Astronomie

Schwarzes Loch zerreißt massereichen Stern

Astronomen identifizieren einen der massereichsten Sternentode an einem Schwarzen Loch

zerstörter Stern am SChwarzen Loch
Ein Stern wird von den enormen Gezeitenkräften eines supermassereichen Schwarzen Lochs zerrissen. © NASA/CXC/M. Weiss

Dramatisches Ende: Astronomen haben einen der bisher massereichsten Sternentode an einem Schwarzen Loch beobachtet – und einen der bisher nächsten. Bei dieser 290 Millionen Lichtjahre entfernten Katastrophe wurde ein mehr als drei Sonnenmassen schwerer Stern durch die enormen Gezeitenkräfte einesn supermassereichen Schwarzen Lochs zerrissen. Die dabei freigesetzte Röntgenstrahlung ermöglichte es den Astronomen, die Zusammensetzung und Masse des Sterns und seiner Überreste abzuschätzen.

Wenn ein Stern einem supermassereichen Schwarzen Loch zu nahe kommt, bedeutet dies sein sicheres Ende: Die gewaltigen Gezeitenkräfte zerreißen den Stern und es kommt zu einem sogenannten Tidal Disruption Event (TDE). Dabei wird der Stern zu langen, dünnen Fäden auseinandergerissen – er wird spaghettisiert. Die dabei freigesetzte Energie verursacht einen weithin sichtbaren Strahlungsausbruch, bei dem auch Neutrinos ins All katapultiert werden. Die Reste des Sterns bilden eine glühende, schnell rotierende Materialscheibe um den Ereignishorizont.

Röntgenspektrum
Röntgenspektrum des Tidal Disruption Events ASASSN-14li mit den Stickstoff- und Kohlenstoff-Signaturen. © NASA/CXC, University of Michigan/ J. Miller et al.

Sternentod in ferner Galaxie

Einen der uns am nächsten liegenden Sternentode dieser Art haben Astronomen im November 2014 eingefangen. Das ASASSN-14li getaufte Tidal Disruption Event ereignete sich in einer „nur“ 290 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie und der Strahlenausbruch und sein Nachglühen konnten von einer Vielzahl von Teleskopen beobachtet werden, darunter dem Hubble-Weltraumteleskop, dem XMM-Newton der europäischen Weltraumagentur ESA und dem Chandra-Röntgenteleskop der NASA.

Ihre Daten ergaben, dass das Schwarze Loch rund eine Million Sonnenmassen umfassen muss. Unklar blieb jedoch zunächst, was für einen Stern dieses Schwarze Loch zerstört hat und welche Masse der Stern hatte. Theoretische Modelle sagen jedoch voraus, dass massereiche Sternenriesen von mehr als drei Sonnenmassen nur in Ausnahmenfällen oder unvollständig in Tidal Disruption Events zerrissen werden dürften.

Spektrale Elementsignaturen als Masseanzeiger

Um die Masse des bei dem Tidal Disruption Event ASASSN-14li zerrissenen Sterns zu ermitteln, haben nun Jon Miller von der University of Michigan und seine Kollegen die Röntgenspektren des XMM-Newton und des Chandra-Röntgenteleskops ausgewertet. „Wir sehen darin gewissermaßen die Innereien des einstigen Sterns“, erklärt Miller. „Die darin hinterlassenen Elemente sind Spuren, die uns verraten, welche Art von Stern hier sein Ende fand.“ Die Astronomen konzentrieren sich dabei auf die spektralen Signaturen, die Aufschluss über das Verhältnis der Elemente Stickstoff (N) und Kohlenstoff (C) geben.

„Die mit der Sternenmasse steigende Temperatur im Sternenkern macht den CNO-Zyklus in massereichen Sternen effizienter und extensiver und führt zu einer größeren Stickstoff-Anreicherung und Kohlenstoff-Verarmung“, erklären die Astronomen. Deshalb lässt sich aus den Röntgen-Spektrallinien dieser beiden Elemente in den Sternentrümmern ableiten, welche Masse der Stern zuvor hatte. So deutet ein N/C-Verhältnis von mehr als 1,5 auf Sterne mit mehr als 1,3 Sonnenmassen hin.

An der Massengrenze

Für ASASSN-14li ergaben die Analysen: Seine Reste weisen ein Stickstoff-zu-Kohlenstoff-Verhältnis von rund 2,4 auf. „Dies deutet darauf hin, dass der zerstörte Stern etwa die dreifache Masse der Sonne hatte“, berichtet Koautorin Brenna Mockler von der University of California in Los Angeles. Gleichzeitig schließen die spektralen Daten aus, dass bei diesem TDE mehrere kleinere Sterne auf einmal oder eine Gaswolke zerrissen wurde.

Damit ist dieser Stern einer der massereichsten je bei einem Tidal Disruption Event beobachteten Sterne – möglicherweise sogar der massereichste überhaupt. Denn es gab in der Vergangenheit zwar Sternzerstörungen, bei denen die geschätzte stellare Masse höher lag. Diese Schätzungen beruhten aber nur auf der Intensität der Röntgenstrahlung – und diese kann auch noch aus anderen, zusätzlichen Quellen kommen, wie Miller und sein Team erklären.

Den Astronomen zufolge bewegt sich ASASSN-14li damit auch am Limit der theoretisch für eine solche Sternzerstörung kalkulierten Massenspanne. Dem Elementverhältnis nach könnte er sogar noch massereicher sein als es die Modelle vorsehen. (The Astrophysical Journal Letters, 2023; doi: 10.3847/2041-8213/ace03c)

Quelle: NASA, Chandra X-Ray Observatory

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