Historisches Himmelsereignis: Schon vor 2.700 Jahren haben assyrische Astronomen möglicherweise Polarlichter beobachtet und dokumentiert – Symptome eines besonders starken Sonnensturms. Darauf deuten Beschreibungen eines roten Leuchtens am Himmel hin, die Forscher nun auf drei Keilschrifttafeln aus Ninive entdeckt haben. Sie könnten die ältesten datierbaren Verweise auf eine Aurora darstellen – und bestätigen, dass die Erde damals eine heftige Strahlendusche bekam.
Die Assyrer schufen nicht nur eines der ersten Großreiche der Weltgeschichte, sie gehören auch zu den Pionieren der Himmelskunde. Staatlich bestellte Astrologen studierten damals den Lauf der Gestirne, Finsternisse und andere kosmische Phänomene und interpretierten diese Daten als Omen für Alltag, Krieg und Herrscherentscheidungen. Ihre Beobachtungen dokumentierten sie auf unzähligen Keilschrifttafeln, von denen einige bis heute erhalten sind.
Strahlendusche um 660 vor Christus
Auf drei dieser Keilschrifttafeln haben nun Forscher um Hisashi Hayakawa von der Universität Osaka die Beschreibung eines ganz besonderen Himmelsereignisses entdeckt – der Aurora eines besonders starken Sonnensturms vor knapp 2.700 Jahren. Anstoß für ihre Studie gaben Isotopendaten aus Baum-Jahresringen, nach denen die Erde etwa um 660 vor Christus von einer besonders heftigen Strahlendusche getroffen wurde. Dieser Sonnensturm war vermutlich zehnfach stärker als die heute beobachteten.
Theoretisch müsste dieses Ereignis damals Polarlichter selbst in mittleren Breiten verursacht haben – und könnte sogar in Mesopotamien noch sichtbar gewesen sein. „Es kommt zwar nicht oft vor, aber bei extremen geomagnetischen Stürmen sind Polarlichter auch schon im Mittleren Osten beobachtet worden“, erklären Hayakawa und seine Kollegen. Meist manifestiert sich die Aurora dort als rötlicher Schein oder Bogen am Himmel.
„Rotes Leuchten am Himmel“
Und tatsächlich: Als die Forscher die assyrischen Keilschrifttafeln nach Hinweisen auf ein solches Polarlicht durchsuchten, stießen sie auf drei passende Beschreibungen. Auf den von drei verschiedenen Astrologen verfassten Tafeln beschrieben diese eine rote Wolke, einen roten Schein, der den Himmel bedeckte und ein rotes Leuchten am Zenit. Alle drei Berichte stammen aus der Zeit zwischen 655 und 679 vor Christus.
„Die exakten Daten dieser Beobachtungen sind zwar nicht bekannt, aber wir konnten den Zeitraum dadurch einengen, dass wir wissen, wann jeder dieser Astrologen am Hof aktiv war“, erklärt Koautor Yasuyuki Mitsuma von der Universität von Tsukuba. Die Beschreibungen der assyrischen Himmelskundigen stammen demnach genau aus der Zeit, in der den Jahresringdaten zufolge besonders starke Sonnenstürme auf die Erde trafen.
Bestätigung der Jahresringdaten
„Diese Keilschrift-Berichte könnten damit die ältesten datierbaren Beschreibungen möglicher Polarlichter darstellen“, sagt Mitsuma. „Sie erlauben es uns, die Geschichte der solaren Aktivität ein Jahrhundert weiter in die Vergangenheit zurückzuverfolgen als bisher möglich.“ Gleichzeitig bestätigen die Funde das profunde Wissen der assyrischen Gelehrten über die normalen und anomalen Vorgänge am Himmel. (Astrophysical Journal Letters¸2019; doi: 10.3847/2041-8213/ab42e4)
Quelle: University of Tsukuba