Kurz vor der Kollision: In einer fernen Galaxie haben Astronomen das engste Paar supermassereicher Schwarzer Löcher entdeckt. Beide sind nur noch 0,03 Lichtjahre voneinander entfernt und benötigen zwei Jahre für eine gegenseitige Umrundung. Das könnte bedeuten, dass diese beiden hunderte Millionen Sonnenmassen schweren Schwarzen Löcher in nur 10.000 Jahren miteinander kollidieren, wie die Forschenden berichten. Dieses Ereignis wird besonders langwellige Gravitationswellen verursachen.
Wenn Galaxien miteinander verschmelzen, kommen sich auch die supermassereichen Schwarzen Löcher in ihrem Zentrum nahe. Angezogen von ihrer enormen Gravitation, beginnen sie einander zu umkreisen und kommen sich dabei immer näher. Solche Paare oder sogar Trios supermassereicher Schwarzer Löcher haben Astronomen schon in mehreren Galaxien entdeckt. Auch Quasare mit jeweils einem aktiven Paar solcher Schwarzer Löcher wurden schon beobachtet.
Rätselhafte Schwankungen
Das bisher engste Paar solcher Schwerkraftgiganten haben nun Astronomen um Sandra O’Neill vom California Institute of Technology entdeckt. Den Anstoß dafür gab das merkwürdige Verhalten des rund neun Milliarden Lichtjahre entfernten Quasars PKS 2131-021: Die intensive Strahlung dieses Galaxienkerns schwankt periodisch, wie Beobachtungen mit verschiedenen Radioteleskopen seit 2008 ergaben. Der gebündelte Strahlenjet des aktiven Schwarzen Lochs im Zentrum des Quasars ist zudem direkt auf de Erde gerichtet – er ist daher ein Blazar.
Das Ungewöhnliche jedoch: Die periodischen Schwankungen dieses Objekts sind nicht unregelmäßig, wie schon bei anderen Quasaren beobachtet, sondern scheinen einer regelmäßigen Sinuskurve zu folgen. Die Radiointensität der Strahlung nimmt im Takt von ungefähr zwei Jahren zu und wieder ab. Aber warum? Ist dies nur eine vorübergehende, zufällige Regelmäßigkeit oder steckt mehr dahinter? Um dem Phänomen auf den Grund zu geben, haben O’Neill und ihr Team in Archivdaten von Radioteleskopen nach älteren Beobachtungen dieses Quasars gesucht – und wurden fündig.
„Ticken“ folgt einer regelmäßigen Sinuskurve
Die Archivdaten enthüllten, dass dieser Quasar schon seit mindestens 45 Jahren regelmäßig wie ein Uhrwerk tickt. „Zwischen 1975 und 1983 vom Haystack Observatory aufgenommene Daten zeigen die gleiche Periodizität, sie stimmen 98 Prozent überein und auch die Phase passt zu 90 Prozent“, berichten die Astronomen. Auch das Radio Astronomy Observatory der University of Michigan hatte 1982 dieses regelmäßige Pulsieren eingefangen.
„Als wir erkannten, dass die Berge und Täler der in aktuellen Messungen detektierten Lichtkurve mit denen aus der Zeit zwischen 1975 und 1983 übereinstimmten, wussten wir, dass da etwas Besonderes vor sich gehen muss“, sagt O’Neill. Die Lichtschwankungen des Quasars entsprachen fast genau einer Sinuskurve.
Zwei Schwarze Löcher im Zentrum
Doch was ist die Ursache dieser Sinus-Schwankungen? Wie die Astronomen anhand der Daten und einem Modell ermittelten, muss dieses „Ticken“ des Quasars auf die regelmäßige Bewegung des aktiven Schwarzen Lochs in seinem Zentrum zurückgehen. Das jedoch legt nahe, dass im Herzen von PKS 2131-021 nicht nur ein, sondern zwei Schwarze Löcher liegen, die sich eng umkreisen. Ihre periodischen Umläufe lassen auch den Ausgangsort der Strahlung leicht, aber regelmäßig schwanken.
„Die Periodizität geht demnach auf die orbitale Bewegung eines Duos supermassereicher Schwarzer Löcher zurück“, berichten O’Neill und ihre Kollegen. „Zwar können wir dies nicht definitiv beweisen, aber wir glauben, dass sie das mit Abstand wahrscheinlichste Szenario ist.“ Ihren Berechnungen zufolge ist jeder dieser Schwerkraftgiganten mehrere hundert Millionen Sonnenmassen schwer.
Kollision schon in 10.00 Jahren?
Das Entscheidende jedoch: Wenn in diesem Quasar zwei supermassereiche Schwarze Löcher umeinander kreisen, dann sind sie sich näher als jedes andere bisher bekannte Duo solcher Schwerkraftgiganten. Denn bei einer Umlaufzeit von nur zwei Jahren müssen sich beide Objekte schon bis auf 2.000 astronomische Einheiten angenähert haben – dies entspricht nur 0,03 Lichtjahren und damit weniger als einem Hundertstel der Entfernung der Sonne zum nächsten Nachbarstern Proxima Centauri.
Damit enthält PKS 2131-021 das engste je beobachtete Paar zentraler Schwarzer Löcher. Sie sind einander auf ihrem spiraligen Todestanz schon so nahe, dass ihre Verschmelzung nach astronomischen Maßstäben quasi vor der Tür steht: In nur rund 10.000 Jahren könnte es zur Kollision der beiden Schwerkraftgiganten kommen, wie die Astronomen anhand eines Modells ermittelt haben.
Erschütterungen der Raumzeit
Spannend auch: Schon jetzt sind sich die beiden Schwerkraftgiganten nahe genug, um die Raumzeit zum Schwingen zu bringen, wie das Team ermittelt hat. Demnach müsste die Wechselwirkung der beiden Schwarzen Löcher Energie in Form langwelliger Gravitationswellen freisetzen. Allerdings ist die Frequenz dieser Wellen zu niedrig, um mit den Gravitationswellen-Detektoren der LIGO- und Virgo-Observatorien nachgewiesen zu werden.
Künftige Nachweismethoden auf Basis von Weltraumobservatorien oder Beobachtungen von Pulsaren könnten aber geeignet sind, um auch die langwelligen Gravitationswellen solcher Verschmelzungen im Gigantenmaßstab einzufangen. (The Astrophysical Journal Letters, 2022; doi: 10.3847/2041-8213/ac504b)
Quelle: California Institute of Technology