gleiche Weise entstanden sein. Und auch außerhalb unseres Sonnensystems könnten die gleichen Mechanismen ablaufen. „Es ist nur natürlich anzunehmen, dass ähnliches auch bei extrasolaren Riesenplaneten geschieht“, so Hyodo und Ohtsuki. „Solche Systeme von Schmalen Ringen mit kleinen Hirtenmonden könnten um solche Exoplaneten sogar sehr häufig vorkommen.“
Diese Ringe und winzigen Monde in einem fernen Planetensystem aufzuspüren, liegt allerdings momentan noch jenseits der technischen Möglichkeiten der Astronomie. (Nature Geoscience, 2015; doi: 10.1038/ngeo2508)
(Nature, 18.08.2015 – NPO)