Physik

Schwarze Löcher als „Goldfabriken“

Akkretionsscheiben um Schwarze Löcher könnten schwere Elemente erzeugen

Schwarzes Loch
Gold und andere schwere Elemente könnte in den Akkretionsscheibe um bestimmte Schwarze Löcher gebildet werden. © National Radio Astronomy Observatory

Kosmische Elementschmieden: Stellare Schwarze Löcher könnten die lange gesuchten Bildungsorte für Gold und andere schwere Elemente sein. Denn in den Akkretionsscheiben um diese Löcher gibt es genug energiereiche freie Neutronen, um diese Elemente durch schnellen Neutroneneinfang zu erzeugen, wie nun eine Modellsimulation nahelegt. Kandidaten für solche kosmischen Goldfabriken sind demnach Schwarze Löcher aus Neutronensternkollisionen, aber auch aus Hypernovae.

Fast alle Elemente des Periodensystems sind erst deutlich nach dem Urknall entstanden – mit der Bildung der ersten Sterne im Kosmos. Erst die Kernfusion in deren Inneren verschmolz Wasserstoff und Helium zu immer größeren Atomen bis hin zum Eisen. Für noch schwerere Elemente ist dagegen der Prozess des Neutroneneinfangs nötig. Dabei müssen freie Neutronen mit dem Atom kollidieren, sich teilweise in Protonen umwandeln und so ein neues Element bilden.

Neutronensternkollision
Bei der Kollision von Neutronensternen entstehen schwere Elemente, wie Spektraldaten belegen. © University of Warwick/Mark Garlick/CC-by-sa 4.0

Wo steckt der Rest der Elementfabriken?

Für Gold, Platin, Uran und andere besonders schwere Elemente reicht der normale, langsame Neutroneneinfang aber nicht aus. Sie können nur entstehen, wenn die freien Neutronen eine bestimmte Mindestenergie aufweisen – wie sie unter anderem bei der Kollision von Neutronensternen auftreten. 2017 gelang es Astronomen erstmals, bei einer solchen Kollision Spuren von Gold und Co nachzuweisen, 2019 bestätigte sich dies bei einer genaueren Analyse.

Allerdings gibt es zu wenig Neutronensternkollisionen im Kosmos, um die gesamte Menge der schweren Elemente im Kosmos zu erklären. Gold beispielsweise kommt fünfmal häufiger in unserer Galaxie vor als es bei einer Beschränkung auf diese Entstehungsweise dürfte, wie Forscher 2020 ausrechneten. Sie vermuteten daher, dass auch die extrem energiereichen Hypernovae eines kollabierenden Neutronensterns und die dabei gebildeten Schwarzen Löcher den schnellen Neutroneneinfang erlauben.

Schwarze Löcher im Blick

Welche Schwarzen Löcher als Elementfabriken in Frage kommen und wie deren Akkretionsscheiben beschaffen sein müssen, haben nun Oliver Just vom GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt und seine Kollegen ermittelt. „Wir haben in unserer Studie erstmals mittels aufwändiger Computersimulationen systematisch die Umwandlungsraten von Neutronen und Protonen für eine große Zahl an Scheibenkonfigurationen untersucht“, erklärt Just.

Das Ergebnis: Tatsächlich herrschen in den Akkretionsscheiben bestimmter Schwarzer Löcher gute Voraussetzungen, um die schwersten Elemente durch schnellen Neutroneneinfang zu bilden. Denn in ihnen gibt es genügend schnelle Neutronen, die mit Atomen kollidieren und so neue Elemente bilden können, wie die Forscher berichten.

Scheibenmasse ist entscheidend

Allerdings gibt es auch Einschränkungen: „Maßgeblich ist die Gesamtmasse der Scheibe. Je massereicher die Scheibe, desto öfter werden Neutronen aus Protonen durch Einfang von Elektronen und unter Abstrahlung von Neutrinos gebildet und stehen somit zur Synthese schwerer Elemente mittels r-Prozess zur Verfügung“, erklärt Just. Wird die Scheibe aber zu schwer, kehrt sich dies um und es werden mehr Neutronen in Protonen umgewandelt. Dann fehlt dem Neutroneneinfang der Nachschub. Die optimale Scheibenmasse für Elementfabriken liegt daher bei etwa 0,01 bis 0,1 Sonnenmassen, wie das Team ermittelte.

Dies bestätigt, dass die nach Neutronensternkollisionen entstehenden Schwarzen Löcher tatsächlich gute „Fabriken“ für Gold, Platin und Co sein können. Denn viele von ihnen haben laut Just und seinen Kollegen Akkretionsscheiben in diesem Massebereich. Aber auch die Schwarzen Löcher aus Hypernovae kommen theoretisch in Frage – den Sternexplosionen, bei denen ein Stern erst zum Neutronenstern wird und dann durch weiteren Materiezustrom zum Schwarzen Loch kollabiert. Allerdings muss der Materieeinstrom dafür relativ hoch sein, wie die Forscher berichten.

Noch viele Fragen offen

Schwarze Löcher und ihre Akkretionsscheiben könnten demnach die Orte im Kosmos sein, in denen die schwersten Elemente entstanden sind und weiterhin entstehen. Die Modellierung von Just und seinem Team hat nun dazu beigetragen, zumindest einige Merkmale und Voraussetzungen solcher Elementfabriken zu erhellen. Aber wie auch die Forscher betonen, steht die Suche nach den Orten des schnellen Neutroneneinfangs erst am Anfang und es offene Fragen gibt es dabei noch reichlich. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 2021; doi: 10.1093/mnras/stab2861)

Quelle: GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung

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